Wunstorf (red). Der Blick des Bürgermeisters auf die gute erste Hälfte seiner Amtszeit ist das Eine. Die Meinung der politischen Akteure aus dem Rat das Andere. Die Auepost hat Martin Ehlerding, den Chef der SPD-Fraktion, der stärksten Gruppierung in diesem Rat, ebenso gefragt wie Christiane Schweer vom Koalitionspartner CDU, die oppositionellen Grünen und ihre Sprecherin Anne Dalig, den einsamen FDP-Mann Klaus Maurer, die AfD und ihren Sprecher Detlev Aders sowie Kerstin Obladen, die jetzt für die Freien Wähler aktiv ist.
Die Zeugnisse der Fraktionsführungen und Einzelkämpfer fallen unterschiedlich aus. Wie könnte es anders sein? Eine Vier plus wird von rechts außen gezeigt, Grüne und FDP stimmen in Kritikpunkten überein und unterscheiden sich doch, das Lager des Bürgermeisters applaudiert wie erwartet, aus Richtung der Freien wird an zurückliegende Wahlversprechen erinnert und die CDU schwankt zwischen Zufriedenheit und Zurückhaltung.
Die Redaktion gibt die Ausführungen hier im Original wieder.
Klaus-Jürgen Maurer, FDP
Jeder, der ein neues Amt bekleidet, weiß es genau: Nach einer gewissen Zeit, in der die neue Frau oder der neue Mann beäugt und zunächst ohne Grund gelobt wird, beginnt die Phase, in der die berechtigte, aber mehr die unberechtigte Kritik den Gewählten ärgert. Unser Bürgermeister hat die Fähigkeit, mit freundlichem Lächeln den bestimmt vorhandenen Ärger professionell zu verbergen.
Aus der Sicht eines Ratsmitglieds, das nicht zu den Mehrheitsfraktionen gehört, habe ich mir immer mehr Informationen aus dem Rathaus gewünscht. Gleichzeitig bin ich mir sicher, dass ich bei der Menge von Einzelheiten und der Notwendigkeit von Spezialwissen nicht alles gedanklich verarbeiten kann. Als Ratsmitglied ohne Fraktion bin ich mit weniger Rechten ausgestattet als andere Ratsmitglieder. So erhoffe ich mir für den Rest der Legislatur bei wesentlichen Abstimmungen, dass ich immer genügend Zeit der Vorbereitung zu begründeten Abstimmungen erhielte. Dennoch: Als Ratsmitglied ohne Fraktion habe ich den Eindruck, bisher immer fair aus dem Bürgermeisteramt behandelt worden zu sein.
In der heutigen Zeit der Katastrophen halte ich es für notwendig, dass ein Bürgermeister einer Stadt wie Wunstorf nach oder vor seiner Wahl einen Grundlehrgang in Sachen Leitungsfunktion im Bereich des Katastrophen-Schutzes absolviert. Im Bereich des Zivilschutzes der Bevölkerung liegt eine der vornehmsten und wichtigen Aufgaben des Hauptwahlbeamten. Durch die Initiative zum Blaulicht-Arbeitskreis ist unserem Bürgermeister eine gute vorbereitende Arbeit zu bestätigen, was nicht nur in der Hochwasserzeit zu erfolgreichen Maßnahmen führte. Ich erhoffe mir im Bereich der Prävention von Starkregen- und anderen Katastrophen-Situationen bald Initialzündungen aus der Rathausführungsebene.
„Ich erhoffe mir im Bereich der Prävention von Starkregen- und anderen Katastrophen-Situationen bald Initialzündungen aus der Rathausführungsebene“
Klaus-Jürgen Maurer
Die repräsentativen Aufgaben werden souverän geleistet. Gerade dann, wenn der Bürgermeister ohne Begleitung politischer Gremien auftritt, zeigt Herr Carsten Piellusch in seiner Person ein freundliches Bild der Stadt Wunstorf, wie ich es in vielen Veranstaltungen erleben konnte.
Die Person des/der Hauptverwaltungsbeamten/-in wird direkt gewählt. Im Rat unserer Stadt wird sich der Bürgermeister in allen Vorschlägen und Vorlagen neben den überörtlichen Vorgaben darauf stützen, dass der Wille und die Richtungen der Mehrheitsfraktionen realisiert werden. Wenn in seiner bisherigen Amtszeit einige Positionen des Bürgermeisters zur Kritik (innerstädtisches Parkflächen- und Verkehrsproblem, Neubau und Entwicklung der Stadtsparkasse Wunstorf, Vion-Gelände) führten, so wurden diese in der Regel durch die Mehrheitsfraktionen getragen oder mitgetragen. Eine abweichende Haltung des Bürgermeisters zu den Beschlüssen der Mehrheitsfraktionen war in der Regel nicht zu erkennen.
Die künftige Haushaltslage der Stadt Wunstorf wird ein entscheidender Faktor sein, wenn es darum geht, trotz nötiger Ausgabendisziplin die Entwicklung besonders im Bereich der Wirtschaftskraft unserer Stadt Wunstorf ins Auge zu nehmen. Dann wird sich zeigen, wie die Forderungen der Mehrheitsfraktionen unserer Stadt mit den Sparzwängen unseres Rathauses zu Lösungen führen. Wir können gespannt sein, in welcher Art die Rathausspitze den Einsatz der schmaler werdenden Haushaltsmittel vorschlägt.
Sehr viel Arbeit wurde in Anträge gesteckt, der zu erheblichen finanziellen Förderungen führen oder geführt haben. Das war eine gute Leistung der Verwaltung und so des Bürgermeisters. Es bleibt zu hoffen, dass alle finanzielle Fördermittel aus unserem überörtlichen Steueraufkommen wie Landes- und Bundesmittel immer so angelegt werden, dass sie wirklich zu positiven Ergebnissen für unsere Stadt und seine Bürger verwandt werden.
Ich habe hohen Respekt von der Arbeit des Bürgermeisters und seiner Verwaltung, wenn ich in einigen wesentlichen Sachbereichen auch wünschte, dass ganz andere Entscheidungen durch den Rat der Stadt Wunstorf getroffen werden und wurden.
Detlev Ulrich Aders, AfD
1. Medienpräsenz des Bürgermeisters: Es ist evident, dass Herr Bürgermeister Carsten Piellusch eine auffällige Präferenz für eine repräsentative Präsenz in den Medien zeigt, indem er nahezu in jedem Presseartikel, sei es durch Kommentare oder Bildbeiträge, vertreten ist.
2. Ideologische Ausrichtung der Politik: Die politische Landschaft in Wunstorf hat seit Beginn der Amtszeit von Herrn Piellusch eine merkliche Verschiebung hin zu einer stärker ideologisch geprägten Ausrichtung erfahren. Dies manifestiert sich vornehmlich in Initiativen in den Bereichen Verkehrswende und Klimaschutz, die durch Projekte wie z. B. die Barnestraße und das Radverkehrskonzept illustriert werden.
3. Informationspolitik gegenüber dem Stadtrat: Von besonderer Bedeutung ist die restriktive Informationspolitik des Bürgermeisters gegenüber den Mitgliedern des Stadtrats. Die Tendenz, die Bereitstellung von Vorlagen auf ein Minimum zu reduzieren, hat ernstzunehmende Auswirkungen auf die Qualität der Beratung und Entscheidungsfindung innerhalb dieses Gremiums.
„Die Tendenz, die Bereitstellung von Vorlagen auf ein Minimum zu reduzieren, hat ernstzunehmende Auswirkungen auf die Qualität der Beratung“
Detlev Ulrich Aders
4. Kompensation der ehrenamtlichen Mandatsträger: Obschon zunächst der Eindruck entsteht, dass die Verkürzung der Sitzungsdauer zu einer finanziellen Entlastung für die Steuerzahler führt, ist dies tatsächlich nicht der Fall. Die Pauschalvergütung für Sitzungsgelder an ehrenamtliche Mandatsträger macht eine solche Einsparung hinfällig. Eine adäquate Vertretung der Bürgerinteressen setzt jedoch eine umfangreiche Information und ausreichende Beratungsmöglichkeiten voraus.
5. Problematik der fristgerechten Vorlagenbereitstellung: Eine weitere Herausforderung stellt die Praxis dar, Vorlagen zu kurzfristig und somit oft nicht fristgerecht zu übergeben. Dies erschwert eine fundierte Meinungsbildung und den interfraktionellen Austausch signifikant. Es entsteht der unerwünschte Eindruck, dass diese Vorgehensweise strategischer Natur ist, um die Partizipation der Bürgerschaft, sei es durch ihre gewählten Vertreter oder direkt in öffentlichen Sitzungen (Einwohnerfragestunde), gezielt zu limitieren.
6. Zweifel an der politischen Neutralität des Bürgermeisters: Die Frage nach der politischen Neutralität von Herrn Carsten Piellusch, welche ein essentielles Kriterium für seine Position als Hauptverwaltungsbeamter darstellt, bleibt aufgrund seines Verhaltens bei verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen und Reden weiterhin ungelöst (diverse Demonstrationen und Neujahrsempfang Fliegerhorst).
Fazit: Unter Berücksichtigung aller Faktoren muss das Verhalten und die Politik von Bürgermeister Carsten Piellusch mit einer Gesamtnote 4+ bewertet werden, ein Urteil, das insbesondere seine Bestrebungen widerspiegelt, den Einfluss und die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Mitglieder der Ortsräte sowie des Stadtrats zu unterminieren.
Kerstin Obladen, Freie Wähler
Ich erinnere mich an ein Interview: „Mit Flächen will ich sparsam umgehen und werde deshalb einen großen Wert auf die Innenentwicklung legen.“ [aus HAZ, 14.9.2021, Anm. d. Red.] Wurde versprochen, aber nicht eingehalten. Die Prioritäten werden meines Erachtens ausschließlich vom Bürgermeister Piellusch und der Mehrheitsgruppe beschlossen. Die Interessen der Bürger werden nicht berücksichtigt bzw. nicht ernst genommen.
Zum Thema Digitalisierung im Rathaus: Ist das so zu verstehen, dass der Bürger, der 2 Minuten zu spät wegen Parkplatzsuche ins Bürgerbüro kommt, weiterhin einen neuen Online-Termin vereinbaren muss? Oder wenn der Bürger lediglich seinen Ausweis abholen möchte, muss ebenfalls vorher ein Online-Termin vereinbart werden? Zahlreiche Beschwerden hierüber kann jeder in den Google-Bewertungen der Stadt Wunstorf einsehen.
„Die vielen (auch unsinnigen) Baustellen in Wunstorf sind derzeit für die Bürger eine Zumutung.“
Kerstin Obladen
Es wäre wünschenswert, wenn der Bürgermeister flexible Arbeits- und Urlaubszeiten in städtischen Kindergärten und Hort unterstützen würde. Schließlich hat er selbst Kinder.
Die regelmäßige Wartung/Reparatur der öffentlichen Gebäude sollte mehr im Vordergrund stehen. Hier wird so lange gewartet, bis ein „Abriss“ unvermeidbar erscheint. Die vielen (auch unsinnigen) Baustellen in Wunstorf sind derzeit für die Bürger eine Zumutung. So wird eine Baustelle geschlossen, kurze Zeit später wieder geöffnet bzw. nachgebessert, weil es Fehlentscheidungen gegeben hat. Es sollte mit Vernunft mit unseren Steuergeldern umgegangen werden!
Die Bürger haben sich positive Veränderungen gewünscht. Leider gewinne ich den Eindruck, dass es auf ein „weiter so“ hinausläuft. Schade.
in Teil 2: Die Antworten von SPD, CDU und Grünen
Schreibe einen Kommentar