
Wunstorf (as). Die Kanalisation ist zum Teil offenbar so marode, dass die Stadt in jedem Fall handeln muss. So hat es nicht zuletzt Bürgermeister Carsten Piellusch (SPD) vor kurzem in einem großen Zeitungsinterview zum Thema Fußgängerzone dargestellt. Das Pflaster müsse in jedem Fall aufgenommen, das Leitungssystem weitgehend erneuert werden, heißt es. Nichts zu tun sei angesichts der Schäden keine Option, betont der Bürgermeister.
Auch während der mehrstündigen Tagung des Preisgerichts zum Wettbewerb für die Neugestaltung der City haben die Schäden im Leitungssystem und deren Lage und Ausmaß am Rand der Beratungen eine Rolle gespielt. Mitarbeiter der Stadtverwaltung berichteten anhand von Unterlagen und Fotos von erheblichen Rohrbrüchen.
Die Redaktion der Auepost hat im Rathaus nachgefragt: Wann ist mit einer Offenlegung der Ergebnisse der innerstädtischen Kanaluntersuchungen zu rechnen? Sind die Schäden im Bereich Lange und Nordstraße so gravierend, dass kurzfristig mit Reparaturarbeiten zu rechnen ist?
Hier die Antwort im Wortlaut, die Rathaus-Sprecher Daniel Pfingsten übermittelt hat: „Im Frühjahr hat eine durchgeführte Kamerabefahrung ergeben, dass sich der Zustand des Kanalnetzes in den letzten fünfzehn Jahren seit der letzten Befahrung deutlich verschlechtert hat. Dabei wurden zahlreiche Schäden festgestellt. Bildliches Material von der Befahrung, das das Schadensbild zeigt, werden wir zeitnah über unsere eigenen Social-Media Kanäle in Form von Clips veröffentlichen.“
Im Moment, so teilt der Stadtsprecher mit, würden sich keine Reparaturarbeiten abzeichnen. Die seien aber in der Regel auch nicht vorherzusehen. Das habe sich im Frühjahr gezeigt, „als mitten (und ungeplant) in der Fußgängerzone Reparaturarbeiten notwendig waren“.
Wie Bürger informiert werden, die soziale Medien nicht nutzen, bleibt offen. Ebenso unklar ist, ob und wann die Fraktionen des Rates offiziell beteiligt werden. So löst die Informationspolitik des Rathauses Verwunderung und Verärgerung aus. Aus der CDU ist zu hören, moderne Kommunikationsmittel sollten genutzt werden. Aber die klassischen Wege der Information dürften nicht auf der Strecke bleiben.
Noch sind die städtischen Gremien nicht offiziell über die Kanalbefahrung mit Spezialkameras unterrichtet worden. Es gibt keine Vorlage dazu und keinen Tagesordnungspunkt für die zuständigen Gremien. Während das Rathaus auf Zeit zu setzen scheint und vor allem auf Nachfragen reagiert, geht die Wunstorfer SPD in die Offensive: Die Ratsfraktion veröffentlicht in den sozialen Medien „7 Punkte zur Debatte um die Fußgängerzone“ und führt dabei den schlechten Zustand der Kanalisation als Argument an. Sie bezieht sich dabei offenbar auf Fakten, die offiziell noch nicht beraten worden sind.

Kommentar der Wunstorfer Grünen dazu: „Spannend, dass die SPD nun die Öffentlichkeitsarbeit für die Verwaltung übernimmt.“ Dass die Stadtverwaltung wieder nur „reaktiv“ informiere, sei ein großes Problem, kritisiert Marvin Nowak, der Fraktionssprecher der grünen Ratsfraktion: „Wer von dringendem Handlungsbedarf bei der Kanalisation spricht, gleichzeitig aber erklärt, es bestehe kein akuter Reparaturbedarf, sendet widersprüchliche Botschaften – und schafft so kein Vertrauen.“
Unverständlich sei, so Nowak weiter, dass „Ergebnisse solcher Tragweite nur über Social Media verbreitet werden sollen“. Er habe bereits im Verwaltungsauschuss gesagt, dass dies „nicht reicht“: Nicht alle Menschen würden ihre Informationen aus Instagram oder Facebook beziehen. Nowak: Wer Beteiligung und Transparenz ernst meine, informiere zuerst breit und öffentlich – „und nicht erst auf Nachfrage oder in Clips“.
Pfingsten berichtet noch, die Schmutzwasser-Kanalisation sei zwischen 1956 und 1965 gebaut worden, in der Innenstadt wahrscheinlich vor 1960. Nach den heute geltenden Maßstäben seien die Schmutzwasserkanäle bereits lange abgeschrieben. Regenwasser-Kanalisation in der Nord- und Südstraße sei ab Januar 1949 verlegt worden. Bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren seien auch diese Anlagen bereits lange abgeschrieben.
Soso auf einmal, so kann man auch den Neubau der Fussgängerzone voran treiben
Liebe Auepost, vielen Dank für die Verlinkung auf unsere 7 Fakten!
Gerne stehen wir für Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung.
Am Samstag von 10:30 bis 12:30 Uhr sind wir mit einem Infostand in der Fußgängerzone vertreten und freuen uns auf viele gute und konstruktive Gespräche!
Laut Internetseite der Stadt gibt es für die Kanäle extra eine Fachabteilung. Da steht nichts von SPD.
Oder gibt es keinen Unterschied mehr zwischen SPD und Stadtverwaltung?
???
Mir erschließt sich der kausale Zusammenhang nicht wirklich. Nur weil der Zustand der Kanalisation in Teilen bedenklich ist, muss man die komplette Fußgängerzone neu gestalten? Wieso? Soweit ich weiß, muss man für viele Arten von Reparaturarbeiten an der Kanalisation noch nicht mal die Leitungen freilegen. Klingt so, als wenn man sich einen Vorwand sucht, für etwas, das man politisch unbedingt durchsetzen will – es aber sonst nicht schafft. Ich glaube niemand will eine solche Betonwüste wie auf dem Barneplatz auch noch in der Innenstadt haben – auch wenn unsere Stadtplaner offenbar ein Fan davon sind.