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Brandstiftung nach der Heuernte (14. September 1920)

14.09.2020 • Aufrufe: 493

Pressespiegel 100 Jahre

Heute sind es meist unachtsam weggeworfene Zigaretten, die zu Flächenbränden führen. Doch auch wenn vor 100 Jahren gesitteter geraucht wurde und noch keine Katalysatoren von Autos das hohe Gras am Straßenrand entzünden konnten, hatte man dafür andere Probleme mit brennenden Feldern: Brandstiftung. Der Regierungspräsident in Hannover wandte sich deswegen auch an den für Wunstorf zuständigen Landrat und ließ am 14. September 1920 in der Leine-Zeitung verlauten:

In letzter Zeit sind mehrfach größere Erntebestände durch Feuersbrünste, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Brandstiftung zurückzuführen waren, vernichtet worden. Dass hierdurch die an sich schon schwierige Versorgung der Bevölkerung mit Brotgetreide noch weiter stark gefährdet werden kann, bedarf keiner weiteren Ausführung. Die Herren Landräte ersuche ich daher ergebens, mit allem Nachdruck darauf hinzuwirken, dass nicht allein die Gemeinden, sondern auch die einzelnen Landwirte auf einen den örtlichen Verhältnissen entsprechenden und ausreichenden Schutz der Erntevorräte, insbesondere bei der Nachtzeit Bedacht nehmen. Auf die Sicherung abgelegen stehender Feldscheunen und Korndiemen wird besondere Wert zu legen sein. Den Landjägerämtern wird besondere Aufmerksamkeit in dieser Beziehung zur Pflicht zu machen sein.

Wie man sieht, hat sich auch an der Behördensprache seit 100 Jahren nicht allzu viel geändert. Beliebt waren und sind nach wie vor endlos lange Schachtelsätze. Verändert hat sich jedoch die Form der Heuernte. Während der historische Text von Korndiemen spricht (große, für die Zwischenlagerung unter freiem Himmel aufgeschichtete Heuhaufen mit einer kegelförmigen Spitze), hat die Erfindung der Rundballenpresse diese Ernteart in Vergessenheit geraten lassen.

Heutzutage werden keine Diemen mehr gebildet: Rundballen aus Stroh liegen aufgereiht vor dem Kaliberg. | Foto: Mirko Baschetti

Auch Landjägerämter gibt es längst nicht mehr. Landjäger hießen damals die Polizeibeamten, die im ländlichen Raum über Recht und Ordnung wachten. Sie waren zu Fuß oder mit dem Pferd unterwegs. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde aus den Landjägern wieder die „Gendarmerie“. Heute würde man für den Begriff einfach „Polizeistation“ sagen. Ein verwandter Begriff hat sich jedoch in der Bundeswehr gehalten: Dort heißt die Militärpolizei bis heute „Feldjäger“.

[box type=“info“ align=““ class=““ width=““]Wir schreiben das Jahr 1920. In den USA beginnt die Prohibition, und Wunstorf ist eine kleine, landwirtschaftlich geprägte Ortschaft in der preußischen Provinz Hannover. Der Erste Weltkrieg ist gerade zu Ende gegangen, die Menschen erleben viele Umbrüche in der ersten deutschen Demokratie. Die „Goldenen Zwanziger“ stehen vor der Tür.[/box]



veröffentlicht am: 14.09.2020 • Aufrufe: 493
Daniel Schneider
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