
Wunstorf (ds). Es war ein undankbarer Job für die Mitarbeiter der Wunstorfer Bauverwaltung am Mittwochabend: in großer Zahl hatten sie sich im Ratssaal eingefunden, um während der Sitzung des Wunstorfer Ortsrates Rede und Antwort zu stehen zum Thema Barnekreiselbau. Das hatte der Ortsrat zuletzt nämlich eingefordert: Nicht nur der Bürgermeister, auch der Ortsrat Wunstorf hatte um Aufklärung ersucht, weshalb die Baustelle die zeitlichen Prognosen derart gesprengt hatte. Als es dann so weit war und die Präsentation im Rahmen der Ortsratssitzung begann, kam aber wieder alles anders als geplant.
Die Ortspolitiker hatten von der Verwaltung wissen wollen, was genau schiefgelaufen war beim Barnekreiselbau, warum es zu solch langen Verzögerungen gekommen war und was man für die Zukunft daraus lernen könnte und anders machen müsse. Die Bauverwaltung hatte sich richtig ins Zeug gelegt: Es war keine simple Erklärung vorbereitet, sondern Schritt für Schritt aufwändig dokumentiert worden, was genau geschehen war in den vergangenen Monaten rund um den entstehenden Barnekreisel. Für jede Woche der Bauarbeiten war der Baufortschritt einzeln zusammengetragen worden, eine Dokumentation entstanden, anhand derer exakt nachvollzogen werden konnte, was man für diese Woche auf der Baustelle geplant hatte – und was dann wirklich passiert war und warum. Und wie man auf die Probleme reagiert hatte.
Das Problem am Mittwoch im Ortsrat war allerdings: Die Bauarbeiten hatten letztlich 60 Wochen gedauert, und nun gab es auch so viel Material in der Präsentation. Nach knapp 10 Minuten, als man in Woche 4 angekommen war, verloren die Ortsratsmitglieder die Geduld. Unruhe machte sich im Raum breit. Martin Pavel (CDU) fragte schließlich in Richtung des sitzungsleitenden Ortsbürgermeisters Thomas Silbermann (SPD) und des daneben sitzenden Bauamtsleiters Alexander Wollny, ob man nun wirklich in diesem Tempo weitermachen wolle – denn es deutete sich an, dass der Vortrag nun rechnerisch an die 2 Stunden dauern würde. Zu diesem Zeitpunkt hatte man jedoch schon beinahe 2 Stunden im Ratssaal gesessen und über diverse andere aktuelle Bauprojekte gesprochen, die Wunstorf noch bevorstehen – zum Großteil die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur.
Noch bevor die „Zeitreise in den Barnekreiselbau“ richtig gestartet war, wurde sie deshalb abgewürgt. Es wurde verlangt, die detaillierten wochenweisen Erklärungen zu überspringen und direkt zum Fazit zu kommen. Dabei war das Vortragsmaterial nicht „trocken“ aufbereitet, die Verwaltungsmitarbeiter hatten sich vielmehr richtig Mühe gegeben, die Zusammenhänge sogar unterhaltsam zu präsentieren.
Nun intervenierte Wollny, der empfahl, sich die Zusammenhänge auf jeden Fall im Gesamten erklären zu lassen. Ortsratsmitglied Andreas Niepel (AfD) sprang ihm bei, legte den Finger in die Wunde und sagte: Der Ortsrat habe die genaue Aufklärung gewünscht, jetzt solle er sie sich auch vollständig ansehen. Die Bauamtsmitarbeiter wollten den Vortrag ebenfalls weiterhin vollständig halten. Simon Schlüter von der Straßenbauabteilung meinte, dass man die Zusammenhänge nur wirklich verstehen könne, wenn man sich auch die Einzelheiten ansehe.

Daraus wurde jedoch nichts. Die Mehrheit im Ortsrat verlangte, die Präsentation einfach zugeschickt zu bekommen, um sie selbst durchlesen zu können – und man verständigte sich auf den Kompromiss, dann noch einen Extra-Termin für die Präsentation anzusetzen, an dem vielleicht auch die Öffentlichkeit in größerem Umfang an dem Baustellenrückblick teilnehmen könnte.
Den Bauamtsmitarbeitern war die Enttäuschung anzusehen, doch sie überspielten sie professionell und sprangen wie gewünscht zum Fazit des Vortrages, das auf ein Zeitungsinterview gründete, das Hannovers Tiefbauamtsleiter Andreas Bode der HAZ gegeben hatte. Der Tenor: Alles in einem Rutsch durchführen sei im Straßenbau keine gute Idee.
Das war dann letztlich auch das Fazit in Wunstorf: Man war Opfer der Umstände geworden, der Bau war nur so möglich gewesen, wie er sich dann abgespielt hatte. Planungsfehler im eigentlichen Sinne habe es nicht gegeben, es seien nur immer wieder veränderte Umstände eingetreten. Beschleunigen können hätte man den Bauablauf am Barnekreisel mit anderer Herangehensweise allenfalls um ein oder zwei Wochen.
Kritisiert wurde im Ortsrat vielmehr auch die Kommunikation, nicht der Kreiselbau an sich. Der bekam Lob. Kirsten Riedel (SPD) sagte, dass sie das Ergebnis der Bürgerbeteiligung, die sich einen Kreisel gewünscht hatte, damals erst skeptisch gesehen hatte, doch jetzt vollauf überzeugt sei: „Ich find den super, den Barnekreisel.“ Riedel sagte auch, die Debatte über die Baustelle sei unfair geführt worden.
Ortsbürgermeister Silbermann brachte vor, dass das Problem vor allem gewesen sei, dass zugesagte Termine immer wieder gekippt worden waren. Bei den Menschen hätte sich damit der Eindruck ergeben, bald wäre alles fertig – und dann habe sich alles doch wieder verzögert. Verbesserte Baustellenkommunikation empfahl auch die Bauverwaltung selbst: Man könne etwa über eigene Kanäle zu Baustellen über Social Media informieren und dazu auch einen großen QR-Code auf einem Bauzaun direkt an der Baustelle anbringen. Entsprechende Beispiele aus anderen Städten wurden gezeigt.
Sören Thoms (SPD) merkte an, dass das nicht die alleinige Lösung sein könne – auch die Mitglieder des Rates seien immer nur häppchenweise und auf Nachfrage zum Baufortschritt informiert worden. Am gesamten Kommunikationskonzept müsse gearbeitet werden. Dem pflichtete Anne Dalig (Grüne) bei – die mangelnde Kommunikation aus der Verwaltung, „das kennen wir ja schon“.
Damit war die Aufklärung für diesen Abend beendet, die Mitarbeiter der Bauverwaltung verließen den Ortsrat. Auch die vollständig vertretene Presse bekam die Ergebnisse der Aufklärungsarbeit deshalb an diesem Abend nicht mehr zu sehen.
Liebe/r „Wunstorfer-Fan“,
ich bin Ortsratsmitglied und bei der Sitzung anwesend. Ich kann Ihr Unverständnis nachvollziehen, möchte aber daran erinnern: Wir als ehrenamtliche Ortsratsmitglieder investieren neben Beruf und Familie viel Zeit ins politische Ehrenamt. Die letzte Sitzung dauerte z. B. von 18:00 bis 21:30 Uhr. Das Thema „Barnekreisel“ war ja nicht der einziges Tagesordnungspunkt. Es gab eine umfangreiche Vorstellung eines Verkehrsgutachten für eine mögliche „Mini-Südumgehung“, weitere Vorstellungen von Bauvorhaben etc. Das Thema „Barnekreisel“ ist komplex und braucht eine gründliche Diskussion. Mir war es dabei besonders wichtig, dass auch die Bürgerinnen und Bürger die Chance hatten, informiert zu werden und Fragen zu stellen.
Richtig entschieden. Aber Ortratssitzung können ein wenig Zeit in Anspruch nehmen. Für den Luther Ortsrat ist das ganz normal. Unsere letzte Sitzung begann um 18.00 und endete gegen 22.00. Zu bemerken ist, dass es ja auch noch vorbereitende Fraktionssitzungen und Nachbearbeitung der Ortsratsthemen gibt. Unterstreichen kann man die schlechte Kommunikation insbesondere aus dem Referat der Bauverwaltung. Das liegt nicht unbedingt an den Mitarbeitern sondern daran wie geführt wird.
Verbesserte Kommunikation wäre nötig?! Das fällt jetzt auf??
Ich habe nach den Bürgerbeteiligungen vor dem Baubeginn, bei denen ich dabei war, Thomas Silbermann angesprochen und vorgeschlagen, er solle sich für die Aufstellung eines geeigneten Informationsschaukastens am Barneplatz einsetzen, in dem durch Aushänge über das Projekt und den aktuellen Fortgang informiert werden solle. Das habe ich später nochmal mit einer Mail an Th. Silbermann bekräftigt. Nichts ist passiert. (An den Kosten für solch eine Informationseinrichtung konnte es – bei diesem Millionenprojekt – eigentlich nicht scheitern.)
Der letzte Bauabschnitt 4 (Parkplatz am Hasenpfahl) ist übrigens noch nicht begonnen worden. Vielleicht kann man ja diesmal das Mantra „verbesserte Kommunikation“ Realität werden lassen.
Ich vergaß zu erwähnen, dass der Apotheker Rüdiger Heß-Eichenberg im Schaufenster seines Geschäfts großformatige Baupläne für den Kreisel ausgehängt hatte. Immer, wenn ich vorbeikam, habe ich mich dort orientieren können. So ahnte ich, was auf der Baustelle in diesen sagenhaften 60 Wochen (Auepost) vor sich ging. Vorbildlich, der Apotheker.
Gruselig, dass man sich in der Wunstorfer Politik nicht mit den Gründen die zu der langen Bauzeit geführt haben, auseinandersetzen will. Oder will man es vielleicht nicht, weil dann eigene Fehler zutage kommen und bald Wahlkampf ist? Vielleicht hatte hier die Wunstorfer Politik ihren eigenen kleinen BER. Hier ein bisschen reinregiert, da ein bisschen manipuliert und am Ende läuft nichts mehr richtig…
Oder können sich Politiker nicht über einen längeren Zeitraum konzentrieren? Vielleicht kann man das auch nicht verlangen, immerhin machen die Politiker das ja in ihrer Freizeit, quasi als Ehrenamt oder als Hobby.
Mir graut es schon vor der Fußgängerzone.
Es scheint der Sog einer sich immerwährend durchziehenden Rechtfertigung aller desolaten Projekterfüllungsschemata zu sein, der die Mitglieder und Beisitzer der „Runden Tafel“ beflügelt, auch weitere Hiebe zu erteilen, obgleich alle eigentlich an den Vorbesprechungen und Sitzungen wohl anwesend waren … !
Sowohl Bauverwaltung als auch der Wunstorfer Ortsrat handeln unprofessionell.
Der Wunstorfer Ortsrat gibt eine Präsentation in Auftrag. In jedem normalen IT-Projekt z.B. gibt es dabei immer auch eine Zeitvorgabe, wie lange die Präsentation zu dauern hat. Dies ist hier offensichtlich seitens des Wunstorfer Ortsrat verabsäumt worden.
Gleichermaßen verabsäumt hat es die Bauverwaltung nachzufragen, wenn sie keine Zeitvorgabe bekommt, wie lange die Präsentation dauern soll.
Das ist absolutes Kindergarten-Niveau und man gewinnt den Eindruck, dass hier zwei aufgescheuchte Hühnerhaufen miteinander agieren.
„Planungsfehler im eigentlichen Sinne habe es nicht gegeben, es seien nur immer wieder veränderte Umstände eingetreten.“
Wenn ein Projekt, welches von Juli bis November 2019 geplant war, also 20 Wochen, am Ende 60 Wochen – also das Dreifache – dauert, dann kann man nicht davon reden, dass keine Planungsfehler gemacht worden wären. Ich las von zwei Ursachen: schlechtes Wetter und zusätzliche, unvorhergesehene Arbeiten an den unterirdischen Leitungen.
Oha – offensichtlich ist der Wunstorfer Bauverwaltung als auch dem Wunstorfer Ortsrat bis zu diesem Projekt nicht bekannt gewesen, dass es in Wunstorf das Phänomen „Wetter“ gibt. Interessant.
Und offensichtlich haben beide Stellen auch keine Übersicht über die in ihrer Stadt unterirdischen Leitungen. Auch interessant.
Da kann man ja nur hoffen, dass, wenn demnächst zwei verschiedene Firmen unabhängig und ohne gegenseitige Absprache, Glasfaserkabel durch die Wunstorfer Erde schießen, keine Gasleitungen getroffen werden.
Von Wunstorf bin ich immer wieder fasziniert…
Die geplante Bauzeit betrug zunächst 7(!) Wochen und sollte von Ende Juni bis zum Ende der Sommerferien 2024 dauern.
@Anonymus: Wo steht, dass die Arbeiten 20 Wochen dauern sollten? Sonst hieß es immer 6 Wochen… und irgendwann kamen garkeine Infos mehr…
Okay – dann ist das Ganze ja noch schlimmer. Die 20 Wochen hatte von einer kurzen Google-Suche, aber wenn das sogar nur 6-7 Wochen waren, dann haben wir ja etwa den Faktor 10. ;)
Allen Ernstes?
Das ist also eine authentische Berichterstattung über den Ablauf einer Gremiensitzung in unserer Stadt.
Sollte ich als Bewohner nicht ein gewisses Maß an Grundvertrauen in die Kompetenz unserer gewählten Mitglieder der Räte und der Mitarbeiter der Verwaltung haben dürfen?
Da wird mir ja schwindelig bei dem Gedanken, wie derartige Sitzungen bei schwierigen und komplexen Themen für Wunstorf aussehen mögen.
Beim Barnekreisel wurde offensichtlich bei weitem nicht alles richtig gemacht und der Vortrag über den Ablauf bedarf auch keiner unterhaltsamen, sondern professioneller Elemente.
Das erwarte ich als Steuerzahler!