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Ukraine-Flüchtlinge sollen schon nächste Woche ins Steinhuder Schulzentrum – private Unterkünfte kurzfristig nicht beziehbar

05.04.2022 • Redaktion • Aufrufe: 1822

Die Stadt schafft kurzfristig neuen Wohnraum für Ukraine-Flüchtlinge: Schon ab kommender Woche könnte der Einzug in das ehemalige Steinhuder Schulzentrum erfolgen. Angebotene Wohnungen werden weiter geprüft, kurzfristig waren darunter bislang jedoch keine sofort bezugsfertigen Räumlichkeiten zu finden.

05.04.2022
Redaktion
Aufrufe: 1822
Stillgelegtes Schulzentrum
Ein Trakt des ehemaligen Steinhuder Schulzentrums | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf/Steinhude (red). Menschen aus der Ukraine, die sich in den vergangenen Wochen in der Stadt als Flüchtlinge meldeten, kamen vor allem im Wohnheim Luther Weg oder in Hotelzimmern unter. Auch privat fanden einige Geflüchtete über persönliche Kontakte Unterschlupf. 32 private Wohnungen werden derzeit als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Die Stadt hatte außerdem dazu aufgerufen, freien Wohnraum zu melden, um auf diesem Weg weitere Wohnungen zur Flüchtlingsunterbringung anmieten zu können.

Die Resonanz auf die Aufrufe war dabei ausgesprochen gut – 149 Vermieter boten Wohnraum zur Unterbringung von Flüchtlingen an. Drei Teams der Stadt kümmern sich nun darum, diese Angebote vor Ort zu sichten und hinsichtlich der Geeignetheit zur Flüchtlingsunterbringung zu bewerten. Gut ein Viertel davon, 36 Wohnungen, wurden bislang unter die Lupe genommen – jedoch konnte davon bislang keine einzige zur sofortigen Nutzung verwendet werden. Entweder die Angebote erfüllten nicht die Kriterien zur sofortigen Unterbringung von Geflüchteten, etwa wegen Schimmelbefall oder ungeeigneter baulicher Gegebenheiten – oder Vermieter zogen ihre Angebote kurzfristig wieder zurück.

„Wir freuen uns über jedes Angebot und die große Anteilnahme in der Stadt“

Stadtsprecher Alexander Stockum

Bislang keine einzige Wohnung sofort beziehbar

Auch versuchten Vermieter Profit aus der Flüchtlingssituation zu schlagen, Solidarität mit Geflüchteten wurde in diesem Sinne eher mit Solidarität für den eigenen Geldbeutel übersetzt: So sollen der Stadt in Einzelfällen unter anderem Ferienwohnungen zur Unterbringung angeboten worden sein, die teils über 100 Euro Miete pro Tag kosten sollten.

Die Verwaltung geht jedoch davon aus, dass nach Begutachtung der restlichen Angebote geeignete Wohnungen zu finden sein werden. Aktuell konzentriert man sich noch auf die Erstbegutachtung – in einer zweiten Phase könnte dann geprüft werden, welche der nicht sofort nutzbaren Wohnangebote zeitnah zu entsprechenden Unterkünften ausgestattet werden können. Dazu gehören beispielsweise auch ganz profane Dinge wie die Möglichkeit, Wäsche zu waschen.

Steuern lässt sich der Zustrom nur teilweise: Zwar werden der Stadt keine neuen Flüchtlinge von der Region zugewiesen, wenn keine Aufnahmeplätze mehr als frei gemeldet werden können - doch trotzdem bleibt die Stadt für alle Flüchtlinge verantwortlich, die von sich aus in Wunstorf erscheinen und um Hilfe ersuchen.

Die in Großenheidorn lange leer stehende und in Reserve gehaltene Flüchtlingsunterkunft aus Containern wäre nun dringend gebraucht worden, doch sie war keine Option mehr – die Verträge waren nicht verlängert und die Module noch vor Kriegsausbruch anderweitig verkauft worden. Der Abtransport sollte in diesen Tagen erfolgen. Die aktuelle Entwicklung war im vergangenen Jahr nicht vorherzusehen gewesen, die scheinbar dauerhafte Finanzierung von Leerstand war inakzeptabel. In der Folge werden die zur Verfügung stehenden Plätze nun allmählich knapp. Im Wohnheim am Luther Weg waren mit Stand von Montag zum Beispiel nur noch 2 Plätze für Ukraineflüchtlinge vorhanden. Verschärfend kommt hinzu, dass auch einige Wunstorfer Privathaushalte, die unmittelbar nach Kriegsausbruch und des einsetzenden Flüchtlingsstromes ukrainische Flüchtlinge aufgenommen haben, nun die Verantwortung doch wieder an die Stadt abgeben wollen, da die Aufgabe unterschätzt oder nicht mit einer längeren Kriegsdauer gerechnet wurde. Somit fallen zumindest derzeit Unterkünfte sogar eher fort, als dass neue hinzukommen würden.

80 Flüchtlinge wohnen bald am Meer

Daher wird nun parallel zur Wohnungssuche eine andere Lösung forciert, die zunächst eigentlich nur als Notlösung in der Hinterhand gehalten wurde: Die Herrichtung eines Teiles des ehemaligen Steinhuder Schulzentrums. Das Gebäude, bei dem schon die ersten Vorbereitungsmaßnahmen für den anstehenden teilweisen Abriss getroffen wurden, soll nun zum neuen provisorischen Flüchtlingswohnheim werden. Der Abriss und damit auch die weiteren Pläne für das Gelände sind damit vorerst auf Eis gelegt. Bäume und Strauchwerk wurden allerdings bereits gerodet. Die Neubebauung und Nachnutzung ist damit aber nur aufgeschoben, die Umwandlung in ein Sport- und Kulturzentrum soll zu einem späteren Zeitpunkt kommen.

Im Schulzentrum waren zuletzt die Außenstelle des Hölty-Gymnasiums und die Graf-Wilhelm-Realschule untergebracht. Zum Schuljahr 2019/20 endete der Schulbetrieb. | Foto: Daniel Schneider

Stattdessen wird nun Geld in das Abrissgebäude gesteckt, um es notdürftig als Unterkunft nutzbar zu machen. Zunächst für 80 Flüchtlinge soll Wohnraum in alten Klassenzimmern entstehen. Damit soll nach Möglichkeit verhindert werden, dass Flüchtlinge kurzfristig in Sporthallen untergebracht werden müssten. Neben dem Umstand, dass Turnhallen keine geeignete Wohnmöglichkeit darstellen, käme es außerdem zu Beeinträchtigungen für den Sport- und Schulbetrieb, und im Falle von Coronainfektionen sei eine Isolierung kaum möglich. Dieses Szenario möchte die Stadt vermeiden, es ist ultima ratio einer menschenwürdigen Unterbringung. Die Plätze können zu einem späteren Zeitpunkt auch noch aufgestockt werden.

Die Frage nach einem alternativen und womöglich günstigeren Neubau von Containeranlagen statt der Instandsetzung von Teilen einer zum Abriss bestimmten Schule stellt sich erst gar nicht: Entsprechende Module sind derzeit am Markt nicht mehr zu bekommen.

Turnhallenunterbringung nicht auszuschließen

Die Instandsetzung erfolge dabei schrittweise, heißt es aus dem Rathaus: Wichtig ist, dass die Anlage schnellstmöglich zumindest für die ersten Bewohner zur Verfügung stehen kann. Schon in der kommenden Woche, spätestens Mitte April sollen die ersten Flüchtlinge im Schulzentrum einziehen können.

Die Frage der Flüchtlingsunterbringung könnte jedoch noch dringlicher werden, wenn der Krieg in der Ukraine andauert und weiterhin kontinuierlich Flüchtlinge auch nach Wunstorf kommen: Bürgermeister Carsten Piellusch wollte im Gespräch mit der Auepost nicht ausschließen, dass es dann tatsächlich auch zur behelfsmäßigen Unterbringung von Flüchtlingen in Turnhallen kommen könnte. Man versuche jedoch, durch entsprechende Maßnahmen stets „vor der Welle“ zu bleiben, was momentan auch noch gelänge.

Nach aktuellem Stand sind derzeit 211 Ukrainer als Geflüchtete in der Stadt registriert. Wöchentlich wird mit weiteren 10 bis 15 Neuankommenden gerechnet. 47 Kinder besuchen inzwischen den Unterricht in Wunstorfer Schulen.

Mit der Bezugsfähigkeit des Steinhuder Schulzentrums wäre dann zumindest erst einmal wieder Zeit gewonnen, in der weitere Lösungen erarbeitet werden können und eben keine Familien in Turnhallen schlafen müssen. In der Verwaltung setzt man auch die Hoffnung darauf, dass der Krieg in der Ukraine nicht mehr zu lange andauere.

Nicht nur Ukrainer kommen nach Wunstorf

Die Region Hannover ist trotz des eingerichteten „Drehkreuzes“ am Messebahnhof Laatzen weiter ein Ziel für die Ankommenden. Keineswegs nehmen alle in Hannover ankommenden Ukraineflüchtlinge einen Zug weiter ins übrige Bundesgebiet, sondern bleiben auch in der Region. Das ist entsprechend auch in Wunstorf zu spüren. Veränderungen beim Flüchtlingsstrom nach Wunstorf sind dabei bislang nicht zu registrieren, die Zahl der Ankommenden liegt weiterhin konstant bei etwa 10 bis 15 Personen wöchentlich. Weitere Zuweisungen von ukrainischen Flüchtlingen gebe es derzeit nicht, doch gibt es auch weiterhin Zuweisungen von Asylsuchenden: Aktuell werde eine 7-köpfige Familie aus Afghanistan aufgenommen, berichtete der Bürgermeister dem Verwaltungsausschuss. Hinsichtlich der Geflüchteten aus der Ukraine setze man sich zudem bei der Landesregierung dafür ein, dass auf die besondere Situation in der Region Rücksicht genommen werde, so Piellusch zur Auepost.

Bei gleichbleibendem Zustrom wäre die Schulzentrum-Unterkunft rechnerisch somit womöglich Mitte Mai bereits voll belegt, gäbe es gar keine weitere Akquirierung von Wohnraum. Vermieter sind daher weiterhin aufgerufen, freien Wohnraum an die Stadt zu melden.

Die Registrierung von Flüchtlingen ist nun ins Bürgerbüro verlegt, jeden Mittwoch zwischen 14 und 18 Uhr kann hier ohne Termin vorgesprochen werden. Es werden dann ggf. Wartezeiten genannt, damit nicht in der Schlange gestanden werden muss, die Anfragen sollen jedoch noch am selben Tag bearbeitet werden.
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Kommentare


  • Grit D. sagt:

    Erinnerungen an 2015/16 bleiben bei mir nicht aus:
    bereits damals wollten sich Vermieter*innen an geflüchteten Menschen „gesund stossen“.
    Mit Verlaub: zum Kot***!

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