Wunstorf (red). Der Blick des Bürgermeisters auf die gute erste Hälfte seiner Amtszeit ist das Eine. Die Meinung der politischen Akteure aus dem Rat das Andere. Die Auepost hat Martin Ehlerding, den Chef der SPD-Fraktion, der stärksten Gruppierung in diesem Rat, ebenso gefragt wie Christiane Schweer vom Koalitionspartner CDU, die oppositionellen Grünen und ihre Sprecherin Anne Dalig, den einsamen FDP-Mann Klaus Maurer, die AfD und ihren Sprecher Detlev Aders sowie Kerstin Obladen, die jetzt für die Freien Wähler aktiv ist.
Die Zeugnisse der Fraktionsführungen und Einzelkämpfer fallen unterschiedlich aus. Wie könnte es anders sein? Eine Vier plus wird von rechts außen gezeigt, Grüne und FDP stimmen in Kritikpunkten überein und unterscheiden sich doch, das Lager des Bürgermeisters applaudiert wie erwartet, aus Richtung der Freien wird an zurückliegende Wahlversprechen erinnert und die CDU schwankt zwischen Zufriedenheit und Zurückhaltung.
Die Redaktion gibt die Ausführungen hier im Original wieder.
Martin Ehlerding, SPD
Die Wahlperiode des Rates und des Bürgermeisters ist mittlerweile zur Hälfte beendet und man kann eine Zwischenbilanz ziehen. Mit Fug und Recht kann man wohl sagen, dass es sich um besondere, nicht gerade einfache Zeiten handelt. Mit dem 01.11.2021 lag der Beginn der Wahlperiode noch in Zeiten der Coronapandemie. Die Rückkehr in „normale“ Verfahrensabläufe stellte nach langer Zeit auch eine Herausforderung dar. Hinzu kam der Angriff Russlands auf die Ukraine Ende Februar 2022, der die Kommunen in Deutschland auch direkt durch erhöhte Flüchtlingszahlen und die Frage nach der Energieversorgung betraf.
Bei alle dem ist der Bürgermeister stets an den Themen, die die Stadt bewegen. Carsten Piellusch setzt sich für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt ein. Sein Handeln ist dabei nicht von Beliebigkeit geprägt. Viele Projekte wurden in der ersten Hälfte der Wahlperiode angestoßen. Die Innenstadt liegt Carsten Piellusch am Herzen. Eine Citymanagerin wurde eingestellt, die sich gezielt um die Innenstadt kümmert. Viele Vorhaben und Ideen zur Gestaltung der Fußgängerzone sind auf dem Weg. Und mit dem neuen Vorsitzenden der Werbegemeinschaft verbessert sich auch wieder die Beziehung zu dieser.
„In unheimlichen vielen Bereichen bewegt sich also etwas“
Martin Ehlerding
Die Fertigstellung des Feuerwehrgerätehauses Mesmerode/Bokeloh steht in diesem Jahr bevor. Die Planung von sage und schreibe vier weiteren Feuerwehrgerätehäusern in den Ortsteilen ist auf den Weg gebracht. Die Verwaltung hat die Mamutaufgabe angenommen und plant den Umbau aller Grundschulen zu Ganztagsschulen. Hinzu kommt die Umgestaltung und Modernierung des Barne-Schulzentrums. In unheimlichen vielen Bereichen bewegt sich also etwas.
Die Zusammenarbeit der Fraktionen von SPD und CDU ist gut, zielorientiert und in der Regel auch harmonisch. Die im Koalitionsvertrag gesteckten Ziele sind ganz überwiegend in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister angestoßen. Es gibt einen Entwicklungsplan für Baugebiete. Unsere Stadt soll die Chance zu einem moderaten Wachstum erhalten. Die Anzahl der Betreuungsplätze im Krippen- und Kindergartenbereich wurden ausgebaut. Aktuell werden die Sportstätten auf Antrag der Mehrheitsgruppe überprüft und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Der Ausbau der regenerativen Energien hat Eingang in die städtischen Planungen gefunden. Ein Erfolg war die Förderung von Balkonsolaranlagen.
Hinzu kommen Maßnahmen, die fertig gestellt wurden: die Modernisierung des Stadttheaters, die Neugestaltung der Strandterrassenplatzes in Steinhude, die Begleitung des Bauvorhabens „Mühlenaue“ als gutes Beispiel für die Nachnutzung eines Industriegeländes ebenso die Fortentwicklung des Inno-Parks auf dem Gelände von K+S in Bokeloh, die Neuansiedlung von Gewerbe in Wunstorf Süd und vor allem von Airbus mit dem Wartungszentrum am Fliegerhorst. In unserer Stadt bewegt sich unheimlich viel.
In der zweiten Hälfte der Wahlperiode wird es vor allem um die Umsetzung der jetzigen Beschlüsse gehen. Bei immer mehr Pflichtaufgaben und knapper werdenden Geldmitteln müssen andere Wünsche voraussichtlich etwas länger auf die Umsetzung warten. In der Zusammenarbeit von SPD und CDU geht es um einen konstruktiven Umgang mit den Aufgaben, die sich der Stadt stellen. Dagegen habe ich den Eindruck, dass einige Ratsmitglieder, die den Mehrheitsfraktionen nicht angehören, eher nach einer Gelegenheit suchen, den Bürgermeister und die Ratsmehrheit anzugreifen, denn an der Lösung der Probleme zu arbeiten.
„das Ergebnis wird nicht negativ ausfallen“
Das bedeutenste Thema der letzten Wochen und Monate war die Entwicklung bei der Stadtsparkasse Wunstorf. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsrates zu Beginn des Jahres, einen personellen Neuanfang zu wagen und damit auch eine neue Ausrichtung in der Geschäftspolitik einzuleiten, ist es leider zu personellen Engpässen bei der Stadtsparkasse gekommen. Der Verwaltungsrat hat seine Möglichkeiten reichlich ausgeschöpft und insbesondere der Bürgermeister hat als Verwaltungsratsvorsitzender viel Zeit und Kraft in die Bewältigung der Krise gesteckt. Man muss dabei beachten, dass die Personalverantwortung weiterhin beim Vorstand liegt und nicht beim Verwaltungsrat. Um alle Möglichkeiten offen zu halten, den Sparkassenstandort Wunstorf auch langfristig zu erhalten und schließlich unter deutlichen Hinweisen der Bankenaufsicht, wurden Gespräche mit der Sparkasse Hannover als Partner aufgenommen. Die Fusionsgespräche verlaufen gut und das Ergebnis wird für die Stadt Wunstorf, die Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden nicht negativ ausfallen.
Zum Schluss eine Bemerkung zur aktuellen politischen Gefühlslage: Die Kommentierung der politischen Entscheidungen – insbesondere auf Internetplattformen – ist zunehmend davon geprägt, dass die Entscheidungen innerhalb der Stadt immer negativ bewertet werden. Teilweise kann man lesen, dass Politiker und Verwaltung doch leichtfertig handeln, wenn sie dort eine Bebauung ermöglichen oder hier sich für ein Vorhaben aussprechen. Soweit ein Vorhaben mal nicht durchgewunken wird, wird man verteufelt, als Blockierer tituliert. Das zeigt aber nur, dass Entscheidungen nicht nach einer Blaupause gefasst werden können, sondern jedes Projekt und Vorhaben für sich entschieden werden muss. Es muss eine Abwägung aller Interessen erfolgen, zuvörderst das Allgemeininteresse, Einzelinteressen müssen auch mal zurückstecken. Der demokratische Diskurs lebt auch vom Kompromiss und dieser muss nicht schlecht sein, sondern er ermöglicht es vielen, ihre Meinung zu einem Teil wiederzufinden. Am Ende jedenfalls möchten der Bürgermeister und die Mitarbeiter der Verwaltung sowie die Mitglieder der Ortsräte und des Stadtrates stets das Beste für unsere Stadt erreichen.
Christiane Schweer, CDU
Zu Beginn der Amtszeit des Bürgermeisters traten zunächst Kommunikationsdefizite auf. Dieses hat sich innerhalb des ersten halben Jahres deutlich gebessert, sodass wir jetzt einen guten Informationsaustausch gefunden haben. Bei gelegentlich auftretenden unterschiedlichen Auffassungen konnte bisher immer ein guter Kompromiss ausgehandelt werden.
Da sich gesellschaftliche Rahmenbedingungen geändert haben, ist die kommunalpolitische Arbeit insgesamt schwieriger geworden als noch vor 2020. In dieser Situation hat sich meiner Meinung nach der Bürgermeister gut arrangiert.
In der großen Koalition arbeiten wir konzentriert unsere Punkte aus dem Koalitionsvertrag ab und können dabei auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister setzen.
Anne Dalig, Bündnis 90/Die Grünen
Nach der Hälfte einer Wahlperiode ist es an der Zeit, auf das bereits Erledigte zurückzublicken und Bilanz zu ziehen. Aus Sicht der Opposition fällt diese anders aus als aus Sicht der Regierenden. Wir haben vor zweieinhalb Jahren bewusst die Opposition gewählt und konnten dadurch auch unser Profil stärken. Natürlich konnten wir viele Ideen aus unserem Wahlprogramm nicht umsetzen, weil uns die politische Mehrheit fehlt. Das haben wir auch so erwartet, allerdings haben wir weiter auf konstruktive Gespräche gehofft. Da sind wir aber häufig auf taube Ohren gestoßen.
Es gab in Wunstorf seit November 2021 einen politischen Neuanfang mit einer großen Koalition und einem neuen Bürgermeister. Seitdem beobachten wir in vielen Dingen einen Stillstand. Die Aufgaben und Probleme unserer Stadt bleiben, und große Wahlversprechen wurden bis jetzt nur zögerlich begonnen. Vielmehr werden die Beschlüsse der letzten Wahlperiode als eigene Erfolge gefeiert!
Fehlende Kita-Plätze, baufällige Schulen und Feuerwehrhäuser, Klimawandel, Energiekrise und Flüchtende. Wir müssen die kommunale und gesellschaftliche Daseinsvorsorge auf Priorität 1 setzen und uns dann um die freiwilligen Aufgaben der Kommune kümmern, nicht andersherum. Ein kulturbegeisterter Bürgermeister muss alle Ehrenamtlichen im Blick haben.
Ein kulturbegeisterter Bürgermeister muss alle Ehrenamtlichen im Blick haben.
Anne Dalig
In den Wahlprogrammen des Bürgermeisters und der Groko waren bezahlbarer Wohnraum geplant, bekommen haben wir auch neue Wohnungen. Diese sind allerdings meist hochpreisig und helfen nicht weiter. Bauvorhaben wie z. B. die Barnesporthalle wurden groß geplant, wie der Verkehr dorthin kommt, war nicht im Plan. Die Vorlagen der Verwaltung sind häufig nur projektbezogen, es gibt wenige Gesamtkonzepte. Dadurch wird viel Zeit verschwendet.
Manchmal steht den Entscheidungen der juristische Background im Weg, dadurch verzögert sich manches. Auch war die Zusammenarbeit häufig kritikfähig, da sie nur im kleinen Kreis mit einigen wenigen Menschen aus dem persönlichen politischen Umfeld stattfand, die Opposition war außen vor. Hier gibt erst seit wenigen Wochen eine Änderung, die nach einer verschärften Kritik durch uns angeboten wurde.
Auffällig ist jedoch, dass es häufig starke Differenzen mit unterschiedlichen Institutionen unserer Stadt gibt. Das bringt Wunstorf nicht weiter und schadet Wunstorf. Wir wünschen uns vom Bürgermeister eine bessere Zusammenarbeit mit allen, die sich für und in Wunstorf einbringen. Hier sollte nicht auf alten festgefahrenen Meinungen bestanden werden, sondern neue Ideen müssen innovativ betrachtet und geprüft werden.
Positiv bewerten wir, dass nun endlich mit einem Radverkehrskonzept begonnen wird. Durch einen Runden Tisch Radverkehr wurden unterschiedliche Meinungen eingebracht. Diese Form der Zusammenarbeit ist auch bei anderen Projekten wünschenswert. Gemeinsam mit dem Wunstorfer Bauverein und Stadtmobil haben die Grünen, nachdem unsere zweijährigen Bemühungen mit der Stadtverwaltung um eine Einführung des Carsharings erfolglos blieben, endlich in der Barne ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Wir hoffen, dass sich die Stadt nun dem positiven Beispiel anschließt und ebenfalls aktiv auf Carsharing setzt.
in Teil 1: Die Antworten von FDP, AfD und Freien Wählern
Kommt auch ein Teil 3, in dem die Bürger befragt werden, oder vielleicht die Mitarbeiter in der Verwaltung oder von der Feuerwehr? Von Politikern kann man hier ja nicht wirklich Klarsprech erwarten – eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus…
Wenn man bedenkt, dass Kommunalpolitiker sich gegenseitig eher nicht öffentlich kritisieren, kommt Herr Piellusch im Ganzen gefühlt nicht über ein „ausreichend“ hinaus.
Frau Schweers Zurückhaltung ist für Sie ja schon bemerkenswert mutig, wo sie die CDU in Wunstorf doch in Richtung Abnickverein geführt hat.
Herr Ehlerding urteilt im Interesse seiner SPD. Sein Lob für die WGW, dass ihr erster Vorsitzender sich wie ein schwacher Politiker benimmt aber nicht wie ein Vertreter der Händlerschaft, zeigt, wie die SPD ihre Bürger mag.
Frau Dalig sagt es: Es gibt Gründe wieso die Grünen nicht mehr in eine Koalition mit der SPD wollten.