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„Ich fühle mich sehr wohl dabei“

04.08.2022 • Achim Süß • Aufrufe: 1165

Preissteigerungswelle, Dürresommer, Ukraine, dritter Corona-Winter und eine Spitze Richtung Markus Söder: Am Mittwoch war Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil in Idensen zu Besuch und stellte sich den Fragen der rund 40 Kaffeestuben-Gäste.

04.08.2022
Achim Süß
Aufrufe: 1165
Termine wie in Idensen liegen ihm: „Ich fühl mich sehr wohl dabei“, sagt Stephan Weil | Foto: Achim Süß

Idensen (as). Der Mann ist überpünktlich. Lange vor dem offiziellen Beginn seines Wahlkampftermins in Idensen ist Stephan Weil schon da. Er blättert im Gästebuch der Kaffeestube und trägt sich ein. Den berühmten Apfelkuchen der Familie Hattendorf hat er schon probiert. Um ihn herum sitzen gut 40 Männer und Frauen, überwiegend aus Wunstorf und Neustadt. Bei Kaffee, Torte oder Mineralwasser wollen sie mit dem Ministerpräsidenten sprechen. „Auf ein Wort“ nennt die SPD das Format. Weil führt es durch das ganze Land. 160 Termine stehen insgesamt für die nächsten beiden Monate bis zur Landtagswahl in seinem Kalender.

Weil ist seit 2013 Regierungschef in Hannover, ein Jahr länger noch führt er die Niedersachsen-SPD. Der Jurist, frühere Kämmerer und ehemalige Oberbürgermeister der Landeshauptstadt hat eine rot-grüne Regierung geführt, jetzt noch ein paar Wochen eine große Koalition mit der CDU. Nach Idensen ist er gekommen, um Wiebke Osigus im beginnenden Wahlkampf zu unterstützen. Er habe sie als zuverlässige und fleißige Kollegin kennengelernt, sagt Weil gleich zu Beginn. Osigus‘ sensationellen Erfolg – erst intern im spektakulären Bewerbungsverfahren der SPD mit harten Attacken eines Mitbewerbers und Losentscheid, dann am Wahltag 2017, als sie die Nase vorn hat und der CDU erstmals seit 1998 den Wahlkreis Neustadt/Wunstorf abnimmt – erwähnt Weil nicht. „Auf ein Wort“ ist seine Bühne.

Baustellen wie noch nie erlebt

Und die füllt der 63-Jährige komplett aus. Im Saal sind Bierdeckel auf den Tischen verteilt worden: Die Besucherinnen und Besucher können Fragen notieren. Osigus sortiert und präsentiert sie dem Ministerpräsidenten. „Inas Nacht“ lässt schön grüßen. Aber dies hier ist nicht „Best of Sabbeln“. Weil ist ernst, und er hat eine Botschaft: „Das Land ist in guten Händen.“ Das Frage-und-Antwort-Spiel kommt nicht gleich in Gang. Weil nutzt das „für eine kleine Regierungserklärung“. Er steht neben Osigus an einem Bistrotisch. Er wirkt entspannt und locker. Der Urlaub liegt noch nicht lange zurück. Die Hitze in der Kaffeestube macht ihm offensichtlich nichts aus. Makelloses, offenes, weißes Hemd, feine blaue Tuchhose, schwarze Lederschuhe. Er stützt sich auf den linken Ellenbogen, geht ein oder zwei Schritte auf die Zuhörer zu. Gedanklich führt er sie durch die „Baustellen“, wie er sie sieht, wie er sie in dieser Massierung noch nicht erlebt hat. Ukraine, Preissteigerungswelle, Dürresommer, nicht zuletzt der dritte „Corona-Winter“.

„Auf ein Wort“: Ministerpräsident Stephan Weil mit Wiebke Osigus (links) vor gut 40 Gästen in der Idenser Kaffeestube | Foto: Achim Süß

„Wir müssen uns stellen!“, sagt Weil. Wie zum Beispiel Putin begegnet werde, sei eine Charakterfrage. Zustimmendes Kopfnicken im Saal. Auch bei seinem nächsten Punkt: „Wir müssen die Schwachen stützen.“ Was „Berlin“ auf den Weg gebracht habe, lasse „noch viel Luft nach oben“. Die Rentner bei den Zuschüssen nicht bedacht zu haben, sei „ein grober Schnitzer“. Aber Weil hat auch Lob parat: Scholz‘ Bemühungen um eine Reform des Wohngeldes seien richtig.

Ich bin froh, dass ich Ihnen widersprechen kann

Der Mann aus Hannover ist schlagfertig und locker, freundlich und lächelt viel. Er weicht keiner Frage aus, spricht klar und verständlich. Wenn er sich nicht sicher ist, sagt er das und bietet spätere Klärung an. „Geben Sie mir bitte Ihre Nummer.“ Thematisch geht es jetzt quer durch den politischen Garten: Photovoltaik, Lehrergehälter, Kinder- und Altenbetreuung, Energieengpass, Krankenhausfinanzierung, Fracking und Söder, Lockdown, Niedersachsen als Industrieland, Windkraft, 9-Euro-Ticket und Bürokratie. Es dauere alles viel zu lange, sagt Weil. Zum Beispiel bei Genehmigungen „Wir brauchen eine Staatsreform“, ist er überzeugt. Geduldig hört er auch umständlichen Fragestellern zu, hat kundige, sachorientierte Antworten. „Vielen Dank für die Frage“, sagt er zum altgedienten Genossen am Nebentisch: „Ich bin froh, dass ich Ihnen widersprechen kann.“ Auf das „Du“ des Wunstorfers geht er nicht ein.

Spitze an Söder

Nach einer guten Stunde sind 30 Bierdeckel abgelegt. Weil verabschiedet sich und geht in einen anderen Raum zum Gespräch mit Journalisten. Entspannt lehnt er sich zurück. „Ich fühle mich sehr wohl dabei“, berichtet er von den „Auf ein Wort“-Terminen. Ein paar liegen schon hinter ihm, 50 bis 60 stehen ihm noch bevor. Worum es denn in der Veranstaltung gegangen sei, wird er gefragt. Weil gibt einen kurzen Überblick, wiederholt eine Spitze in Richtung Söder und Fracking und erwähnt das wachsende Interesse der Industrie an den Chancen der starken niedersächsischen Windenergiegewinnung. Die Frage, ob er auch unter einem CDU-Ministerpräsidenten Bernd Althusmann in eine Regierung eintreten würde, amüsiert Weil offenkundig nicht. Das Thema stelle sich nicht, sagt er knapp. Beide Parteien seien entschlossen, künftig wieder getrennte Wege zu gehen. Noch ein Foto mit der Wirtin und Osigus, eine Aufnahme am Tourbus für die Auepost. Dann geht es weiter zum nächsten Treffen.

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