Luthe (ds/ms). Andreas Schmidt hatte am vergangenen Freitag nicht wenige Fans von Nord und Mord ins Naturerlebnisbad Luthe gezogen. Die Lesung des Krimiautors bildete den Auftakt des großen Auftaktprogramms des Wunstorfer Lese- und Kulturfestivals. Seine Zuhörer hatte Schmidt mit Leichtigkeit im Griff des Verbrechens, hatte allerdings nicht aufmerksam genug Auepost gelesen. Die vermeintliche Badehosenpflicht griff er direkt auf für sein Programm und machte Anstalten, seinem Publikum zu beweisen, dass er an dieses wichtige Bekleidungsteil in entsprechender Umgebung nicht nur gedacht, sondern unter der Abendgarderobe sogar direkt angelegt hatte. Sicher ist schließlich sicher, gerade im Genre der Küstenkrimis.
Am Samstag eröffnete Florian Müller den Lesefestival-Familientag bei bestem Wetter mit einer interaktiven Lesung und Musik. Martina Türschmann präsentierte den zweiten Teil ihrer Miesegrimm-Reihe, und Anette Sorge las nicht nur aus einem ihrer Bücher, sondern hatte auch ein Lied für das Lesefestival mitgebracht.
Ranga, die Bücherfee, hatte einen Tisch mit umfassender Auswahl an Büchern für jedes Alter dabei und sorgte für große Nachfrage. Die Kunstschule hatte einen Stand aufgebaut, an dem Traumfänger gebastelt wurden, und die Besucher konnten zudem Lachyoga ausprobieren.
Der Samstagabend gehörte dann dem musikalisch-lyrischem Duo Renate Folkers und Gerd Langwald. Schriftstellerin und Lyrikerin Folkers, die ihre nordfriesische Herkunft auch zum Thema ihrer Texte macht, ist aus Hannover angereist und wirkt doch wie die kosmopolitische Hanseatin – weltgewandt und welterfahren verknüpft sie Anekdoten aus Alltag und Gesellschaft zu einem nachdenklich machenden bis amüsanten Moment der Dichtung. Zitiert wird Tucholsky, Erlebnisse vom Bahnfahren gibt es reichlich, und personell fährt man sowieso zweigleisig:
Ihr musikalischer Counterpart Langwald, mit dem sie sich pointiert die humoristischen Bälle zuspielt, tritt auf als Archetyp des Liedermachers – eines Liedermachers, der jedoch ein deutliches Faible für Peter-Maffey-Stücke erkennen lässt. Seine Coverversionen interpretiert er zur Freude der Zuhörer dabei teils sehr frei. Langwald spielt sich rückwärts durch die neuere Musikgeschichte und bringt das Publikum dabei zum Wegschweben und Träumen. Eben noch mit Dirk Busch in den 1990ern, ist man mit Peter Cornelius schon in den 1980ern und dann schließlich in den 1970ern angelangt, bevor man sogar mit Harry Belafonte in den 1950ern ankommt.
Beide tragen auch auf Platt vor, singen und dichten auf Niederdeutsch und holen friesisches Küstenflair nach Luthe. Bei „Butterfly“ als musikalischem Programmpunkt angekommen, beginnt zwar kein Schmetterling, aber dafür eine Möwe wie bestellt über dem Veranstaltungsort zu kreisen – und harmonisch einfügsam zu kreischen.
Folkers und Langwald bekommen am Abend noch Verstärkung: Die „Saxophonixen“, die das Instrument ähnlichen Namens mit Raffinesse in einen orchestralen Klangkörper verwandeln, grooven sich mit einer Bandbreite von „Pippi Langstrumpf“ bis zu „Hit the Road Jack“ durch den Abend in der besonderen Atmosphäre des Luther Freibades.
Fazit dieses Wochenendes: Musik und Literatur gehören eindeutig zusammen – und finden beim Wunstorfer Kultur- und Lesefestival ihr Publikum auch außerhalb von Theatersitzreihen und Veranstaltungsräumen – den ein oder anderen herüberrollenden Volleyball von der aktiv bespielten Freibadwiese eingeschlossen.
Aufnahmen: Malte Süß/Daniel Schneider/privat
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