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Über Skurrilitäten, Gender-Sternchen, abgebaute Waldrampen und wann der Bürgermeister geimpft wird

24.01.2021 • Daniel Schneider • Aufrufe: 789

Warum man Kinder im Wald nicht einfach spielen lässt, weshalb Wunstorfs Bürgermeister nicht auf Corona-Demonstrationen geht und warum es im Rathaus keine Mitarbeiter*innen gibt …

24.01.2021
Daniel Schneider
Aufrufe: 789

Rolf-Axel Eberhardt

Lassen Sie sich gegen COVID-19 impfen?
Ich lasse mich impfen, ja.

Empfehlen Sie es auch Ihren Mitarbeitern?
Wie bei der Grrippeschutzimfpung: Ich empfehle es, aber ich werde bestimmt keine Listen führen, wer sich hat impfen lassen und wer nicht. Das muss jeder selbst entscheiden.

Was denken Sie, wann Sie selbst geimpft werden?
Wenn es normal läuft, irgendwann im Sommer 2021. Da ich zum systemrelevanten Personal gehöre, werde ich wohl etwas eher geimpft. Andererseits wollen wir versuchen, die Impfzentren zu entlasten, indem auch Betriebsärzte Impfungen vornehmen. Unser Betriebsarzt würde das übernehmen – sobald der Impfstoff verfügbar ist. Ich könnte daher womöglich schon im Frühjahr geimpft werden. In diesem Winter aber jedenfalls nicht mehr.

Mahnwache für Grundrechte

Mahnwache in Wunstorf | Foto: Daniel Schneider

Verstehen Sie die Menschen, die zweiwöchentlich zu einer Mahnwache gegen die Coronamaßnahmen in Wunstorf zusammenkommen?
Natürlich müssen wir so schnell wie möglich wieder zu normalen Verhältnissen zurückkommen, das wollen wir alle. Aber wir haben auch gemeinsame Verantwortung. Es ist erschreckend, dass auch viele gesunde Menschen sterben. Wichtig ist, dass der Staat dagegen Maßnahmen ergreift. Gesundheit gehört auch zu unserer Verfassung. Ich teile deren Meinung nicht, aber wenn sie sich an die Regeln halten, sollen sie gerne demonstrieren. Das steht für unsere lebendige Demokratie. Einige Corona-Regeln sind inkonsequent, nicht alles ist logisch aufgebaut. Aber das wird man in einer solchen Situation auch nie schaffen.

Gesundheit gehört auch zu unserer Verfassung

Eine Teilnehmerin der Mahnwache hat Sie eingeladen, sich auf der Versammlung den Fragen zu stellen. Würden Sie das tun?
Nein, zu solchen Demonstrationen gehe ich nicht. Auf eine Versammlung zu gehen, wo man die Menschen auch mit guten Argumenten wahrscheinlich gar nicht erreicht, halte ich nicht für zielführend. So ganz erschließt sich mir auch nicht, was man da eigentlich will. Wenn man gedenkt, dann auch den Menschen, die gestorben sind und unter der Krankheit leiden. Man kann auch auf den Erhalt der Demokratie hinweisen, das unterschreibe ich auch alles, aber bei Verschwörungstheorien wird es skurril. Eine Einladung hat mich auch nicht erreicht, aber wenn mich jemand für ein Gespräch aufsuchen würde, mache ich das natürlich gerne. Ich habe auch schon Briefe bekommen, auch hier antworte ich jedem.

In welche Richtung äußerten sich die Briefeschreiber?
Man machte sich Sorgen, dass Kinder unter Masken eine CO2-Vergiftung bekommen, ich sollte mich gegen eine Maskentragepflicht in den Schulen einsetzen.

Maskenpflicht in der Wunstorfer Fußgängerzone

Maskenpflicht in der Wunstorfer Fußgängerzone | Foto: Daniel Schneider

Was haben Sie geantwortet?
„Es ist nicht schön, aber stellen Sie sich vor, Sie wären schwer krank und wir hätten im Krankenhaus keine Möglichkeit mehr, zu helfen.“ Man muss daran denken, dass die Krankenhäuser überlastet sind. Die Entscheidung, ob man den einen oder den anderen beatmet, das ist der Knackpunkt. Wir kommen allmählich da hin. Das lässt sich auch nicht mit der Grippe oder Straßenverkehrstoten in Relation bringen.

Sind Sie mit den Maßnahmen durch die Region für Wunstorf zufrieden oder sehen Sie irgendwo Nachbesserungsbedarf?
Ich bin mit der derzeitigen Allgemeinverfügung sehr zufrieden. Wir sind auf einer Linie, die Region macht einen guten Job.

Halten Sie die Maskenpflicht in der Fußgängerzone für angemessen?
Ja. Auf zentralen Plätzen ist das wichtig und sollte so bleiben. Es ist nicht die entscheidende Maßnahme, um die Pandemie zu bekämpfen, das sieht man an den nicht zurückgehenden Zahlen, aber es ist eine Maßnahme von mehreren. Man steckt sich im privaten Bereich an und trägt das Virus dann in Schulen oder in die Öffentlichkeit.

Könnte man z. B. die Maskenpflicht bei niedrigerer Inzidenz in Wunstorf nicht auch selektiver handhaben? Die Region Hannover unterscheidet schließlich nicht zwischen einzelnen Städten, wie es etwa andere Landkreise tun.
Das könnte man in der Region schwer differenzieren. Lauter Einzelregelungen widersprächen auch dem Regionsgedanken. Es ist ja auch umgekehrt denkbar: Der Inzidenzwert könnte in einer Stadt ganz hoch liegen, aber im Rest eines Landkreises niedrig. Es wird nie ganz perfekt sein. Die Städte werden aber einbezogen, wir wurden gefragt, welche Orte für die Maskenpflicht in Frage kommen, und haben es nicht allzu streng gehalten. Wir haben die Fußgängerzone und die Promenade in Steinhude gemeldet, wo sich die Menschen auch enger begegnen. Aber in der Graf-Wilhelm-Straße braucht man das z. B. aktuell nicht.

Bevor das passiert, schreiben wir in der Verwaltung lieber einfach nur noch „Moin“

Wird sich die Stadt Wunstorf an der Empfehlung der AG der Gleichstellungsbeauftragten orientieren, öfter auf das Gender-Sternchen auszuweichen?
Ich bleibe dabei, dass ich „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ sage. Für mich ist eine Mitarbeiterin auch kein Sternchen, es gehört zu einer gewissen Wertschätzung, das auszuschreiben, und daher wird das in dieser Stadtverwaltung auch weiterhin so gemacht. Sternchen-Schreibweisen erschweren im Gesamten die Lesbarkeit. Wir halten uns an den Duden. Wichtiger ist, dass man den Geschlechtern die gleiche Wertschätzung gibt.

Die höfliche Anrede wird auch nicht abgeschafft und einfach durch Vor- und Zuname ersetzt?
Da merkt man wieder, dass es skurril wird. Es gibt auch viele, die nicht mit Vornamen angeredet werden möchten. Und nur „Guten Tag Schmidt, Guten Tag Müller“, das geht auch nicht. Bevor das passiert, schreiben wir in der Verwaltung lieber einfach nur noch „Moin“.

BMX-Fahren im Wald

Verboten: Rampennutzung im Wald (Symbolbild)

Wo genau waren eigentlich die illegal im Wald angelegten Waldrampen zum Mountainbiken, die abgebaut werden mussten?
Im Blumenauer Wäldchen. Es tut mir leid dafür, aber wir haben die Verkehrssicherungspflicht. Wir leben in Deutschland: wenn ein schwerer Unfall passiert, bekommen wir ein Schreiben, und unsere Haftpflicht würde den Schaden ablehnen, wenn wir so etwas vorher wissentlich geduldet hätten.

Es haben also nicht Sportler im Hohen Holz einen illegalen Trail errichtet?
Nein, das war nur etwas Kleines. So etwas entsteht über lange Zeit, Jugendliche werkeln daran, und irgendwann fällt es dann eben auf. Toller Zeitvertreib, besser als zuhause herumzusitzen, aber wenn wir davon erfahren, müssen wir es zurückbauen. Die Ortspolitik hat uns darauf aufmerksam gemacht.

Toller Zeitvertreib, besser als zuhause herumzusitzen

Hätte es eine Möglichkeit zur Legalisierung gegeben?
Dann hätten wir für einen Wald einen Bebauungsplan machen müssen. So einfach ist das nicht. Die Lösung kann auch nicht sein, aus Sicherheitsgründen rund um die Rampen die Bäume zu fällen – das würde auch wieder niemand wollen.

Gab es denn schon einmal Pläne, so etwas zu bauen in Wunstorf?
Nein, aber wir würden gerne die Skateranlage erweitern am „Südsee“, das ist noch auf der Agenda.

Die Grünen haben auf Bundesebene kürzlich ein Moratorium für den Autobahnneubau angeregt. Könnte eine ähnliche politische Entscheidung auf den letzten Metern auch noch die Nordumgehung verhindern?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Nach aktuellem Stand ist die Nordumgehung 2027 fertiggestellt. Das ist haushalterisch abgesichert, und der Bundesverkehrswegeplan gilt bis 2030, darin ist die Nordumgehung enthalten. Den kann man nicht so einfach außer Kraft setzen.


Die Fragen stellte Daniel Schneider
Dieses Interview erschien zuerst in Auepost #15 (01/2021).

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