Wunstorfer Auepost
[Anzeige]

Gesunder Baum auf Verkehrsinsel gefällt – vor der Haustür des Wunstorfer BUND-Vorsitzenden

04.04.2024 • Daniel Schneider • Aufrufe: 5918

Normalerweise würde er jetzt die ersten frischen Triebe tragen. Doch der alte Baum am Schnittpunkt von Kranichstraße, Am Hasenpfahl und Lukas-Cranach-Straße wird nie wieder Blätter haben. Für einen anstehenden Straßenumbau war er gefällt worden. Anwohner sind überrascht und beklagen die Informationspolitik der Stadt.

04.04.2024
Daniel Schneider
Aufrufe: 5918
Fällarbeiten an der Verkehrsinsel | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds). Trauriger Anblick am Anfang der Lukas-Cranach-Straße, Einmündung Am Hasenpfahl: Ein rund 60 Jahre alter Baum, der dort auf der Verkehrsinsel seinen Platz hatte, war am Morgen des 9. Februars entfernt worden. Mitarbeiter der beauftragten Firma fällten den Laubbaum, der bis zuletzt eine große schattenspendende Krone trug, und zersägten ihn für den weiteren Abtransport.

Der Baum war nicht geschädigt, sondern musste aus einem anderen Grund weichen: Die Verkehrsinsel, in dessen Mitte er stand, wird es künftig nicht mehr geben. Hintergrund ist der Neubau der dortigen Bushaltestellen: Mit Landesmitteln konnte bereits eine Bushaltestelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite modernisiert und barrierefrei umgebaut werden, dies soll nun auch hier geschehen. Aber nicht nur die Bushaltestellen werden modern, in diesem Zuge wird auch gleich der alte Straßenbereich neu gestaltet, da auf diese Weise Platz geschaffen wird für einen größeren, barrierefreien Bushaltestellenbereich. Die Bushaltestelle „Am Hasenpfahl“, die derzeit noch etwas weiter östlich in der Straße steht, wird künftig an dieser Stelle zu finden sein.

Überraschte Anwohner

Einen ungünstigeren Platz, um einen sonst gesunden Baum zu fällen, hätte man jedoch kaum finden können: Der Vorsitzende der Wunstorfer Ortsgruppe der Umweltschutzorganisation BUND wohnt nur wenige Schritte entfernt. Fassungslos steht Frank Hessing an jenem Freitagmorgen in der Lukas-Cranach-Straße und sieht zu, wie der altehrwürdige Baum verschwindet. Die Geräusche der Motorsägen haben ihn aufmerksam werden lassen. „Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dass man diesen Baum fällen könnte“, sagt er im Gespräch mit der Auepost.

Diese Bushaltestelle wird direkt an die Lukas-Cranach-Straße verlegt | Foto: Daniel Schneider

Auch andere Anwohner sind geradezu schockiert, als sie vor vollendeten Tatsachen stehen: Der Baum ist weg, und dass auch die Verkehrsinsel bald nicht mehr vorhanden sein wird, lässt die Menschen wütend werden – denn damit verschwindet nicht nur Natur, sondern auch Parkmöglichkeiten rund um die Verkehrsinsel entfallen. Informiert worden sei vorher niemand in der Straße.

Die „Verkehrsdreiecke“, die das Ein- und Ausfahren bei der Lukas-Cranach-Straße auf zwei getrennten Einmündungen erlauben, gelten allerdings auch nicht mehr als zeitgemäß und inzwischen sogar als unübersichtlich und damit potentiell verkehrsgefährdend. Gerade erst in der vorletzten Woche krachte es wieder an einer der dortigen Inseln, als sich zwei PKW zu nahe kamen.

Autofahrer verstehen die Verkehrsführung nicht mehr

Als das Barneviertel in den 1960er Jahren entstand, und viel weniger Autoverkehr herrschte, war das noch anders: Da waren die Einmündungen in Dreiecksform das Nonplusultra im Straßenverkehr: Sie sollten die Verkehrsströme flüssig und damit die Lärm- und Umweltbelastung gering halten. Statt Ampeln und Stoppschildern gab es daher die dreieckige Bauweise, auch Vorfahrtsschilder kamen oft erst später hinzu.

Inzwischen gibt es diese Verkehrsinselbauweise immer seltener. Heutige, vor allem ortsfremde Verkehrsteilnehmer kommen mit dieser Verkehrsführung nicht mehr gut zurecht, und so verschwinden sie allmählich, wie jetzt an der Lukas-Cranach-Straße. Die Verkehrsinsel wird abgeschafft und durch eine simple Einmündung mit nur einer Fahrspur ersetzt, die nicht mehr geschwungen auf die Straße Am Hasenpfahl trifft, sondern rechtwinkliger.

Das Verkehrsdreieck verschwindet, der Zebrastreifen wird ebenfalls verlegt | Foto: Daniel Schneider
Wo zuletzt noch der Baum stand, wird künftig die Straße verlaufen | Foto: Daniel Schneider

Auf dem dadurch gewonnenen Bereich kann zugleich die neue, größere Bushaltestelle gebaut werden. Auch einen neuen Grünbereich wird es dann geben, ein neuer Baum könnte gepflanzt werden. Für Hessing ist das nur ein schwacher Trost. Bis ein neu gepflanzter Baum ebenso Schatten spendet und zum Stadtklima beiträgt wie ein alter, vergehen Jahrzehnte. „In 30 Jahren ist es dann vielleicht so weit“, schätzt Hessing.

Dass zuletzt auch noch ein weiterer Baum am asiatischen Restaurant an der Ecke zum Barneplatz gefällt wurde, kann Hessing ebenfalls nicht nachvollziehen, insgesamt sind damit schon drei große Bäume im Bereich Am Hasenpfahl verschwunden. Der große Baum auf dem Barnestraßen-Verkehrsdreieck war bereits vor zwei Jahren ersatzlos entfernt worden, ein verbliebener vor dem Restaurant folgte. Zumindest mit letzterem hat die Stadt jedoch nichts zu tun – „das ist Privatgelände“, sagt Stadtsprecher Alexander Stockum auf Nachfrage der Auepost. Ein neuer Baum sei nach den Umbauarbeiten in diesem Bereich außerdem bereits gepflanzt worden. Hessing stellt jedoch fest, dass es in der Kernstadt noch immer keine Baumschutzsatzung gebe, die das Fällen alter Bäume verhindere.

Ab Mitte April wird umgebaut

An der Lukas-Cranach-Straße sollen die Straßenarbeiten nun Mitte April beginnen. Die neu zu errichtende Bushaltestelle wird dann nicht nur größer sein als die bisherige, sondern z. B. auch mit Blindenleitstreifen ausgestattet sein. Der Zebrastreifen in diesem Bereich wird ebenfalls versetzt werden. Die Kosten für die Baumaßnahmen belaufen sich auf 100.000 Euro, sie werden zu 75 % vom Land Niedersachsen gefördert, den Rest deckt die Region Hannover ab. Das derzeit noch vorhandene Verkehrsdreieck am Barneplatz wird demnächst ebenfalls umgebaut – zu einem Mini-Kreisverkehr.

[Anzeigen]
Auepost wird unterstützt von:

Kommentare


  • Harald Möller sagt:

    Bäume fällen in der Brut- und Setzzeit? Die Stadt erlaubt sich einfach was sie will. Hunde müssen an die Leine, Hecken und Büsche auch auf privatem Grund darf nicht geschnitten werden, Aber Bäume fällen das geht. Ich kann es einfach nicht verstehen. Naturschutz ist das nicht.

  • Stefan sagt:

    Wo ist das Problem? Warum wird darüber überhaupt berichtet? Bäume wegen gepflanzt und Bäume werden gefällt. Wann war dies in den vergangenen Jahrhunderten anders? Und trotz aller Meckerer, Wunstorf ist noch immer eine unglaublich grüne Stadt, wie jedes Luftbild sofort zeigt. Also was soll das? Eines werden die ewigen Nörgler aber gewiss erreichen, wenn es noch nicht geschehen ist: jeder normale Mensch muss es sich doch zweimal überlegen einen Baum zu pflanzen, wenn hinterher jeder mitreden und am besten noch mitentscheiden möchte. Lasst die Leute einfach in Ruhe und es wird auch zukünftig noch Bäume gepflanzt und gepflegt werden.

  • Andrea sagt:

    Die Baumfällung ist doch für einen guten Zweck: es entfallen wieder Parkplätze! Und damit man das begründen kann, versetzt man eben die Bushaltestelle und erklärt ferner, Autofahrer verstehen die Verkehrsführung eh nicht.
    War es am Bahnhof anders? Baum weg, Fahrradturm hin, was von Verkehrswende erzählen, ignorieren, dass das Ding nicht genutzt wird…aber es war für einen guten Zweck.
    Achtung, Beitrag enthält Spuren von Ironie

  • Birgit N. sagt:

    Das Fällen von Bäumen, gerade vor und während der Vogelbrutzeit, ist nicht nur ein Verbrechen an der Natur, sondern auch an den Tieren, die Bäume und Pflanzen als Habitat ihrer Fortpflanzung benötigen. Jedes Kind lernt dieses beizeiten in Kita und Schule. Das Fällen dieses Baumes ist ein Tatbestand des Unvorbildhaften. Ebenso wie das Fällen der Bäume in Steinhude „An der Trift“, die angeblich alle ausnahmslos befallen gewesen wären, was sich als unhaltbar herausstellte und wahrscheinlich anderen Gesichtspunkten im Weg waren. Es ist nicht mehr hinnehmbar und einfach nur traurig, beschämend und dem Erhalt der Natur und ihrer Schätzung unhaltbar.

  • Birgit N. sagt:

    Unverständlich und traurig.
    Im Zuge des Umweltinformationsgesetzes hat jeder Bundesbürger Einsicht in die Unterlagen, die eine solche Tat „rechtfertigen“ sollen, Einsicht in Gutachten und Pläne zwecks Einspruch und Abwehr.

    Die Handlungsweisen, die der Natur abträglich sind, scheinen sich zu häufen.
    Die Fragwürdigkeit um Sinn Fällen des schönen Baumes und seine Auswirkungen sollte Ansatz zum Nachdenken sein, nicht nur im Zuge des Klimawandels und Liebe zur Natur Sensibilisierung zu zeigen für Achtung Flora und Fauna.

  • Anonymous sagt:

    Am besten sollten die Bäume in Wunstorf komplett gerodet werden und an deren Stelle Windräder aufgestellt werden. Und neben die neue Bushaltestelle bitte noch eine gendergerechte Toilette installieren, falls der ÖPNV wieder mal streikt und die Warterei länger dauert.

  • Anwohner Barnestraße sagt:

    Baumaßnahmen = Baum weg = Parkplätze weg! Ja so ist das nun mal! Und aufpassen das nicht eine Fahrradstraße daraus wird! Achtung , Beitrag enthält Spuren von Selbsmitleid!
    Sorry Andrea für die Kopie!

  • Basti g. sagt:

    Wird das holz versteigert ! Wo bleibt das Brennholz?

    • Anonymous sagt:

      Das wurde direkt an Markus Krebs und seinen Brennholzverleih geliefert. Am besten, dort mal nachfragen…

      • Basti g. sagt:

        Na super und die Stadt hat keine Kohle ! Benachbarte ortschaften versteigern das an ihre Bürger und nutzen das Geld für die Allgemeinheit

  • Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Kontakt zur Redaktion

    Tel. +49 (0)5031 9779946
    info@auepost.de

    [Anzeigen]

    Artikelarchiv

    Auepost auf …