„Wir wollen jetzt Fahrt aufnehmen!“ Friedrich Kampe sitzt bei Kaffee und Pausenimbiss in der Aula des Hölty-Gymnasiums und spricht über das Kulturzelt. Die rote Arena steht 100 Meter entfernt auf einer Wiese zwischen Sporthalle und der früheren Scharnhorst-Schule. international bekannte Künstler treten dort auf, Gymnasiasten suchen dort nach der Schule von morgen, nicht zuletzt: „meervocal“, das renommierte Jazzchor-Festival, setzt dort Akzente. Kampe ist so etwas wie der Zirkusdirektor.
Ein Jahr lang habe das Kollegium des Hölty Ideen gesammelt, sondiert und geplant, blickt der 64-Jährige zurück. Es ist ein Programm entstanden, das es so in der Stadt noch nicht gegeben hat – wie auch der Veranstaltungsort bislang einmalig ist. Ein Jahr Vorbereitung, Suche nach Mit-Veranstaltern, Akteuren und Sponsoren. Auch die Anwohner wurden mit ins Boot geholt, bekamen Freikarten für eine Aufführung. Viele Stunden Arbeit, bevor der Kabarettist Rüdiger Hoffmann den Startschuss geben sollte. Kampe kann seine Enttäuschung über die Absage nicht verbergen. Der Vorverkauf entsprach nicht den Erwartungen der Agentur.
Kampe – seit 1986 Musikerzieher im Gymnasium an der Hindenburgstraße, Präsident des niedersächsischen Verbandes Musikunterricht, Vordenker und Motor bei meervocal – ist dabei genauso machtlos wie Veranstalter Adis Bajric, der mit La Sol Events seit Jahren bekannte Künstlerinnen und Künstler in Küsters Hof holt und am Kulturzelt Getränke und Brezeln bereithält. Statt Hoffmann startet das Programm mit Matthias Brodowy.
Das war ein Auftakt nach Maß. Und so soll es weitergehen: „Es ist für jeden Geschmack was dabei. Wir haben so manchen Top Act„, ist Kampe sicher. Künstler zu präsentieren, ist der publikumswirksame Teil der Termine im roten Zelt. Die spezielle Atmosphäre der Arena nutzt die Schule im 100. Jahr ihrer Geschichte auch als Werkstatt. Kampe spricht von Workshop und Campus. So oft wie möglich holt er „die Schülerschaft ins Boot“. Bis zum 2. Juli können Kurse, Klassen, Arbeitsgemeinschaften oder freie Ensembles Projekte im Unterricht oder in freien Arbeitsformen entwickeln und präsentieren, um so Antworten auf die zentrale Frage zu geben: Wie wollen wir in Zukunft lernen und unsere Schule als Lebensraum verstehen? Ziel des Campus sollen Projekte zur Zukunft der Schule sein, die aus den Klassen und Kursen entstehen „und sich in besonderer, weil selbst inszenierter Lernumgebung entfalten können“.
Zwei Monate lang werde das Kulturzelt, so Kampe, zu einem „Ort für zukunftsrelevante Diskussion, Literatur, Kunst, Theater und Musik zum Thema „Schule mit Zukunft“. Teil der Reihe: Sommerkonzerte in Juni und ein Auftritt der Big Band des Hölty.
Die Reaktionen, die der Musikerzieher aus der Schule schildert, geben dem Konzept Recht. „Die Schüler sind natürlich begeistert“ – vom Programm, vom Ambiente, von der Abwechslung. Kampe hofft darauf, dass sie ihren Enthusiasmus mit nach Hause nehmen und die Eltern anregen, auch ins Kulturzelt zu kommen. Warum eigentlich das Ganze? Das Gymnasium, die größte Schule der Stadt, wird 100 Jahre alt. Das rote Zelt ist wesentlicher Teil der Geburtstagsfeier. Die Idee dazu stammt von Birger Reese, erzählt Kampe. Der Kollege, der in der Schulleitung die Mittelstufe koordiniert, habe das in einer Diskussion über den Veranstaltungsort vorgeschlagen. Das Stadttheater scheide wegen des Umbaus aus, und die Sporthalle fand auch keinen Gefallen.
Organisiert hat das Ganze der frühere Hölty-Schüler Jürgen Opper. Der nennt sich bescheiden Veranstaltungstechniker. Seine Firma Clou audio systems aus Isernhagen gehört zu den Besten der Zunft. Das Zelt steht üblicherweise in Burgdorf. Dank der Sponsoren – Stadt und Stadtsparkasse, Land Niedersachsen, Calenberg-Grubenhagensche Landschaft, Hölty-Förderverein und Schaumburger Landschaft – war es bezahlbar, es zwei Monate zu mieten und zu versetzen, mit der Hilfe des Teams vom Baubetriebshof der Stadt. Einige Termine haben die Organisatoren den Agenturen La Sol und Aquesto übertragen. Dort sind auch die Tickets zu buchen.
Kampes besonderes Anliegen ist das „ meervocal Festival“ am 24. und 25. Juni. Seit es 1995 aus der Taufe gehoben worden ist, zählt es zu den herausragenden Terminen für Jazzchöre. Kampe hebt „Gretchens Antwort“ hervor. Sie wird gegeben von vier Sängerinnen aus Berlin. A cappella vom Feinsten, verspricht der Macher. Aber sein Aktionschor Twist and Shout ist als „local hero“ ebenso dabei. Lokalhelden sind auf ihre Weise auch die „Grails“. Die inzwischen international arrivierte Band tritt am 7. Juni im Zelt auf. Einige Musiker der Melodic-Deathmetal-Gruppe sind Hölty-Schüler: Tilman Eckelt, Michael und Ralf Kosik sowie Timo Hatje.
Der Auftritt der „Grailknights“ ist einer der Beiträge von Hölty-Leiter Jobst Heizmann zum Programm: Der Oberstudiendirektor ist ein ausgewiesener Heavy Metall-Fan. Die Grails präsentieren Songs aus ihrem aktuellen Programm. Top Act im Zelt ist für Kampe der Auftritt von THE REAL GROUP. Am 25. Juni liefert das Vokal-Quintett aus Schweden einen „ganz individuellen musikalischen Ausdruck im Bereich zwischen Jazz, Pop und nordeuropäischer Chormusik“. Er bezeichnet die Sänger als eine der weltweit führenden Gruppen im Bereich Vokalmusik und gibt einen Einblick in die Feinheiten der Organisation: Die wirkliche Gruppe, so die Übersetzung ihres Namens, tritt nur auf, wenn die Veranstalter die Übernachtung im Fünf-Sterne-Hotel garantieren. Und der Schlusspunkt in der roten Arena? Kampe: „Selbstverständlich der Abiball!“
Das Programm:
Queenz of Piano am 24.05.
Schule mit Zukunft - Konzerte, Ausstellung, Theater 02.06.
Ulla Meinecke und Band 04.06.
Grailknights 07.06.
Mundstuhl 17.06.
Sommerkonzert „Fabelwesen der Romantik" 18.06.
GlasBlasSing 19.06.
Gretchens Antwort 24.06.
The Real Group 25.06.
Hölty Sommerkonzerte 28./29.06.
Interview: Malte Süß, Text: Achim Süß
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