Wunstorf (ds). Die Zeiten, in denen es sogar Supermärkte im Wunstorfer Barneviertel gab, liegen lange zurück. Die Bäckerfiliale am Barneplatz wurde aufgegeben, vor einigen Jahren verkaufte ein Friseur nebenbei noch Schreibwarenbedarf. Dann gab es noch einmal den Versuch, einen eigenständigen Kiosk zu etablieren, der sich jedoch nicht halten konnte. Auch das liegt schon wieder fünf Jahre zurück. Zeitschriften oder täglicher Bedarf direkt im Viertel sind seitdem nicht mehr zu bekommen.
Bis vor zwei Wochen. Seitdem gibt es wieder einen Kiosk in der Barne – aber nicht unbedingt dort, wo man ihn erwarten würde. Nicht in einem der vorhandenen Gewerberäume wurde er errichtet – und auch nicht direkt an der Barneplatzseite. Es ist ein völlig neuer Raum auf der Rückseite der Barneplatzgeschäfte, der nun den „Barne-Kiosk“ beherbergt. Ein ehemaliger Garagenanbau wurde vollständig umgebaut und zum Kiosk umfunktioniert.
Zwischen den Jahren war bereits zu beobachten, dass sich hier etwas Größeres tat – und auch die ersten Hinweise auf einen Kiosk wurden sichtbar. Nun steht bereits seit zwei Wochen Elmoriyand Stefan Delasal hinter Fenster und Tresen und heckt eine neue Idee nach der nächsten aus, was noch alles im Kiosk zu machen ist.
Vor einigen Wochen kontrollierte der 31-Jährige noch Zugfahrkarten – jetzt ist er sein eigener Chef. Bei verschiedenen Bahnunternehmen hat er bislang gearbeitet, im bisherigen Berufsleben reichlich Gastronomie- und Serviceerfahrung gesammelt. Doch er war immer auf Achse, bediente in der 1. Klasse oder kontrollierte Fahrkarten, übernachtete in fremden Städten. Nun arbeitet er stationär, mit festen Arbeitszeiten. Daran muss sich der Familienvater erst noch gewöhnen.
Die Selbständigkeit war schon immer sein Traum, jetzt ist er den Schritt tatsächlich gegangen. Der Entschluss stand schnell, als er im vergangenen Jahr im Internet eine Annonce entdeckte, in der ein neuer Kiosk zur Vermietung angeboten wurde. Der Blumenauer ergriff die Chance – und setzt nun Schritt für Schritt seine Ideen um.
Das Angebot ist typisch Kiosk – vom Toilettenpapier über die Notfallnudelsauce bis zum Bier ist alles zu haben. Plus manches exotische Produkt. Südkoreanische Milchmischerfrischungsgetränke stehen im Regal neben dem normalen Kakao.
Der Verkaufsautomat in einer Nische vor dem Pavillon gehört zum Kiosk, ist derzeit noch nicht bestückt, wird in Zukunft aber ebenfalls von Delasal befüllt werden.
Zwei Besonderheiten gibt es beim Barne-Kiosk: Zum einen gibt es einen Drive-in-Schalter. Damit ist der Kiosk der zweite Kiosk in der Stadt, der eine Bestellung direkt aus dem Autofenster heraus ermöglicht. Wer auf den Parkplatz an der Johanneskirche fährt, ist damit auch gleichzeitig potentieller Drive-in-Kunde. Das Drive-in-Fenster wird auch als normales Kioskfenster genutzt: Manche Kunden kommen in den Kiosk, andere geben auch zu Fuß nur schnell ein Paket am Fenster ab. Delasal ist das egal – ob jemand den Kiosk betritt oder das Fenster nutzt, das bleibt jedem selbst überlassen.
Zum anderen soll der Kiosk der erste Kiosk der Stadt mit vollumfänglichem Lieferservice werden. Ältere Generationen hat der Neukioskbetreiber damit vor allem im Blick – deshalb gibt es neben Bestellmöglichkeiten auf Portal-Apps oder der Webseite auch bald noch eine klassische Telefonnummer, bei der man einfach anrufen kann für alle Wünsche.
Doch auch die Jüngeren nutzen den Service – bei einem Testlauf vor einigen Tagen war er selbst überrascht, wie schnell die Bestellungen eingingen, erzählt Delasal.
In Großstädten gebe es das bereits, nun soll es auch in Wunstorf kommen. Der Radius beträgt grob 7 Kilometer: Von Kolenfeld bis Großenheidorn, Steinhude und Hagenburg will er ausliefern. Noch ist es nicht so weit, denn aktuell in der Startphase ist der Kiosk noch ein Ein-Mann-Betrieb. Delasal will weiteres Personal beschäftigen für den Lieferdienst.
Auch im Kiosk selbst sollen Service und Angebot nach und nach ausgebaut werden. Sonntags sollen dann auch Brötchen-Vorbestellungen möglich sein. Die Backwaren bezieht er von der Bäckerei Pesalla.
Delasal will den Kiosk in Zukunft zum Treffpunkt weiterentwickeln, zu einem Ort, wo man sich auch für Klatsch und Tratsch trifft. Tische werden bald noch geliefert.
Dass er mit dem Kiosk an diesem Standort Erfolg haben wird, das glauben nicht alle. Viele skeptische Stimmen hat er schon hören müssen. Zu versteckt läge der Kiosk, nicht direkt am neuen Platz – und dann ist da im Moment auch immer noch die große Baustelle, die den Durchgangsverkehr noch für weitere Monate abhalten wird. Ein weiteres Gegenargument: Der letzte Kiosk sogar direkt am Barneplatz habe noch vor der Coronapandemie geschlossen. Wieso sollte es jetzt auf der Rückseite funktionieren?
„Ich will es allen beweisen“
Elmoriyand Delasal
Die Skeptiker könnten sich allesamt irren. Obwohl die Werbemaßnahmen erst anlaufen, hat er bereits jede Menge Laufkundschaft, der neue Kiosk hat sich im Barneviertel selbst bereits schnell herumgesprochen. Die Ersten geben Retourenpakete ab, Schüler kommen auf dem Schulweg vorbei. Hermes-Versand wird bereits angeboten, die ganze übrige Palette an Paketdiensten soll in Kürze dazukommen.
Dazu kommt ein Kioskchef, der für seinen Laden brennt. Elmoriyand Delasal ist fest entschlossen, erfolgreich zu werden. „Ich will es allen beweisen“, sagt er im Gespräch mit der Auepost. Sein Vorname ist einzigartig, sein Kiosk soll es ebenfalls werden.
Auch während er weiter von seinen Plänen berichtet, kommen immer wieder neue Kunden herein: Manche zum allerersten Mal, weil sie neugierig geworden sind, andere sind dem Neukioskbesitzer schon bekannt. Zeitungen und Zeitschriften gibt es aktuell noch nicht im neuen Kiosk, der Vertrieb muss erst eingerichtet werden. Mit einer Ausnahme: Das Auepost-Magazin ist bereits im Barne-Kiosk zu bekommen.
Lieber Herr Delasal,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Kiosk und den innovativen Ideen wie dem Drive-In und Lieferservice. Ihr Engagement und Mut, sich in einem schwierigen Umfeld selbstständig zu machen, verdient großen Respekt und ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Allerdings stellt sich mir eine Frage: Wie passt das Ziel der Stadt, eine „autofreie Barne“ zu fördern, mit einem Drive-In-Konzept zusammen? Darüber hinaus ist die lang andauernde Sperrung der Barnestraße aufgrund des Show-Bauprojekts Barnekreisel sicherlich auch nicht förderlich für den Erfolg Ihres Geschäfts oder die Mobilität in der Region.
Vielleicht könnte die Stadt hier stärker darauf achten, dass Verkehrsplanung und Gewerbeförderung besser harmonieren.
Ich bin gespannt, wie sich Ihr Projekt weiterentwickelt und hoffe, dass sich die Hindernisse nicht als allzu belastend erweisen! Viel Erfolg weiterhin!