Das originale warme Backsteinrot des Wunstorfer Bahnhofsumfeldes ist schon seit langer Zeit nicht mehr sichtbar. Pragmatische Gesichtspunkte wurden über architektonische gestellt: Der schummrige Ort sollte in etwas Helleres verwandelt werden. Weiße Farbe auf den Wänden und Mauern der Bahnhofsunterführung und ihren Rampen hat einen ehemals auch optisch als solchen erkennbaren Backsteinbau in eine weiße Wüste verwandelt, von der Decke bis zum Boden.
Es war nicht die erste trickreiche Sicherheitsmaßnahme, die mit Mitteln der Optik erreicht zu werden suchte. Schon lange vor dem hellen Farbanstrich waren einst Spiegel an den Ecken von Gang und Zugängen installiert worden, damit Passanten nicht mehr gefühlt ins Unerwartete liefen. Freie Sicht für gestärktes subjektives Sicherheitsempfinden lautete damals die Devise.
Mehr Sicht hat die weiße Farbe nachweislich nicht bewirkt, aber es fühlt sich ebenfalls ein wenig so an. Seitdem wirkt die 1988 geschaffene Bahnhofsunterführung lichter, allerdings auch kälter. Vor allem in der dunklen Jahreszeit wärmen nicht mehr rote Backsteine das Auge, sondern es wird nun ein durchgängig eisiger Ort durchschritten, als wandele man in einer Schneelandschaft. Die vertikal aufgemalten orangeroten Streifen können das nicht auffangen, lassen das Weiß sogar noch greller wirken und stellen nur eine schwache Reminiszenz an die alte Eleganz des warmroten Backsteins dar.
Während die Erscheinung einerseits heller wurde, verstärkte sich andererseits der Kontrast: Der Übertritt von einer Rampe noch unter freiem Himmel hinein in die eigentliche Unterführung gleicht nun auch bei blendendem Sonnenlicht erst recht einem Eintritt vom Tage direkt in die Nacht.
Aber nicht alles wurde verändert: Die Umlaufsperren, die die Fahrradfahrer auf den langen Rampen zumindest kurz vor dem Querschießen in den Fußgängertunnel ein wenig abbremsen sollen, sind im Original geblieben und blättern fröhlich vor sich hin, als würden sie dankenswerterweise noch von den auf ihnen angebrachten Aufklebern zusammengehalten.
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