Wunstorfer Auepost

Wunstorf baut neuen Fußgängerschutz – und schafft damit Stolperfallen für Fußgänger und Radfahrer

14.10.2025 • Aufrufe: 8372

Im Süden der Kernstadt sollen vor allem den Fußgängern im Wohngebiet neue Mini-Verkehrsinseln mehr Schutz bieten. Aber man hat sie rechtwinklig in den üblichen Weg hineingebaut, statt die diagonale Strecke zu berücksichtigen. Jetzt geraten Radfahrer und Rollatoren auf Zickzackkurs.

Frische „Gehwegnasen“ im Barneviertel | Foto: Schneider

Vor gut einem Monat, Mitte September, war mit dem Bau einer neuen Verkehrsberuhigungsmaßnahme im Barneviertel begonnen worden: In mehreren Anwohnerstraßen, die vom Am Hasenpfahl abgehen, wurden Mini-Verkehrsinseln errichtet: Jeweils links und rechts am Endpunkt eines dort querenden Fußgänger- und Radweges auf einer Fahrbahnseite stehen inzwischen mit Baken markierte Gehwegsbuchten.

Denn dort fehlt aus historischen Gründen ein straßenbegleitender Gehweg, so dass querende Fußgänger und Radfahrer sofort auf der Fahrbahn stehen. Die Straßen selbst waren vor allem zur linken Seite dann oft schlecht einsehbar – wer etwa einen Rollator vor sich herschob, musste ihn erst auf die Fahrbahn schieben, um überhaupt etwas sehen zu können. Doch in diesem Moment konnte schon ein Auto kommen.

Nasen für Gehwege

In der letzten Septemberwoche waren die neuen Straßenelemente fertig eingebaut worden und bieten seitdem eine Art kleinen sicheren Hafen für die Straßenquerungswilligen, die sich dort jetzt in Ruhe nach allen Seiten umsehen können, ohne dass ihnen Autos bereits zu nahe kommen. Offiziell werden diese Ausbuchtungen im Straßenverkehrsbau „Gehwegnasen“ genannt. Sie werden heutzutage bei neuen Straßen oft direkt mitgebaut, um Fußgängern mehr Sicht an unübersichtlichen Querungen zu schaffen. Aber auch nachträglich wie jetzt in der Barne können sie ergänzt werden.

Die Hindernisse wurden rechtwinklig zur Fahrbahn gebaut – die Fußgängerstrecke verläuft aber diagonal | Foto: Schneider

In fünf Straßen wurden sie eingebaut: In der Lukas-Cranach-Straße, in der Hans-Holbein-Straße, der Matthias-Grünewald-Straße der Ludwig-Richter-Straße und in der Spitzwegstraße. Die Nasen haben darüber hinaus einen doppelten Effekt: Der Straßenverkehr wird verlangsamt, weil Autos an dieser Stelle der Verkehrsberuhigung ausweichen müssen – und die zu überbrückende Distanz auf der Fahrbahn für Radfahrer und Fußgänger wird verkürzt.

Autos haben weiter Vorfahrt

Zusätzlich ist geplant, die Querungsstellen mit roten Markierungen noch deutlicher hervorzuheben. Diese Arbeiten werden noch in Zusammenarbeit mit dem Baubetriebshof durchgeführt. An der bestehenden Vorfahrtssituation ändert sich dadurch aber nichts, der fließende Verkehr auf den Straßen hat weiterhin Vorrang gegenüber den querenden Fußgängern und Radfahrern.

Die Idee zur Anlage der Gehwegnasen entstand im Rahmen des Fußverkehrs-Checks. Im Jahr 2023 fanden dazu drei Workshops mit verschiedenen Akteuren sowie insbesondere mit Wunstorfer Bürgern statt. Mit deren Unterstützung und in Zusammenarbeit mit dem Mobilnetzwerk der Region Hannover wurden die Gehwegnasen schließlich in den Maßnahmenkatalog aufgenommen. 

Die Umsetzung der Gehwegnasen wurde durch die Region Hannover mit 75 Prozent bezuschusst. Mit den abgeschlossenen Arbeiten erfolgte eine weitere Umsetzung aus den Empfehlungen des Maßnahmenkataloges, der aus dem Fußverkehrs-Check 2023 entstanden war. Nach diesem war der Bau zur kurzfristigen Umsetzung empfohlen worden.

Im Zeitplan, aber trotzdem Kritik

Die Arbeiten sind im Zeitplan geblieben, es kam zu keinen Verzögerungen. Doch auch jetzt kann es die Stadtverwaltung nicht allen recht machen: „Wer plant sowas?“, ist eine der Reaktionen, als Passanten an den neu errichteten Hindernissen vorbeikommen. Der Grund dafür: Die Gehwegnasen wurden rechtwinklig zur Straße gebaut. Der gemeinsame Fuß- und Radweg durchs Viertel verläuft aber überwiegend diagonal zur Fahrbahn.

Das Ergebnis: Stolperfalle auf direktem Wege. Auepost-Praktikant Till demonstriert die übliche Streckenbenutzung – und bleibt an der Pollerkante hängen | Foto: Schneider

Das Ergebnis ist: Eine der beiden Gehwegnasen befindet sich nun jeweils direkt im üblichen Weg und wird zum Hindernis nicht nur für den Autoverkehr, sondern auch für die Fußgänger und Radfahrer selbst. Mit dem Fahrrad und Rollator muss ausgewichen und auf der Strecke nun mehrmals ein Zickzack-Kurs gefahren werden. Wer nicht ausweicht und den gewohnten Weg zurücklegen möchte, läuft Gefahr, über eine der Gehwegnasenecken zu stolpern.

Ganz schön schräg

Die Anwohnerstimmen sind dabei durchaus zweigeteilt: Die einen finden die Maßnahme überfällig, weil in den Straßen viel zu schnell gefahren werde. Die anderen bringen vor, jetzt schlechter aus den Parkbuchten herausfahren zu können. Und noch andere versuchen es mit Ironie: „Ich laufe da seit 40 Jahren lang – wie habe ich das nur überlebt?“

Wer sich von den Querenden hingegen nun dazu verleitet fühlt, die Straße nicht mehr schräg zu überqueren, sondern mittig den Gehwegnasen zu folgen, gerät ebenso in eine Stolperfalle: Dann landen Fußgänger und Radfahrer auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite auf einem Gehweg, dessen Bordsteine nicht ebenerdig abgesenkt sind. Rollatoren bleiben wieder hängen.



veröffentlicht am: 14.10.2025 • Aufrufe: 8372
Redaktion
[Anzeige]

Kommentare


  • Anonym sagt:

    Ah, das Schundblatt hat mal wieder nichts zu tun und sucht das Haar in der Suppe.

  • frd sagt:

    Ja-ja, die lernen es nie könnte man denken… wir blamieren uns in der ganzen Region. Fahrradturm, Steinhuder Platte, Barneplatz und die Reketenabschussbasis getarnt als Barnekreisel, Glasfaserausbau, super Fahrradwege, Innenstadt, Schwimmbad… ich bin mal gespannt wie dann die Wärmewende vollzogen wird wenn überall Nahwärmeleitungen vergraben werden.

  • Jerry M. sagt:

    Vielleicht klärt sich ja die Wege-Frage, wenn die Farbmarkierungen aufgetragen werden. Bis dahin bleibt nur Stirnrunzeln.

    • Anonym sagt:

      Ich habe schon in der Schule gelernt dass man eine Straße auf dem kürzesten Wege, also gerade queren soll. Daher ist die Ausrichtung der „Insel“ meiner Meinung nach auch richtig.

      • centrodelmargine sagt:

        So ist es. — Und in der Barne wirkt einfach immer noch die Ameisenstraßen-Ideologie des Stadtplaners Reichow (Diagonalen!). Wer dann um Kanten nicht rumkommen will, ist fehl am Platz. Gradeaus auf kürzestem Weg über die Straße ist schon ok.

  • Basti g. sagt:

    Und wieder die Barne

  • Wilhelm sagt:

    Man könnte ja dort auch Ampeln hin machen das hat keiner und Wunstorf hat eine Sehenswürdigkeit mehr.

  • Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    [Anzeigen]
    Auepost wird unterstützt von:
    Kontakt zur Redaktion

    Tel. +49 (0)5031 9779946
    info@auepost.de

    [Anzeigen]

    Artikelarchiv

    Auepost auf …