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Zwischen Überlänge und egoistischen Autofahrern: Auch der zweite Schwertransportkonvoi lässt den Hanisch-Kreisel heile

07.10.2024 • Daniel Schneider • 6 Min.Kommentare: 1

Nicht immer verläuft bei Schwertransporten alles so glatt wie in Wunstorf. Das Risiko, dass ein Transport auf schwierigen Wegen einmal kippt, ist vorhanden – aber am meisten Probleme machen den Fahrern und Begleitern renitente Verkehrsteilnehmer.

07.10.2024
Daniel Schneider
6 Min.
Abbiegen durch den Kreisverkehr: Das ist keine Halle im Hintergrund – es ist eines der Hallendeckenteile auf dem Schwertransport

Die „Genussmanufaktur“ und Bäckerei direkt am Kreisverkehr gewissermaßen an der Schnittstelle von Luthe, Wunstorf und Kolenfeld zu bauen, war marketingtechnisch ein cleverer Schachzug von Hanisch – vor allem, die Bezeichnung „am Hanisch-Kreisel“ gleich mit ans Gebäude zu schreiben. Damit hat man den vorher namenlosen Kreisverkehr direkt getauft – und neben Sölter- und Obi-Kreuzung oder Burger-King-Kreisel ist nun tatsächlich oft die Rede vom Hanisch-Kreisel, wenn es um diese Stelle im Wunstorfer Straßenverkehr geht. Das Risiko dabei: Wenn mal etwas passiert, dann ist man mit diesem Namen ebenfalls gleich überall in den Medien – und womöglich verbunden mit unschönen Bildern.

Doch auch beim zweiten Schwertransport ging alles gut, und auch in der Barne ist nichts passiert. Einen Tag zuvor, am 30. September, war bereits der erste Schwertransport dieser Art durch Wunstorf gerollt, völlig komplikationslos. Obwohl sich mancher nicht hatte vorstellen können, wie angesichts der derzeit vielen gesperrten Straßen zum Barneviertel nun dort auch noch 35-Meter-Betonstützen hintransportiert werden könnten, sah das Ganze für die Schwertransportcrew wie eine leichte Übung aus.

Spektakulärer Transport

In der Folgenacht wiederholte sich das Procedere, die spektakulären Bilder von der Nacht auf den 1. Oktober waren wie geplant wieder zu beobachten. Und diesmal hatten die Schwertransportfahrer sogar noch mehr Routine – denn der exakt selbe Weg wurde zurückgelegt. Gegen 22.45 Uhr fuhr man von der Anschlussstelle Kolenfeld an der A2 ab, über die Landstraße bis zum schon genannten Kreisel und dann über die Feldwege an Sportplätzen und Schießständen vorbei direkt zur künftigen Sport- und Veranstaltungshalle an den Barneschulen.

Das war kein Zufall: Die Strecke, die die Transporte zu fahren hatten, war behördlich exakt vorgegeben. „Wir fahren dann nur dort“, unterstreicht Volker Friedel, der als Hilfspolizist auch für den Transport in der zweiten Nacht eingeteilt ist. Die Behörden gäben die genaue Route vor – und daran hätten sich die Transportunternehmen zu halten. Auch das Zeitfenster ist streng: Nur zwischen 22 Uhr und 6 Uhr durften die Transporter in Wunstorf rollen.

Video: Die Reise des 2. Schwertransports durch Wunstorf

Aber was geschähe, wenn einmal ein Hindernis auf der vorab bestimmten Strecke auftaucht, so dass der Transport wirklich nicht mehr weiterfahren könne? Ob es dann Ausnahmen gibt, wollen wir wissen. Friedel verneint. Der Transport dürfe nicht einmal einen kleinen Umweg einfach selbst festlegen, alles außer der genehmigten Strecke sei tabu. Im Ernstfall müssten dann weitere Fahrzeuge hinzugerufen werden, die die Strecke wieder befahrbar machten, zum Beispiel durch Abmontieren von Verkehrszeichen oder durch Wegschneiden von Vegetation. Wenn alle Stricke reißen, dann bleibt der Transport längere Zeit an Ort und Stelle. Für die Beteiligten selbst ist das kein großes Problem – die Fahrer haben Betten in ihren Führerhäusern, und die Begleiter ebenfalls Schlafmöglichkeiten in ihren Begleitfahrzeugen. Im Grunde fahren diese deshalb so etwas wie einen Mini-Camper durch die Gegend.

Abbiegen fast im rechten Winkel

Doch das alles wird in Wunstorf nicht nötig. Wie ein schwerfälliges, aber präzises Ballett wirken die Transporter, die die Betonträger durch die Nacht wandern lassen. In gemächlichem Tempo geht es über die Straßen und Wege, nur an drei Stellen wird es besonders langsam: Einmal am Hanisch-Kreisel und zweimal auf dem freien Feld, wo praktisch fast im rechten Winkel abgebogen werden muss. Das Geheimnis dabei sind die Drehgestelle, auf denen die Betonträger gefahren werden. Sie haben eine eigene Lenkung: Nicht nur der Fahrer eines Transporters kann auf diese Weise die Richtung vorgeben, sondern auch ein Begleiter, der per Fernsteuerung die mächtigen Auflieger bedient.

Die massiven Betonträger werden von vielen Achsen getragen
Begleitfahrzeuge folgen den Transportern und warnen nachfolgende Fahrzeuge

So geschieht es etwa auch auf den letzten Metern, als der erste der Transporter wieder rückwärts auf die Baustelle in der Barne fährt. Während Fahrer Björn im Führerhaus sitzen bleibt und den Rückwärtsgang einlegt, bedient Fahrer Horst das Fahrgestell am Transporterende.

In den Acker umgekippt

Doch so routiniert das Ganze auch aussieht – Friedel hat auch schon echte Probleme erlebt. Er zückt sein Smartphone und zeigt ein Foto von einem Transport einer anderen Firma, der jüngst durch die Landschaft gerollt ist – ebenfalls auf schmalen Wirtschaftswegen. Dabei geriet er etwas ins Abschüssige, der Transporter kam in Schieflage – und kippte mitsamt der Ladung ins angrenzende Feld. Dem Fahrer geschah nichts, aber Transporter und ein riesiges Windkraftanlagenbauteil lagen seitlich auf dem Acker. „Auf sehr engen Wegen kann es schon mal Schwierigkeiten geben“, sagt der Hilfspolizist. Vor allem bei sehr großen zu transportierenden Gütern wie etwa Windradflügeln bestehe diese Gefahr, wenn ein Transport auch in der Breite groß sei.

Volker Friedel, Hilfspolizei

Volker Friedel gehört zu den Hilfspolizisten, die den Transport begleiten. Während die regulären Begleittransportfahrer – erkennbar an den ausgeklappten Warntafeln auf dem Dach – den einzelnen Transportern zugeordnet sind und diesen unterstützend hinterherfahren, sichern die Hilfspolizeifahrzeuge die Strecke im Vorfeld und im Nachgang ab. So auch an diesem Dienstag des 2. Schwertransports, dem 1. Oktober 2024. Noch ehe die ersten Sattelschlepper am Horizont auftauchen, haben die Hilfspolizisten am Kreisverkehr am Kernstadteingang Position bezogen und sperren den Kreisverkehr und die unmittelbar angrenzende Strecke kurz darauf komplett für den Verkehr.

Pech auf dem Parkplatz

Ein Autofahrer, der in diesem Moment noch vom Hanisch-Parkplatz herunterfahren möchte, hat Pech – ein Hilfspolizeifahrzeug versperrt nun die Ausfahrt. Der Transportbegleiter steigt aus und informiert den Wartenden persönlich, wie lange er warten muss. „Es sind vier Stück, wir sind gleich durch, dann können Sie weiterfahren.“ Der Ton ist freundlich und trifft auf Verständnis. In der Tat dauert es keine zehn Minuten, bis die vier Schwertransporte den Kreisverkehr an der Bäckerei quasi als „Geisterfahrer“ genutzt haben und nun am Parkplatz vorbei in den Wirtschaftsweg zu den Feldern Richtung Kolenfeld und Gut Düendorf einbiegen.

Der Kreisel ist vorübergehend blockiert
Hilfspolizei sperrt die Emanuel-Grund-Straße
Ulrike Molitor von der Hilfspolizei

Ganz am Ende des Transportes fährt Ulrike Molitor. Auch sie ist Hilfspolizistin und inzwischen schon 15 Jahre in diesem Geschäft. Seit 7 Jahren arbeitet sie für die Firma Regener, die den Transport nach Wunstorf begleitet. Ursprünglich war sie LKW-Fahrerin, erzählt sie der Auepost, doch nach einer Knieverletzung konnte sie diesen Beruf nicht mehr ausüben. Doch sie wollte beruflich auf den Straßen bleiben und gelangte auf diesem Wege zur Hilfspolizei. Unter den Fahrern in der Firma ist sie eine von nur zwei Frauen.

Gelassen steuert sie in dieser Nacht ihren Sprinter über die Wunstorfer Wege – das verlängerte Wochenende nach dem anstehenden Feiertag vor Augen. Tatsächlich steht der nächste Einsatz erst am folgenden Montag an. Molitor möchte nichts anderes machen, obwohl der Job manchmal durchaus gefährlich werden könne. Eine Autofahrerin sei einmal absichtlich direkt auf sie zugefahren, erzählt die Hilfspolizistin.

Blaulichtwunsch

Das Verständnis für die Arbeit der Hilfspolizisten ist manchmal unterentwickelt, um es vorsichtig auszudrücken. Von anderen Verkehrsteilnehmern werden die Männer und Frauen, die die Schwertransporte absichern und ihnen freie Bahn verschaffen, bisweilen nicht ganz ernst genommen. Obwohl Hilfspolizisten im Straßenverkehr genau wie verbeamtete Polizisten hoheitliche Rechte haben, für die Dauer des Einsatzes wie Beamte handeln und den Verkehr regeln dürfen wie die normale Landespolizei, wird ihren Anweisungen manchmal nicht oder nur widerwillig gefolgt – weil jemand unbedingt noch vor dem Schwertransport vorankommen will oder sich von „den Bauarbeitern“ nichts sagen lassen möchte. Andere wiederum reagieren überfordert bei einem herannahenden Schwertransport. Das führt dann zu gefährlichen Situationen oder verzögert einfach unnötig den Schwertransport – und behindert damit auch den übrigen Verkehr länger als nötig.

Angekommen am Barneschulzentrum
Der Transport selbst leuchtet die Straße rundum aus
Rückwärts in den Barnestraßen-Kreisel

Die Idee, die Landespolizei im Bereich Schwertransportbegleitung durch die Hilfspolizei zu entlasten, verkehrt sich in solchen Momenten ins Gegenteil: Dann muss im schlimmsten Fall die örtliche Polizei doch wieder hinzugerufen werden, um das Recht der Schwertransportbegleiter mit Blaulicht und notfalls weiteren Maßnahmen durchzusetzen – polizeiliche Kräfte sind damit dann doppelt vor Ort.

„Natürlich würde man uns ernster nehmen, wenn wir Blaulicht eingeschaltet hätten“

Volker Friedel

Blaulicht auf den eigenen Fahrzeugen würde sich deshalb auch Volker Friedel wünschen, denn die Hilfspolizei in Niedersachsen fährt nur mit gelbem Blinklicht. „Natürlich würde man uns ernster nehmen, wenn wir Blaulicht eingeschaltet hätten“, sagt Friedel. Doch die bundesdeutsche Straßenverkehrsordnung lässt das nicht zu – und die Hilfspolizei für Schwertransporte ist eine Besonderheit von Niedersachsen.

Willi Rachner, Ulrike Molitor und Volker Friedel (v. l.)
Das war die Ladung: Am Folgetag sind die acht Betondachträger bereits eingebaut. Ein Spezialkran hat sie in der Konstruktion verankert.

Für die Fahrer der Transporte, die in ganz Deutschland unterwegs sind, ist die Fahrt nach Wunstorf quasi ein Heimspiel: Die Firma Kording, die die über 30 Meter langen sogenannten Spannbetonbinder transportiert, hat ihren Sitz in Hespe in der Nähe von Stadthagen. Das SHG auf den Kennzeichen verrät die Regionalkompetenz. Die Begleitfahrzeuge von Regener kommen auch nicht von viel weiter her, sie sind in Nienburg stationiert. Sogar ein Ex-Wunstorfer ist an diesem Abend mit von der Partie: Willi Rachner ist Hagenburger und hat früher einige Jahre lang in der Wunstorfer Nordstraße gewohnt.

Während sich die Begleitfahrzeuge wie am Vorabend nun verabschieden und bereits ins verlängerte Wochenende fahren, ist die Fahrt für die Schwertransportfahrer noch nicht zu Ende: Erst am nächsten Morgen wird abgeladen. Das bedeutet: Ab in die Schlafkojen der Fahrzeuge. Die Barnestraße wird für eine Nacht zum erneuten Übernachtungsquartier für die Mitarbeiter.

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Kommentare


  • SA sagt:

    Fahrerhaus, nicht Führerhaus.

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