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Freibad und Jahnplatz: Ziehen SPD und CDU an einem Strang?

07.03.2023 • Achim Süß • Aufrufe: 2312

Gebaut werden soll auf dem Jahnplatz samt ehemaligem Freibadgelände. Wie genau, darüber gehen die Ansichten auseinander. Die einen wollen eine grüne Lunge für alle in der Stadt erhalten, die anderen wünschen dichtere Bebauung.

07.03.2023
Achim Süß
Aufrufe: 2312
Das Jahnplatzgelände in der Transformation | Fotos: Deppe/Dombrowski

Wunstorf (as). Hinter verschlossenen Türen hat die entscheidende Beratung zur Zukunft von Freibadgelände und Jahnplatz begonnen. Knackpunkt: Sollen beide Grundstücke bebaut werden – oder entsteht neben Wohnhäusern eine neue parkähnliche Anlage mit Sport-, Spiel- und Erholungsmöglichkeiten? SPD und CDU setzen unterschiedliche Schwerpunkte, und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bündnispartner im Rat in dieser Frage getrennte Wege gehen.

Große und kleine grüne Lungen kennzeichnen den Stadtkern. Wenn es um Pluspunkte für Wunstorf bei Wohnqualität und Attraktivität geht, werden sie stets genannt – die Grünflächen im Zentrum: Bleiche, Klinik- und Bürgerpark, Auewiesen und nicht zuletzt das Gelände der aufgegebenen Badeanstalt und des Sportplatzes. Beide liegen an der Amtsstraße und grenzen an die Streuobstwiesen zwischen Alter Südaue und Mühlenkampstraße – nur wenige Schritte vom Alten Markt entfernt, gegenüber der Feuerwehr.

Seit der Schließung des Bades wird die künftige Nutzung immer wieder intensiv diskutiert. Unstrittig ist, dass beide Grundstücke planerisch als Einheit betrachtet werden sollen. Die Stadtsparkasse hat ihre Vorstellungen für die Bebauung längst präsentiert. Konkrete Beschlüsse der städtischen Gremien sind daraus ebenso wenig geworden wie aus einem Nutzungs- und Baukonzept, das die Tegeler-Unternehmensgruppe vor Jahren ins Gespräch gebracht hat.

„Wir wollen das alte Freibadgelände sowie den Jahnplatz als attraktiven Naherholungsbereich mit moderater Randbebauung entwickeln.“ So haben es SPD und CDU in ihrer Koalitionsvereinbarung 2021 festgeschrieben. Was „moderat“ und „Randbebauung“ bedeuten kann, wird in dem Papier nicht näher definiert, aber derzeit diskutiert – vorerst intern und ohne öffentliche Beteiligung.

Jahn-Sportplatz könnte Grünanlage werden

Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Aber es zeichnen sich sowohl Übereinstimmungen als auch Unterschiede ab. Nach Informationen der Auepost gibt es eine Mehrheit dafür, den alten Sportplatz nicht zu bebauen, sondern zu einer Grünanlage zu entwickeln.

Freifläche mitten in der Stadt: Der Sportplatz, nach Turnvater Jahn benannt | Foto: Deppe/Dombrowski

Auf diese Position hat sich offenbar die CDU festgelegt. Die Ortsratsfraktion hat kürzlich den Platz in Augenschein genommen und mit Holzpflöcken und Flatterband Baugrenzen markiert, die in einer Informationsvorlage der Stadtverwaltung genannt werden.

Einhellig treten die CDU-Politiker seitdem dafür ein, den Jahnplatz als Grünfläche zu erhalten und Wohnbebauung nur auf dem Freibadgrundstück vorzusehen. Stadtrats- und Ortsratsfraktion stellen den Aspekt des lokalen Klimaschutzes und der Luftqualität im Stadtzentrum in den Vordergrund. Sie stützen sich dabei auf die Drucksache der Verwaltung und neueste Studien des Bundeswirtschaftsministeriums und der Akademie Leopoldina.

Wohnraum gegen Stadtraum

Weitgehend identisch ist nach Informationen der Auepost die Haltung der Grünen und der FDP. Auch in der SPD gibt es Befürworter. Allerdings sprechen sich einflussreiche Genossen aus der Kernstadt für die Bebauung des Jahnplatzes aus. Sie führen die Notwendigkeit ins Feld, Wohnraum zu schaffen. Die Standpunkte sind auf der Grundlage der Informationsdrucksache aus dem Rathaus bei einem interfraktionellen Treffen ausgetauscht worden, das von der SPD angeregt wurde.

Sportplatz und altes Freibadgelände – hier noch mit vorhandenen Becken – werden als Einheit behandelt | Foto: privat/Heiner Wittrock
Hier befand sich einst das Freibad Wunstorf – unten rechts steht noch das Gebäude mit den Umkleiden | Foto: Deppe/Dombrowski

Danach erklärte Fraktions-Chef Martin Ehlerding, die SPD diskutiere das „sensible Thema“ noch – intern und mit den anderen Fraktionen. An der Meinungsbildung seien die Abteilung Wunstorf und die Ortsratsfraktion wesentlich beteiligt. Ehlerding wörtlich: „In den letzten Jahren war das Areal Gegenstand mehrerer Diskussionen. (…) Dies liegt an der exponierten Lage und der emotionalen Verbundenheit vieler Wunstorfer mit dem Areal.“ Schon vor einigen Jahren habe es dazu eine Bürgerbeteiligung gegeben. Deren Ergebnisse könne „man nicht gänzlich ignorieren“, sagt Ehlerding.

Forderung nach Flexibilität

Der Grünzug an der Aue könne für die Naherholung „erlebbarer gestaltet“ werden. Ehlerding: „Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Frischluftschneise, die nicht weiter behindert werden soll. Dazu ist gegebenenfalls noch externer Sachverstand heranzuziehen.“ Der SPD-Fraktionschef hofft, dass am Ende ein Vorschlag stehe, der von einer großen Mehrheit getragen werde. Dies erfordere „natürlich von allen Beteiligten auch eine gewisse Flexibilität“.

Der Jahnplatz (unten rechts im Bild) ist gemeinsam mit Südwall und KRH-Park Teil des Grüngürtels durch die Stadt entlang der Alten Südaue | Foto: privat/Heiner Wittrock

Mahnung zur Vorsicht

Auch Klaus Maurer, nach dem Zerwürfnis mit Kerstin Obladen im Rat neuerdings wie ein FDP-Einzelkämpfer unterwegs, wünscht sich mehr Informationen. Es könne nötig sein, zu bauen, sagt er im Gespräch mit der Redaktion. Aber er möchte sich jetzt nicht festlegen, sondern „lernen und zuhören“. Grundsätzlich ist er dagegen, „alles zuzubauen“. Er möchte den „schönen Grüngürtel“ um die Innenstadt herum gern erhalten und den Jahnplatz nicht isoliert betrachten, sondern im Zusammenhang mit anderen Anlagen wie dem Bürgerpark. Maurer sieht Wunstorf in einem „riesigen Strukturwandel“, weg von der Kleinstadt. Viele Projekte und begonnene Vorhaben veränderten und belasteten die Stadt. Seine Stichworte: Verkehrschaos in Steinhude, Airbus-Ansiedlung, neue Eisenbahnstrecke, Nordumgehung, immer weiter wachsendes Gewerbegebiet Süd. Für den Bürgermeister, so Maurer, gelte es ebenso wie für den Rat, mit Vorsicht zu handeln, sich der „großen Verantwortung“ bewusst zu sein und die Dinge im „Kontext zu sehen“.

Lesetipp: Nachruf auf eine Freundin

Auch im Heimatverein wird das Thema diskutiert. Nach Informationen der Redaktion will der Vorstand um den früheren Bürgermeister Axel Eberhardt eine Stellungnahme abgeben und sich gegen die Bebauung des Jahnplatzes aussprechen.

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Kommentare


  • Lydia Bertani sagt:

    Ob dort ein Park oder ein Immobilienprojekt draus wird, hängt davon ab, wo Entscheider private Vorteile für sich abzweigen können.
    Daher: Immobilien sind wahrscheinlicher.

  • Stefan sagt:

    Worin liegt denn bitte die Notwendigkeit nun auch noch diesen Grüngürtel mitten durch die Stadt zu zerstören? Wunstorf braucht Grünflächen für Sport und Freizeit, Naherholung und Ökologie. Wozu ein Gutachten, wenn jedem normalen Menschen klar sein sollte, die beiden Grünzüge West- und Südaue regulieren ganz erheblich das städtische Klima. Ist denn allen Ernstes einigen Entscheidungsträgern noch nicht aufgefallen, dass es in Deutschland immer wärmer wird? Auch in Wunstorf! Gar nicht lange her, da wurde über begrünte Wände und viel Wasser in der Fußgängerzone diskutiert. Den Gedanken sollte man weiter verfolgen. Und um Himmels Willen, lasst die Finger von den Grünzügen. Bebaubares Land gibt es in Wunstorf nun wirklich genug. Was fehlt ist oft das Baurecht. Möge sich die Verwaltung also bitte mit Bebauungsplänen in den Ortschaften und im Wunstorfer Süden beschäftigen. Bokeloh wartet seit Jahrzehnten auf ein Neubaugebiet, hat immer wieder gute Flächen vorgeschlagen und hätte es wirklich verdient. Und abschließend eine Bitte an diese gewissen „einflussreichen Genossen“ von der SPD: bitte setzen Sie sich endlich zur Ruhe und machen diese Stadt nicht kaputt, denn wenn der Grünzug erst zerstört ist, wird dies nichts und niemand mehr ausgleichen können. Weg ist weg! Da helfen auch keine leeren Versprechungen oder die typische Rhetorik – Stichwort: moderate Bebauung. Das glaubt Ihnen eh niemand!

    • G. Taro sagt:

      Ich kann mich Ihrem Beitrag nur anschließen. „cui bono“ (Wem zum Vorteil)? Nutznießer einer Bebauung dürften nicht die wunstorfer Bürger und unsere Umwelt sein. Eine am Gemeinwohl orientierte Politik lässt die Finger von unserem grünen Gürtel.

  • Heinz sagt:

    Gier frist Hirn! Nachdem, was so auf dem Freitagsmarkt erzählt wird, möchte die SPD, oder wie es im Artikel so schön heißt, einflussreiche Genossen, hier richtig viel Geld verdienen. Vom Filetstück ist immer die Rede. Diese Baubauung ist wohl die dümmste Idee der letzten Jahrzehnte! Flächen der Natur und der Allgemeinheit wegnehmen und meistbietet verscherbeln! Wofür steht gleich nochmal das S in SPD? Aber das war schon vor 50 Jahren so in dieser Stadt. Was darf ich dann meinen Enkeln erzählen, wo sie noch spielen sollen? Mein Vorschlag: gar keine Bebauung! Vernünftige Weg, wenige Bänke, Blumenwiesen für Insekten, Bäume für das Klima und ganz viel Grün zum spielen, für Sport und bitte für jeden und nicht nur die, die es sich leisten können.

  • Rainer sagt:

    Jedes kleine Grundstück mit Steingarten wird angeprangert seitens der
    Politiker. Aber im großen Stil ( Hauptsache Profit $€$€ ) wird nicht drüber geredet.
    Da steht nur der eigene Pofit dahinter.
    Man kann sich doch vorstellen was da gebaut würde. Teure Wohnungen nichts für
    den normalen Bürger.
    Darum lasst die grüne LUNGE wie sie ist. Wunstorf hat genug Baufehler gemacht.

  • Michael Bülow sagt:

    Alle reden vom notwendigen ökologischen Wandel. Hitze, Wetterextreme, trockene Böden,… Fernsehen, Zeitungen und Internet sind jeden Tag voll davon. Aber einige in dieser Stadt haben wohl so gar nichts kapiert. Willkommen in Dummsdorf! Bei einer Bürgerinitiative, um den Wahnsinn und die Bebauung des Sportplatzes und ehemaligen Freibades zu stoppen, wäre ich sofort dabei.

  • TehPeh sagt:

    Schönen englischen Park draus machen, als „Erinnerung“ auf unsere englische Geschichte.
    Und das Gerbergebeude /Hintererteil objektiv auf jeden Fall so belassen,gerne mit öffentlich begehbarem Minimuseum über die Gerberzeit. Jüdischen Friedhof/Fläche umzäunen, wenn bekannt, Namen unserer ehemaligen Bürger, „Lebensbaum in die Mitte des Platzes, Bänke außerhalb des Zauns drum herum, Lautsprechergeschichte (wie in der Stadt, leider nicht zu hören im letzten Jahr) über Gerberstory, unsere jüdische Geschichte und einfach schick machen, so wecken wir für die zugezogenen vielleicht auch mehr Interesse. Mehr schöne Orte für Zusammenkunft schaffen und ganz nebenbei ein Bewusstsein entwickeln für die Geschichte Wunstorfs… Dann wird das vielleicht auch was mit dem UNS in W*UNS*torf.Umd das W klingt in Werten wahrlich viel schöner als in Wirtschaft.

  • Johanna sagt:

    An die Verantwortlichen in Bezug auf die Bebauung des Jahnplatzes: Bitte lasst Wunstorf noch etwas Grün und den Kindern noch etwas Platz für Bewegung und Spiel!

  • Wolfgang Stemme sagt:

    Erinnert sich noch jemand an der Grund der Schließung des Freibades? Nun, da helfe ich gern auf die Sprünge. Seinerzeit schrieb man, eine Instandsetzung des maroden Bades sei nicht möglich, verlöre es doch täglich 10.000 Liter Wasser. Doch wer sich den Wasserstand innerhalb der Becken ansah, lange Zeit nach der Schließung, konnte sehen, das sich noch immer Wasser darin befand, was also hätte niemals sein können, anhand des Verlustes von 10 Kubikmeter täglich. Fakt ist, das Grundstück ist eine Oase des Geldes, in bester Lage und von enormen Wert. Weiter sage ich dazu nichts und will nicht in Spekulationen verfallen. Doch muss ich der Stadt ein Armutszeugnis ausstellen, denn eine Stadt, in dessen Kern es kein Freibad gibt, ist eine bedauernswerte Stadt. Zumindest der Jahnplatz sollte nicht bebaut werden, meiner Ansicht nach, er ist ein gut genutzter Sportplatz, sowie ein Refugium des Spiels und nicht zu vergessen, ein Landeplatz für die Rettungshubschrauber, die hier zentral landen können im Notfall. Einen Ersatz dafür wird man schwerlich finden können.

  • Birgit N. sagt:

    Es ist schon unglaublich großartig, dass die Stadt Wunstorf wenigstens die Gräber verschont lässt. Mittlerweile ist dem „Be- und Verbauungswahn“ ja kaum noch Grenzen gesetzt. Überhaupt sollte mal die Frage nach dem Warum oder besser der Wahrheit gestellt werden.

  • Norbert Tietz sagt:

    Herzlichen Dank an Redakteur Achim Süß und die Auepost dafür, die offenbar von Teilen des Stadtrats und der Stadtverwaltung im Geheimen gehaltenen Planungen zur Bebauung des Jahnplatzes öffentlich gemacht zu haben. Dank auch fürdas Auepost-Diskussionsforum und die lebhaften Beiträge.

    Da wird es doch Zeit, dass die politisch Verantwortlichen sich (auch hier) zu Wort melden, insbesondere

    – die SPD, ob sie tatsächlich schon maßgebliche Entwürfe für eine Bebauung in den Schubladen hat und deren Realisierung mehrheitlich verfolgt,
    – die Grünen, deren Entschiedenheit zur Erhaltung der Grünflächen in der Berichterstattung nicht sehr deutlich wird,

    Ein Lichtblick, dass die CDU als ein wesentlicher Teil der Mehrheitsgruppe offenbar dieses Vorhaben nicht unterstützen will.

    Bleibt zu hoffen, dass dieses aus der Zeit gefallene Vorhaben keine politische Mehrheit findet. Den überwiegenden Argumenten der bisherigen Beiträge im Forum schließe ich mich an.

  • J.S sagt:

    Grünfläche gibt’s um Wunstorf herum wahrlich genügend und so groß ist Wunstorf nun nicht, dass diese nicht jeder erreichen kann. Gebraucht wird Wohnraum und zwar erschwinglicher. Leider wird es damit nichts werden, den die Lage ist für Investoren zu interessant. Dann lieber Grünfläche, also Begegnungszonen für alle statt Luxus Immobilien für wenige.

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