Steinhude (ds). Das darf im Jahresrückblick nicht fehlen: Die kuriose Geschichte von der gestohlenen Wurst. Auepost-Kolumnist Horst K. hatte es im Sommer geahnt: Die „Steinhuder Bratwurstentführung“ könnte sich zu einer neuen Touristenattraktion entwickeln. Und tatsächlich wurde die wiederaufgestellte Wurst in der zurückliegenden Saison zum Selfie-Hotspot: Touristen fotografierten sich mit der Wurst, die Berühmtheit erlangt hatte, nachdem sie von Jugendlichen aus einer Bierlaune heraus mit dem Taxi abtransportiert worden war.
Nicht ganz unschuldig daran war Wurstbesitzer Peter Hoedt. Denn wenn man dem Steinhuder Gastronomen eines nicht vorwerfen kann, dann, dass er nicht auf Kritik reagieren würde. Nachdem sich infolge der ursprünglichen Berichterstattung viele Kommentatoren über die „verbrannte“ Wurst mokiert hatten, war kurzerhand zur Sprühdose gegriffen worden. Seitdem zog die Bratwust noch mehr Blicke auf sich – und hat ihren Wiedererkennungswert deutlich gesteigert. Doch Ursache für die große mediale Präsenz war auch das hiesige Kommissariat: Die Polizeimeldung zum Wurstdiebstahl hatte es in der nachrichenarmen Zeit bis in den DPA-Newskanal geschafft – und landete von dort bundesweit in den Panorama-Spalten der großen Zeitungen und Portale.
Die Polizei, nun unter besonderem Ermittlungsdruck stehend, hatte einen schnellen Fahndungserfolg – und bewies Humor, indem sie die aus den Fängen ihrer Entführer befreite Wurst auch stolz der Öffentlichkeit präsentierte. Die Bratwurst kam vorübergehend in „Polizeigewahrsam“, bis sie Eigentümer Hoedt wieder ausgehändigt werden konnte.
Die Auepost wusste zudem, mit welchen Schlagworten man die Satireredaktionen richtig triggert – und so landete die Steinhuder Wurstentführung auch noch im Fernsehen:
In der Carolin-Kebekus-Show vom 17. Juni 2021 spekulierte die Gastgeberin im ersten Programm genüsslich über die Hintergründe der Bratwurstentführung – nicht ohne der Polizei auf persönliche Art Respekt zu zollen für das Wurstfoto. Kebekus sprach vom Wurst-Case-Szenario und vermutete gleich „Salamisten“ hinter dem Diebstahl.
Spätestens jetzt hatte die Steinhuder Wurst Promi-Status in Deutschland. Und auch Hoedt bewies wieder Humor: Die nun ganz besondere Wurst wurde nicht nur vergoldet, sondern bekam auch die übrige Behandlung, die einem Promi zusteht: Nun wurde die Wurstattrappe auf den „roten Teppich“ gestellt und mit schwerer Kordel-Absperrung vor erneutem Diebstahl „gesichert“. Einen Türsteher, der die Kordel für japanische Touristen kurz entfernt hätte, gab’s zwar nicht für Steinhudes neueste Sehenswürdigkeit, jedoch bewachte zeitweilig „Security“ in Form eines amerikanischen Polizeiwagens das Objekt. Bislang hat die Abschreckung funktioniert – ein erneuter „Mundraub“ wurde nicht bekannt.
Eine Frage, die die Stadt in der Folgezeit diskutierte, wurde jedoch nicht mehr angesprochen: Hat er nachgeholfen – oder hat er nicht? War die Entführung ein genialer „PR-Stunt“, bei dem ein paar Jugendlichen ein Taxi zur Wurst spendiert wurde, um mal mit dem eigenen Laden ins Rampenlicht zu kommen? War alles von vorne bis hinten inszeniert, und sogar die Polizei hat mitgespielt? Für viele schien klar zu sein: So was passiert nicht in echt, „Wurstentführungen“, das muss sich jemand ausgedacht haben.
„Nein, so was kann man sich nicht ausdenken“, versichert Hoedt: Im Gespräch mit der Auepost beteuert er, von der verschwundenen Bratwurst genauso überrascht worden zu sein wie der Rest der Stadt. Ein Gast habe ihm Bescheid gesagt, dass jemand seine Bratwurst in ein Taxi verladen würde – daraufhin hätte er sich sofort nach Steinhude begeben – doch sei zu spät gekommen. Die Wurst war weg. Daraufhin habe er selbst noch einige Stellen angefahren, wo er die Diebe vermutete, berichtet Hoedt, doch sei er dann am nächsten Tag schließlich zum Kommissariat nach Wunstorf, um Anzeige zu erstatten, als die Wurst verschwunden blieb. Wäre der Vorfall inszeniert gewesen, hätte sich Hoedt ab diesem Punkt selbst strafbar gemacht: Mit dem Anzeigen einer vorgetäuschten Straftat erfüllt man einen eigenen Straftatbestand.
Doch die Aktion blieb auch für die Jugendlichen folgenlos: Die Wurst war wieder da, Hoedt bekam seinen Kasten Bier als Entschuldigung, und auch der Rechtsstaat konnte somit über die Tat letztlich lächeln – die Delinquenten hatten juristisch nichts mehr zu befürchten.
Der Dienstschichtleiter bei der Polizei, der Humor bewiesen hatte, musste sich noch einige Worte vom Vorgesetzten anhören – derart im Medienmittelpunkt zu stehen, bis in ARD-Comedyformate zu gelangen, das hatte es bis dato noch nicht gegeben. Es hat dem Ansehen des Kommissariats Wunstorf jedoch nicht geschadet. Genialere Öffentlichkeitsarbeit kann man sich kaum vorstellen, denn jetzt weiß die ganze Nation: Die Freunde und Helfer aus Wunstorf sind zur Stelle, wenn’s um die Wurst geht.
zuerst erschienen in Auepost 21 (Winter 2021/22)
Meiner Meinung nach kann man über Peter Hoedt denken, was man will. Aber eins steht fest: Ideen hat er!
Peters Wurst ist die geilste
Ich Schwöre!!!
Beste Grüße vom goldenen Keks aus Hannover