Wunstorf (ds). Es gab wie vermutet eine Dunkelziffer bei den Unfällen am Bahnübergang Hohes Holz. Zu denjenigen, die sich infolge der Verkehrsberuhigungs-Schwellen am Bahnübergang verletzten und sich anschließend nicht bei Polizei oder Stadt meldeten, gehört auch Dietmar O. Der 55-Jährige stürzte Mitte Juli über die große Schwelle südlich der Trasse, nachdem er den Bahnübergang bereits aus Richtung Steinhude überquert hatte. Wir trafen ihn nun, fünf Wochen nach seinem Unfall, am Bahnübergang, wo er uns das Geschehen schilderte.
Wie es genau passierte, wie das Rad auf die Schwelle traf, daran kann sich O. nicht erinnern, es geschah zu schnell: In einem Moment der Ablenkung – der Blick war hinter dem Bahnübergang auf die Industriegebäude gerichtet – fuhr er in gemächlichem Tempo über die große Schwelle, nachdem er die kleineren zuvor umfahren hatte. Dabei wurde ihm der Lenker aus der Hand gerissen, und O. stürzte vom Fahrrad auf die linke Körperhälfte, wobei er mit linkem Arm und rechter Hand zuerst auf der Straße aufprallte. Der Unfall erinnert an den Sturz des Jugendlichen, der Anfang August an genau derselben Stelle gestürzt war.
Nicht ausschließen will O., dass es nicht das Vorderrad war, das ihn aus der Spur brachte, sondern er mit einer Pedale an der hohen Schwelle hängengeblieben war. Dass dies ein denkbares Szernario ist, bestätigte zuvor auch Stadtsprecher Alexander Stockum im Gespräch mit der Auepost: Es sei bei dem Schwellentyp nicht auszuschließen gewesen, dass im ungünstigsten Fall Pedalen auf die Schwellen treffen konnten, so Stockum. Sogar das Kind eines Stadtverwaltungsmitarbeiters war mit dem Kinderfahrrad an den Schwellen hängengeblieben und gestürzt, wie die Auepost erfuhr.
Der von O. getragene Helm wies nach dem Sturz keine Unfallspuren auf, dafür waren die Verletzungen an Rumpf, Armen und Beinen nicht unerheblich: Zunächst nur kleine äußerliche Verletzungen bemerkend, wurden die Schmerzen in den folgenden Tagen stärker. Schürfwunden an rechter Hand, linkem Knie und Ellenbogen, dazu eine Rippen- und Knieprellung trug O. davon. Die getragene Jacke zerriss, die Jeans hielt. Der Arm ließ sich in den ersten Tagen nach dem Unfall nicht mehr richtig bewegen und schmerzt bis heute. Direkt nach dem Sturz hatte O. jedoch den Lenker am Fahrrad einfach wieder geradegebogen, die Kette gerichtet und war weitergefahren.
O. schrieb sich die Schuld für den Unfall selbst zu – aus mangelnder Aufmerksamkeit. Aus diesem Grund sah er auch davon ab, die Behörden zu informieren. Er kannte die Strecke vor dem Sturz bereits, fuhr regelmäßig zwischen Steinhude und der Kernstadt an dieser Stelle, und zum Zeitpunkt des Sturzes am Abend gegen 21 Uhr war es auch noch nicht dunkel gewesen. Die Temposchwellen hatte er in den Wochen zuvor schon wahrgenommen gehabt, sie bereits 5- oder 6-mal umfahren. Am Tag des Unfalls die große Schwelle jedoch nicht.
Warum werden dort keine Schranken gebaut?
Dietmar O.
Der Wunstorfer begrüßt nun, dass die Schwellen wieder verschwunden sind. Statt einer bloßer Ersetzung durch Stoppschilder hätte er sich jedoch weiterreichende Maßnahmen gewünscht: „Warum werden dort keine Schranken gebaut“, fragt sich O., „an der Medicum-Kreuzung ging es doch auch?“ Auch dass die am Ortsausgang die B441 querenden Schienen – an einer vielbefahrenen Bundesstraße – nur mit Lichtsignalen und nicht mit Schranken gesichert sind, kann er nicht nachvollziehen. Ein Umbau zu einem beschrankten Bahnübergang am Hohen Holz ist jedoch erst im Rahmen der Errichtung der Nordumgehung vorgesehen – was noch einige Jahre dauern kann.
Dietmar O. fährt inzwischen wieder Rad und hat bis auf den noch etwas schmerzenden Arm, eine zerstörte Jacke und einen zerkratzten Fahrradlenker keine bösen Erinnerungen mehr an den Sturz. Die Sache ist abgehakt. Ob noch weitere Radfahrer Ähnliches erlebt haben, das kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Nach dem Verkehrsunfall mit einem verletzten Autofahrer im November 2021 waren Temposchwellen zu beiden Seiten des unbeschrankten Kleinbahn-Bahnübergangs Hohes Holz installiert worden, um den Kraftfahrzeugverkehr auszubremsen, so dass sich eine höhere Aufmerksamkeitsspanne zugunsten des Zugverkehrs ergab. Zweiräder konnten die Schwellen seitlich passieren. Nach mehreren teils schweren Unfällen mit Radfahrern waren die Schwellen im August 2022 wieder entfernt worden.
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