
Die Straße „In der Kleinen Südheide“ in Wunstorf wird man langfristig umbenennen müssen. In irgendetwas mit Gruselheide. Oder gleich in Elm Street. Denn der Straßenzug inmitten der Kernstadt entwickelt sich zum Halloween-Hotspot des Stadtgebiets. In und an der Straße lagen am Halloweenfreitag gleich mehrere Grundstücke, die sich in regelrechte Gruselzentren verwandelt hatten.
Süßigkeitenjäger fanden auch dort eine offensichtliche Anlaufstelle, aber nicht nur dort. Die Straßen in der Stadt waren voll von kleinen Hexen, Vampiren, Mönchen, Einhörnern, Zauberern, Gespenstern & Co., auch die begleitenden Erwachsenen waren nicht selten selbst verkleidet.
Aber die Kleine Südheide stach dabei doch hervor: Man hätte im Grunde die gesamte Straße sperren können, so viel Betrieb herrschte zwischenzeitlich auf der Anwohnerstraße. Drei Grundstücke waren in Halloweenzentralen verwandelt worden und schoben sich gegenseitig die Besucher zu.
Das älteste Halloweenangebot stellt die Hausnummer 10. Seit inzwischen 11 Jahren wird dort zum 31. Oktober für den entsprechenden Gruselfaktor gesorgt. Man fing irgendwann einmal im kleinen Rahmen damit an, weil man das Halloweenflair mochte, erzählen die Macher der Auepost. Seitdem sind immer mehr Mitstreiter dazugekommen und das Equipment, das jedes Jahr wieder aufgebaut wird, ist umfangreicher geworden.

Erst einen Tag vor Halloween baut man auf – aus Diebstahlsschutzgründen. „Was nicht niet- und nagelfest ist, wird geklaut“, so die ernüchternde Erfahrung aus den Vorjahren. Auch in diesem Jahr hat ein Skelett die 24 Stunden bis zum Halloweenabend nicht überlebt: Der Untote am Gartentorgalgen war in der Nacht zu Freitag ein Opfer von Vandalismus geworden.


Das merkten die Besucher jedoch nicht, das herumbaumelnde noch halbe Skelett hätte auch Absicht sein können. Neues Highlight in diesem Jahr ist ohnehin die vollelektronische Kräuterhexe in der Garage, die immer wieder ihren Hamster in den Zaubertranktopf tunkt.
Und vielleicht hätte es sich der Skeletettbeschädiger auch zweimal überlegt, wenn die Horrorfiguren vom Halloweenabend schon in der Vornacht auf dem Grundstück unterwegs gewesen wären. Denn ein Schwerpunkt liegt auf den Kostümen: Jedes Jahr suchen sich die Akteure eine neue Lieblingsfigur aus dem Gruselkosmos und hauchen ihr in der Kleinen Südheide neues Leben ein.


Das kommt bei den Besuchern ausgesprochen gut an: Die Höllen- und Horrorgestalten werden immer wieder für Selfies in Beschlag genommen. Und nicht wenige der Gekommenen sind treue Fans: Sie haben bislang in jedem Jahr bei Hausnummer 10 vorbeigeschaut, manche Jüngere sind mit dem Halloweenspaß regelrecht aufgewachsen.
Hausnummer 21 ist noch relativ neu im Halloweenbusiness, aber schickt sich schon an, den übrigen Standorten den Rang abzulaufen. Das liegt sowohl an den Dimensionen als auch am Marketing: Der „Gruselgarten“, den es in diesem Jahr zum zweiten Mal gab, hatte sich nicht nur an die Nachbarschaft gerichtet, sondern zuvor stadtweit über Flyer und Medien ordentlich Reklame für den Abend im eigenen Garten gemacht.

Schon um 16.30 Uhr, noch im Hellen, strömen die ersten Besucher zahlreich aufs Grundstück. Eine Stunde später haben die Macher bereits aufgehört zu zählen – und sind überwältigt von der Resonanz. Nicht zu Unrecht – was dort an Ideen, Vorbereitung und Detailverliebtheit steckt, ist in der Tat sehenswert.



„Die haben da einen ganzen Kleinwagen investiert“, kommentiert jemand aus dem Viertel, der sich das Ganze gerade angesehen hat, findet es aber gar nicht so sehr zum Gruseln.
Das sehen vor allem die jüngeren Besucher bisweilen deutlich anders. „Mama, wo geht es hier wieder raus?“, fragt eines der Kinder unter den Besuchern, das gerade an „Freddy Krueger“ vorbeigelaufen ist. Aber auch Erwachsene scheinen ins Schlucken zu kommen – spätestens als sie die am Baum aufgehängten Kinderpuppen entdecken. Es sollte nicht das einzige Galgenmotiv bleiben.
Bereits nah hinter dem Eingang hängt aufgeknüpft eine Braut im Hochzeitskleid zwischen schwebenden Kerzen. Der Titel der Installation: „Einsame Hochzeit“. Noch gruseliger wird es später im Dunkeln, als eine der Besucherinnen tatsächlich zufällig im Brautkleid auf dem Gelände unterwegs ist. Es ist Pia, die das wallende weiße Brautkleid trägt und das Wiederaufleben der Toten suggeriert.


Vier Nebelmaschinen sorgen für die richtige Atmosphäre, im Vorgarten verteilen selbstgebaute Leitungen den Dunst gleichmäßig in Bodennähe. Tatsächlich traut sich nicht jeder hinein in den Garten und läuft mitsamt einer süßigkeitensuchenden Kinderschar nur daran vorbei. „Das sieht aber gefährlich aus“, kommentiert ein Passant. „Ist es bei uns auch!“, gibt Gruselgartenmitgestalter Jan lachend zurück, der sich gerade die schwarze Maske zu seiner schwarzen Kutte aufsetzt.









Das ist nicht untertrieben – man setzt unter anderem auf den Schreckmoment. Hinter dem Eingangstunnel lauern im Verborgenen mehrere Akteure, denn die Macher Jan und Niko sind nicht allein. Das Team aus einem halben Dutzend Mitwirkender verbirgt sich gruselig kostümiert in Ecken und Winkeln und nutzt die Gelegenheit zum Erschrecken. Das macht den Gruselgartenbesuch zur kleinen Geisterbahnfahrt, bevor man bei Würstchen und Getränken den ersten Schrecken verdauen kann.
Dass man auch mit relativ wenigen Mitteln ganz viel Gruselstimmung über eine szenische Atmosphäre erzeugen kann, wird an der Ecke zur Barnestraße gezeigt. Auf dem Eckgrundstück Nr. 30, das direkt an die Kleine Südheide grenzt und das damit natürlich noch mit zum Gruselhotspot gezählt werden darf, haben die Bewohner das Thema Notfallversorgung neu definiert.

Im Vorgarten zwischen brennenden Fackeln und Tatortabsperrband am Gartenzaun sitzt „Krankenschwester Lilly“ vorm Blutkonservenregal. Vor ihr auf dem Tisch ein aufgeschnittenes Gehirn. Die Blutkonserven hängen ordentlich sortiert am spinnenbewebten Holzgestell.

„Wir haben jede Blutgruppe da“, lautet die Auskunft – und die Mutigen, die möchten, bekommen auch tatsächlich einen Schluck im Medikamentenbecherchen gereicht.
„Wir haben jede Blutgruppe da.“
Es ist Kirschsaft. Sauerkirsche natürlich, schließlich ist Halloween.




Probleme machte allein die Süßigkeitenversorgung: Da die Supermärkte schon alle leergekauft waren, hatte man noch bei den Tankstellen Vorräte besorgt. Die wurden auch gebraucht, denn nicht jeder der Klingelnden gab sich mit einer „Bluttransfusion“ zufrieden.
In Kolenfeld schräg gegenüber des Edekamarktes war ebenfalls traditioneller Grusel angesagt: Im Mühlenweg war sowohl für die Älteren als auch die Jüngeren etwas dabei und zog Besucher nicht nur aus Kolenfeld an.

Hier ist die Szenerie zweigeteilt: Neben einem überdachten Bereich ist auch der Garten zugänglich, der ebenfalls als Gruselgarten gestaltet ist.



Als Süßigkeit wird Popcorn offeriert – aber man muss dabei Acht geben, die richtige Stelle zu erwischen. In einem Popcornautomaten lauert eine böse Überraschung – ein Killerclownschädel springt aus dem Fake-Popcorn. Doch am echten Popcornautomaten verteilen die Schwestern von Freddy Krueger dann die echten Halloween-Popcorntüten.


Im Garten warten beispielsweise schaukelnde Mörderpuppen oder duschende Skelette.
Dass man auch im Reihenhausvorgarten angemessen Halloween feiern kann, beweist Familie Krischke. In der Straße „Am Hasenpfahl“ ist die Halloween-Deko schon seit Tagen zu sehen. Nun kommt sie richtig zum Einsatz. Auch hier wird sogar gegrillt für Freunde und Nachbarn – und viele Passanten bleiben stehen.

Die Blicke gehen nicht nur zu den grellen Automatikfiguren, die mit viel Musik und knallbunten Lichtern unterlegt werden, sondern auch auf die vor dem Grundstück geparkten Fahrzeuge auf der Straße. Denn auf dem Kia vor dem Haus sitzt eine überdimensionale Spinne – und hinter dem Steuer und auf dem Beifahrersitz haben Skelette Platz genommen.



Privates Engagement, Spaß an Halloween, gemeinsames Gruseln und Freude am Zugänglichmachen der eigenen Kreativität von immer mehr Familien ist es, die in Wunstorf zu solch halböffentlichen Halloween-Partys führt.
Längst sind die Zeiten vorbei, in denen nur ein einladendes Umfeld für an den Türen klingelnden Kindern geschaffen wurde. An den Halloweenschwerpunkten wird nicht nur dekoriert, sondern zelebriert. Und wer mal so richtig erschreckt werden will oder sich gruseln möchte, darf sich auch im nächsten Jahr wieder in die Kleine Südheide und anderswo in die Stadt wagen – die Familien und ihre Helfer werden die Tradition fortsetzen.
Was mir beim Spaziergang durch Wunstorf in diesen Tagen auffiel, hat mit dem ursprünglichen Sinn von All Hallows’ Eve kaum noch etwas zu tun. Ursprünglich war der Abend vor Allerheiligen ein stiller, nachdenklicher Moment – eine Vigil, ein Gedenken an die Verstorbenen. In Irland entstand daraus ein Volksbrauch mit Lichtern und Rüben, nicht mit Blut und Galgen.
Heute sehen wir, wie dieser einst spirituelle Abend zu einem grotesken Schauspiel verkommt: aufgehängte Puppen, „Einsame Hochzeiten“ und Blutkonserven aus Kirschsaft. Die Grenze zwischen ironischer Gruselkulisse und morbidem Totenkult ist längst überschritten. Es wirkt weniger wie Volksbrauchtum als wie eine makabre Parodie auf das, was man einmal „Kultur“ nannte.
Die Ethnologin Editha Hörandner hat treffend beschrieben, dass das moderne Halloween ein amerikanischer Reimport ohne heidnischen oder religiösen Hintergrund ist – entleert, kommerzialisiert, und zunehmend inhaltslos. Genau das zeigt sich hier im Kleinen: aus Gedenken wird Gafferei, aus Symbolik wird Spektakel.
Aber vielleicht passt das ja in unsere Zeit. Eine Zeit, in der Fahrenheit 451 und 1984 bereits rechts überholt wurden und man wohl als ewig Gestriger gilt, wenn man sich noch fragt, ob irgendwo einmal ein Sinn hinter all dem stand – und nicht nur die grell ausgeleuchtete Leere.
Halloween sollte verboten werden. Die die letzte Bemerkung gemacht hatte hatte recht gehabt, wll. Gibt es wirklich solche Menschen, die so wirklich zu anderen Menschen sind eine Realität. Wie kann man sowas noch mögen? Schaffe diesen scheiß bloß ab
Die Menschen jammern immer mehr, dass das Leben so teuer geworden ist und sie kein Geld mehr haben. Aber für solchen Unsinn wie Halloween werden viele Euros ausgegeben. Dann kann es uns so schlecht ja noch nicht gehen, wenn man auf den kommerziellen Zug aufspringt. Selbst Schulen, Kindergärten und Sportvereine zelebrieren Halloween. Und die Auepost zelebriert fleissig mit. Finde den Fehler. Kennt noch jemand den Reformationstag, der übrigens Grund für den freien Tag ist?
Dieser Unfug sollte verboten werden, zudem wird an diesem Tag auch noch geböllert. Die Bemerkungen stimmen!
Es sieht alles toll aus. Für Kinder finde ich es dann doch erschreckend. Filme mit solchen Darstellungen sind dann ab 16 oder 18.
Man könnte im nächstenJahr einmal
über den Reformationstag – im speziellen von der Laienkanzel in der Stiftskirche zu Wunstorf –
berichten