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Gespräche zur Einbruchskriminalität in Wunstorf

06.05.2017 • Daniel Schneider • Aufrufe: 577

Der stellvertretende Vorsitzende im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages besuchte am Freitag die Wunstorfer Polizeidienststelle und suchte das Gespräch mit den Beamten. Hoppenstedt verschaffte sich einen Eindruck, wie sich die Arbeit der Justiz für die Beamten vor Ort darstellt, wo Problempunkte liegen und wie sich die Verbrechensstatistik entwickelt.

06.05.2017
Daniel Schneider
Aufrufe: 577

Wunstorf – Eigentlich sollte es vor allem um die Hauseinbrüche gehen, die auch in Wunstorf immer wieder die Bewohner beschäftigen, doch es wurde ein umfassender Einblick in die Polizeiarbeit und den Umgang mit der Kriminalität in der Auestadt.

Dr. Hendrik Hoppenstedt (MdB) zwischen Michael Fieber und Dirk Hallmann von der Polizei Wunstorf | Foto: Daniel Schneider

Der stellvertretende Vorsitzende im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages besuchte am Freitag die Wunstorfer Polizeidienststelle und suchte das Gespräch mit den Beamten. Hoppenstedt verschaffte sich einen Eindruck, wie sich die Arbeit der Justiz für die Beamten vor Ort darstellt, wo Problempunkte liegen und wie sich die Verbrechensstatistik entwickelt. Zwei Stunden lang sprachen die Beamten mit Wunstorfs Vertreter in Berlin. Hoppenstedt, der zuvor schon andere Dienststellen im Wahlkreis besucht hatte, konnte so ein umfassendes Bild aus der Praxis mit nach Berlin nehmen. Hoppenstedt brachte dabei deutlich zum Ausdruck, dass er sich vor allem eine finanziell bessere Ausstattung der niedersächsischen Justiz wünsche, damit das Recht im Rechtsstaat letztendlich auch durchgesetzt würde und nicht der Eindruck entstehe, dass die Justiz z. B. bei manchen Delikten kapituliere.

Täter „kommen davon“

Denn die häufige Einstellung von Verfahren sei ein Umstand, der gleich mehrfach problematisch sei, wie die Wunstorfer Polizei beipflichtete. Zuerst würden Opfer von Straftaten den Eindruck gewinnen, dass Täter nicht zur Rechenschaft gezogen würden und fühlten sich dann frustriert, verletzt und vom Staat im Stich gelassen, andererseits bekämen die Täter die Bestätigung, dass ihr Handeln letztlich keine Folgen hat.

Die Gesetzeslage sei im Großen und Ganzen ganz ordentlich und gar „nicht so miserabel“, aber es fehle an der konsequenten Durchsetzung des Rechts. Hoppenstedt betonte dabei, dass er keinesfalls „Justiz-Bashing“ betreiben wolle, sich aber gründlich informieren. Denn die Behandlung und Verfolgung von Verbrechen sei sehr unterschiedlich, von Bundesland zu Bundesland, aber auch von Landkreis zu Landkreis. Dabei klang im Gespräch die Überlastung der Hannoverschen Staatsanwaltschaft durch, die deswegen oft priorisieren müsse – und sich dabei naturgemäß auf die schwerwiegenderen Fälle konzentriere, sodass z. B. Diebstähle, aber eben auch Einbrüche oft nicht in letzter Konsequenz geahndet würden.

„Gute Rechtsprechung ist nicht zum Nulltarif zu haben.“Dr. Hendrik Hoppenstedt

Das ließe nicht nur Ladenbesitzer und Geschäftsleute, die z. B. durch Diebstähle stark belastet sind, verzweifeln und diese den Glauben an die Effektivität des Rechtswesens verlieren, sondern auch jeden Einzelnen, der von Verbrechen betroffen ist – wenn der oder die Täter am Ende straffrei ausgehen. Ein Problem sei auch, dass Einbrüche bislang nicht als schwere Straftat gelten würden – was oft im starken Missverhältnis zu den Eindrücken der Opfer steht, von denen manche dann sogar medizinische Betreuung nach der Erfahrung eines Einbruchs in die eigene Wohnung benötigen. Ein Einbruch ist rechtlich zunächst nur ein Vergehen, kein Verbrechen.

Info: Hendrik Hoppenstedt
Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU) gehört seit 2013 dem Deutschen Bundestag an, nachdem er das Direktmandat für den Wahlkreis Hannover Land I (entspricht der nördlichen Hälfte der Region Hannover) errang – und repräsentiert somit auch Wunstorf im Bundestag. Zuvor war er seit 2004 Bürgermeister der Stadt Burgwedel. Er ist u. a. stellvertretender Vorsitzender Im Rechtsausschuss des Bundestages.

Das wiegt umso schwerer, wenn die Ahndung von Fehlverhalten in anderen Verwaltungsbereichen, etwa im Straßenverkehr oder bei Steuern, konsequenter betrieben würde und somit gefühlt härter bestraft. Hoppenstedt sieht es zudem als problematisch an, wenn Opfer von Verbrechen nicht einmal eine Einstellungsmitteilung bekämen, also oft selbst darüber im Unklaren gelassen würden, wenn die Staatsanwaltschaft wegen geringer Erfolgsaussichten oder mangelndem öffentlichen Interesse nicht weiter ermittelt.

Frust bei der Polizei

Mit der derzeitigen Situation unglücklich ist aber auch die Polizei selbst: Die Beamten sind ebenso frustriert über den Ausgang mancher Ermittlungsverfahren. Sie müssten ermitteln, haben eine Verfolgungspflicht, schreiben eine Anzeige nach der nächsten – obwohl sie manchmal schon genau wissen, dass das gerade angestoßene Verfahren am Ende sowieso eingestellt werden wird. Die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft laufe im Wesentlichen aber gut.

Gespräche im Kommissariat Wunstorf | Foto: Daniel Schneider

Ausländerkriminalität

Die Themen, die Bundestagsabgeordneter Dr. Hendrik Hoppenstedt bei seinem Besuch mit den Kommissaren aus Wunstorf besprach, beschränkten sich dabei nicht auf Wohnungs- und Gewerbeeinbrüche, wie sie zuletzt in Wunstorf auch immer wieder Stadtgespräch waren: So waren neben Einbrüchen in Wohnhäuser etwa Tresore aus einem Geschäft in der Fußgängerzone oder einer Tierarztpraxis entwendet worden.

Die Täter kennen dabei wortwörtlich keine Grenzen. Die Einbrüche in Wunstorf gingen überwiegend auf das Konto von organisierten, professionell agierenden Banden, die z. B. aus Litauen oder Georgien stammen. Ermittelt würden letztlich jedoch auch hier nur die „kleinen Fische“, an die Hintermänner kommt man nicht heran. Die konsequentere Strafverfolgung der unmittelbaren Täter wäre jedoch der erste Schritt.

Einbruchsversuche steigen

Die tatsächlichen Zahlen bei Einbrüchen gehen in Wunstorf trotz der teils drastisch wirkenden Taten derweil zurück. Im vergangen Jahr, 2016, verzeichnete die Polizei in Wunstorf deutlich mehr Einbrüche als im Frühjahr 2017. 138 Mal wurde im vergangenen Jahr versucht einzubrechen, in 40 % der Fälle blieb es beim Einbruchsversuch. 28 Fälle davon konnten aufgeklärt werden.

„3 bis 7 Minuten“Michael Fieber, Leiter Ermittlungsdienst, zur Zeitspanne, die Einbrecher für einen Einbruchsversuch anfwenden

Die große Zahl an registrierten Einbruchsdelikten ist paradoxerweise aber auch darauf zurückzuführen, dass die Häuser und Wohnungen immer besser gesichert werden. Einbrecher würden es nur einige Minuten lang versuchen, in ein Haus einzudringen. Haben sie dann keinen Erfolg, versuchen sie es weiter beim nächsten Objekt. Das treibt die Zahlen in die Höhe.

Von Gambia über Italien und Holland nach Wunstorf

Zur Sprache kamen auch allgemein die steigenden Zahlen bei Ausländerkriminalität, oder ganz konkret auch das Vollzugsdefizit beim Dublin-II-Verfahren: Nach diesem müssten Asylbewerber, deren Asylantrag bereits in einem anderen EU-Land abgelehnt wurde, sofort abgeschoben werden – um zu verhindern, dass Asylbewerber unzählige Anträge in beliebigen Ländern stellen. So war Ende April ein Mann aus Gambia am Wunstorfer Bahnhof aus dem Zug gestiegen und hatte letztlich bei der Polizei um Asyl gebeten. Zuvor hatte der Mann in Italien und den Niederlanden Asyl beantragt, was jeweils abgelehnt worden war. Als er aus Holland abgeschoben werden sollte, reiste er nach Niedersachsen weiter, landete in Wunstorf – und erhielt ein neues Asylverfahren. Hoppenstedt konnte sich zu diesem Einzelfall nicht äußern, merkte aber an, dass es hier für ein erneutes Asylverfahren in Deutschland eigentlich keine Rechtsgrundlage gebe.

Daneben war auch der mangelnde Respekt vor Polizeibeamten und anderen öffentlich Bediensteten Thema. Die Beamten bestätigten auch für Wunstorf den Trend, dass der Respekt vor ihnen, aber auch allgemein in der Gesellschaft voreinander abnehme, die Umgangsformen zu verrohen drohten.

Gesetzesverschärfungen

Hoppenstedt informierte sich nicht nur, sondern brachte im Hinblick auf Einbrüche und zunehmende Gewalt gegen Polizisten auch die Neuigkeiten aus dem Bundestag zur Sprache. Denn im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung treten Änderungen ein. Paragraph 114 StGB wird dahingehend geändert, dass zukünftig stärker bestraft wird, wer z. B. einen Polizisten im Dienst angreift, unabhängig von einer Vollstreckungshandlung. Auch Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter werden mit dem neuen Paragraphen stärker geschützt. Auch § 100a StPO wird geändert werden, der Einbruchsdiebstahl wird in den Katalog mit aufgenommen. Dadurch wird elektronische Überwachung künftig auch dann möglich sein, wenn es um Hauseinbrüche geht.

Strafprozessordnung (Symbolbild) | Foto: Daniel Schneider

Auch die Mindeststrafe für Einbrüche soll steigen – weniger, um Einbrecher stärker abzuschrecken, sondern vor allem dem Willen des Gesetzgebers gegenüber den Staatsanwaltschaften Ausdruck zu verleihen, dass derartige Delikte vehementer verfolgt werden sollen. Die Wahrscheinlichkeit, als Täter nach einem Einbruch unbehelligt zu bleiben, soll sinken.

Selbstschutz und effektive Justiz

Der Konsens des Treffens war eindeutig. Auf Landesebene sollte mehr Geld für die Justiz bereitgestellt werden, um die Strafverfolgung effektiver zu machen. Geboten sei eine Rückbesinnung auf den Rechtsstaat, die teils schon im Gange sei: Es dürfe nicht vorkommen, dass Regeln, die von der Gemeinschaft gesetzt worden sind, von einigen sanktionslos nicht eingehalten werden.

Selbstvorsorge bei der Sicherung von Häusern sollte einen höheren Stellenwert einnehmen. Dafür schafft der Staat auch Anreize: Insgesamt 50 Millionen Euro wurden nunmehr bereitgestellt, um Zuschüsse für die eigene Absicherung von Haus und Hof gewähren zu können.

Auf die Frage, ob damit die Bürger nicht erst recht das Vertrauen in den Staat verlören, stellte Hoppenstedt jedoch klar, dass es ein „Du bist selber schuld“ nicht geben dürfe, wenn jemand nicht selbst vorgesorgt habe. Ein Mehr an Sicherheit sei aber immer besser als ein Weniger. Alle waren sich zudem einig, dass die Probleme, wenn sie bestehen, auch benannt werden müssen, ohne Rücksicht auf womöglich vorhandene gesellschaftliche Tabus zu nehmen.

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