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Ungeschützt vor Angriffen? Warum das große Tanklager auf dem Fliegerhorst nicht getarnt ist

20.06.2023 • Daniel Schneider • Aufrufe: 8483

Würde man das mobile große Tanklager, das sich aktuell auf dem Fliegerhorst Wunstorf befindet, im Ernstfall anders bauen? „Nein“, sagt der Chef der Spezialpioniere im Gespräch mit der Auepost – und liefert gleich die Erklärung dazu.

20.06.2023
Daniel Schneider
Aufrufe: 8483
Kompaniechef Major Pöhlmann (re.) und der Betriebsoffizier des Feldtanklagers | Foto: Deppe/Dombrowski

Wunstorf (ds). Darf man darüber überhaupt berichten, ist das nicht zu gefährlich? Das kommentierte ein Auepostleser in Sorge um die möglichen Gefahren, wenn das auf dem Fliegerhorst errichtete große Feldtanklager zum Ziel eines Angriffs würde. Warum nicht gleich die Koordinaten für das russische Satellitensystem mit dazuschreiben, kommentierte ein anderer Leser sarkastisch.

Die Frage, die dahintersteckt, scheint berechtigt: Tarnung ist das A und O beim Militär, Flecktarn steht synonym für die Streitkräfte, aber das Feldtanklager steht weithin gut sichtbar auf dem Gelände der Luftwaffenbasis. Macht man durch zu viel Öffentlichkeit das Feldtanklager auf dem Fliegerhorst Wunstorf, das rund zweieinhalb Millionen Liter Treibstoff fasst, also zum potentiellen Ziel? Wäre militärische Geheimhaltung hier nicht das Gebot der Stunde?

Stattdessen lenkt sogar die Bundeswehr selbst die Aufmerksamkeit auf das riesige Tanklager und präsentiert es detailliert im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Da könnte man fast auf die Idee kommen, dass das alles nur eine große Attrappe ist, eine militärische Finte, und der echte Treibstoff ganz woanders lagert.

Ein Denkfehler

Der deutlich wahrnehmbare Kerosingeruch, wenn man vor der Anlage steht, spricht allerdings gegen eine Täuschung, und deshalb geben wir die Frage einfach an Peter Pöhlmann weiter: Der Major ist der Kompaniechef der Feldtanklagertruppe und hat mit seinen Pipelinepionieren die Feldtankblasen realisiert. Zum Start des Luftverteidigungsmanövers erklärt er den prominenten Besuchern und der Presse die Aufbauten und Funktionsweise der errichteten mobilen Tankstelle auf dem Fliegerhorstgelände.

Eine der Feldtankblasen enthält 300.000 Liter Kerosin | Foto: Daniel Schneider
Major Pöhlmann erklärt den Tanklageraufbau | Foto: Daniel Schneider

Also würde er im Spannungs- oder Verteidigungsfall das Feldtanklager anders bauen aus Sorge vor möglichen Angriffen auf die Treibstoffvorräte? Wenn Air Defender 2023, für deren Gelingen das Tanklager gebaut wurde, nicht nur eine Übung wäre? Würde man dann dezentralere Tankanlagen errichten oder die Anlage tarnen?

Wenn Major Pöhlmann die Frage amüsant findet, dann lässt er es sich nicht anmerken. „Nein“, gibt er die eindeutige Antwort. „Wir würden es ganz genauso bauen“, sagt der Offizier entschieden. Auch die einleuchtende Begründung hat er gleich parat: Das Tanklager werde mitsamt dem übrigen Fliegerhorst geschützt, man könne die Konstruktion nicht isoliert betrachten.

„Wir würden es ganz genauso bauen“

Angriffe im Fall der Fälle müssten schon im Vorfeld abgewehrt werden, deshalb benötige das Treibstofflager keine spezielle zusätzliche Tarnung. Gewissermaßen werde ein solches Tanklager von der übrigen militärischen Infrastruktur mitgeschützt, was eine Geheimhaltung überflüssig mache. Auch ein unterirdischer Bau wäre keine Option: „Das bekämen wir nicht in die Erde“, so Pöhlmann.

Das heißt anders ausgedrückt: Wenn der Fliegerhorst Wunstorf wirklich angegriffen würde, dann wären die Treibstoffvorräte das geringste der Probleme.

Her mit dem Schotter!

Die Tarnung eines ganzen Fliegerhorstes ist also unrealistisch, und die Tankanlagen wurden so errichtet, wie sie auch im Ernstfall gebaut werden würden. Das ist schließlich Sinn eines Trainingsszenarios, und so versteht Major Pöhlmann auch seinen Auftrag: So arbeiten, als wäre es nicht nur eine Übung, sondern ein realer Einsatz. Für ihn sei es ein realer Einsatz, gibt der Kompaniechef zu verstehen – Abstriche bei der Umsetzung gebe es nicht, weil etwa nur geübt werde.

Die Dimensionen werden deutlich, wenn man die Personen gegenüberstellt | Foto: Daniel Schneider
Tonnenweise Kies wurde zum Bau benötigt | Foto: Deppe/Dombrowski

Wenn auch die Tarnung keine Herausforderung darstellt, so ist es vielmehr die Errichtung des Tanklagers selbst: Denn was dort auf dem Fliegerhorst nun auf den ersten Blick wirkt wie 8 überdimensionale schwarze Kissen mit ein paar stabilisierenden Steinwällen drumherum, war Schwerstarbeit, auch logistisch. Der trotz aufgestellter Treppenstufen in der Höhe unscheinbare Eindruck, den die nun akkurat gebaute Anlage vermittelt, täuscht.

In der Fläche betrachtet werden die Dimensionen erst richtig deutlich: 17.000 Tonnen Schotter mussten bewegt werden, und es wurden Rohre verlegt, die zusammen bald eine Länge von 2 Kilometern ergeben. Das Baumaterial wurde lastwagenweise angeliefert. Dass man so eine Anlage nicht „sicherheitshalber“ einfach kleiner an verschiedenen Stellen baut, das leuchtet dann auch irgendwie ein. Es würde den immensen Aufwand nochmals vervielfachen.

Sicherheit steht ganz oben

Auch die Betriebssicherheit steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Unter den Leitungskupplungen stehen Ölwannen, die auch kleinste Undichtigkeiten sofort auffangen würden – sie werden permanent kontrolliert.

Ölwannen unter den Dichtungen | Foto: Daniel Schneider

Auch wenn eine der Tankblasen ein Leck bekäme und ausliefe, wäre das kein Umweltschaden: Die Tankblasen liegen innerhalb der Schotterkammern, die wiederum noch einmal mit demselben Material vollständig ausgekleidet sind. Sogar wenn eine der Tankblasen komplett ausliefe, würde die zweite Barriere den Inhalt vollständig auffangen können, erklärt Major Pöhlmann.

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Kommentare


  • Peter Wallenhauer sagt:

    Guten Tag.
    Sollten die Tanklager längerfristig genutzt werden, muss ein Hangar verbaut werden. Diese Maßnahme dient zum Schutz und der Tarnung. Das ist meine Überzeugung. Sicherheit ist oberstes Gebot.

    • Marc H. sagt:

      Das wäre weder ein besonderer Schutz noch eine Tarnung – es würde höchstens ganz deutlich zeigen, wo das Lager ist, da kann man dann auch gleich noch ne große Zielscheibe aufs Dach malen. Aber im Artikel stand ja, warum so eine Anlage nicht besonders geschützt werden kann und auch gar nicht muss.

    • Dirk F. sagt:

      Explosiv-/Brandstoffe im freien, entwickeln weniger Spreng-/Splitterwirkung als fest eingekleidete Stoffe. Ein Gebäude darüber würde im Schadensfall sogar noch deutlich mehr Schaden anrichten können, da Trümmer (das Gebäude) fortgeschleudert und als Geschosse münden würde. Ausserdem erleichtert es im Brandfalle den Zugang und die Übersichtlichkeit. Es macht so also schon Sinn.

  • Semmler sagt:

    „Schuld sind immer die anderen“ ,das ist ein geflügeltes Wort.
    Wenn das Treibstofflager im Ernstfall getroffen wird, dann hat eben der “ gesamte“ Schutz
    ( eben die anderen!)der Anlage versagt.
    Das ist in meinen Augen mehr als naiv gedacht.
    Dann fällt nicht nur der Flugplatz als Standort aus, sondern die Luftverteidigung ist geschwächt,da die Maschinen in der Luft nicht betankt werden.
    Ich halte hier ein Umdenken für erforderlich!!!!!

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