Wunstorfer Auepost
[Anzeige]

Fußgängerzone vor dem Umbau – Suche nach neuen Sitzbänken und Pflasterung

12.02.2022 • Achim Süß • Aufrufe: 1611

Der Ortsrat Wunstorf debattierte ausgiebig über die geplante Neumöblierung der Fußgängerzone und stimmte der Verwaltungsvorlage zum Austausch der Olympiabänke zu. Auf wenig Akzeptanz stießen jedoch die zur Auswahl vorgelegten Alternativen. Ein konkretes Nachfolgemodell wird nun weiter gesucht.

12.02.2022
Achim Süß
Aufrufe: 1611
Wunstorfer Fußgängerzone
Wunstorfer Fußgängerzone (Archiv) | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (as). Das Gesicht der Innenstadt wird sich von Grund auf ändern. Das steht seit der jüngsten Sitzung des Ortsrats Wunstorf am Mittwochabend endgültig fest. Das Gremium stimmte in einer Videokonferenz einstimmig den diversen Vorschlägen der Stadtverwaltung zu. Es soll neue und zusätzliche Sitzbänke in der Fußgängerzone geben, neue Abfallbehälter, Spiele für Kinder wie eine „ausgefallene Murmelbahn“ und ein Beleuchtungskonzept für die Stadtkirche. In der Beratung wurde deutlich: Die SPD will noch viel weiter gehen.

Der Ortsrat der Kernstadt hatte sich in seiner ersten Videoschaltung überhaupt mit einem Stapel von Beschluss- und Informationsvorlagen zu Projekten zu befassen, die das Stadtzentrum aufwerten sollen. Die weitreichenden und zum Teil sehr detaillierten Drucksachen müssen im Eilverfahren bearbeitet werden: Im Sofortprogramm „Perspektive Innenstadt“ des Landes locken Millionenzuschüsse.

Niedersachsen fördert Städte bei der Bewältigung der Pandemiefolgen in den Innenstädten. „Perspektive Innenstadt!" bietet 117 Millionen Euro aus einer Aufbauhilfe der EU. Kommunen sollen Innenstädte mit individuellen Konzepten zukunftssicher machen können. Dem Einzelhandel soll geholfen werden, aber auch neue Nutzungen und „Aufenthaltsqualitäten" sollen ermöglicht werden. Digitalisierung und
Klimaschutz sind wesentliche Aspekte des Programms. Ziel ist es, den Lebensraum Stadt neu zu erschließen. Es geht um neue Projekte und Konzepte. Alles muss bis März 2023 abgeschlossen sein.

Die Innenstadt neu formatieren

Die Stadtverwaltung hat einen ganzen Fächer von Vorschlägen zur Neu- und Umgestaltung des Zentrums, des Bürgerparks und der sogenannten Randbereiche der Fußgängerzone vorgelegt. Im Zusammenhang mit den Papieren zu neuen Dienstleistungsangeboten wie Internet-Kaufhaus, Markthalle und sogenannten Coworking-Flächen (eine besondere Form von Bürogemeinschaft) lässt sich sagen: Wunstorfs Kern steht vor einer weitreichenden Neuformatierung.

Die Initiativen waren immer wieder Thema im zurückliegenden Kommunalwahlkampf. Von allen Seiten war zu hören: Die Innenstadt muss aufgewertet, dem Einzelhandel geholfen werden. Carsten Piellusch, der neue Bürgermeister, hat mehr als einmal erklärt, es gehe um nicht weniger als das „Herz von Wunstorf“. Diese Formulierung hat jetzt im Ortsrat keine Rolle gespielt, aber alle Sprecher waren sich einig: Es muss etwas geschehen – seit langem diskutierte Ideen können jetzt umgesetzt werden – die Chance der weitgehenden Finanzierung aus Zuschüssen muss genutzt werden.

So wurde das vom Rathaus vorgeschlagene Vorgehen zum städtebaulichen Entwicklungskonzept ebenso einstimmig befürwortet wie der Beginn von Untersuchungen zur Sanierung der Innenstadt, die Umgestaltung des Bürgerparks und die „Neumöblierung der Innenstadt“ oder die Planung einer Anlage für Mountainbikes im Bereich der sogenannten Reiterkuhle im Baugebiet Wendfeld.

Ausgiebiege Debatte über die Olympiasitzbänke

Intensiv befasste sich der Ortsrat mit der Verwaltungsvorlage zum Austausch der Sitzbänke in der Fußgängerzone, die seit der Inbetriebnahme 1982 stehen. Ortsbürgermeister Thomas Silbermann (SPD) gab zunächst bekannt, dass die Werbegemeinschaft eigene Vorschläge für ein neues Bank-Modell präsentieren werde. Silbermanns Kommentar: „Find’ ich eigentlich ganz gut. Vielleicht gibt’s auch noch einen weiteren Vorschlag.“ Silbermann drängte wegen der kurzen Fristen darauf, der Drucksache zuzustimmen, aber Details weiter zu diskutieren. Er kündigte an, zu einer interfraktionellen Runde einzuladen, um sich zum Beispiel über die Bänke zu verständigen.

Das sind ja Designer-Stücke. Einfach entsorgen oder beim Bauhof lagern – das find ich nicht optimal

Manfred Gröne (CDU)

Für die SPD, so deren Sprecher Sören Thoms, komme es darauf an, dass die neuen Sitzmöbel pflegeleicht und bequem (Thoms: „barrierefrei“) seien. Zustimmung gab es dafür von FDP-Mann Klaus-Jürgen Maurer und Andreas Niepel (AfD), während Manfred Gröne die Frage aufwarf, was mit den „alten Bänken“ geschehen soll. „Das sind ja Designer-Stücke. Einfach entsorgen oder beim Bauhof lagern – das find ich nicht optimal“, kommentierte der CDU-Mann unter Hinweis auf Leserbriefe und Kommentare in sozialen Medien. Die Bänke könnten auch versteigert oder dort aufgestellt werden, wo Vandalismus drohe, schlug Majid Atris (SPD) vor. Und: „Viele Bürger sehen die ja als Kulturerbe an.“

Olympiabänke in Wunstorf | Foto: Daniel Schneider

Die mehrfachen Hinweise auf Diskussionen im Internet und Meinungsäußerungen von Bürgern veranlasste Kirsten Riedel, die Vorschläge der Verwaltung vehement zu verteidigen. Die frühere Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion nannte die öffentliche Debatte ein „bisschen unsäglich“. Unwidersprochen erklärte sie, bei ihren Recherchen keine Hinweise gefunden zu haben, dass es sich um sogenannte Olympia-Bänke handele oder um Design-Ikonen.

Die sind nämlich super geeignet für Jugendliche, weil man da super auf der Lehne sitzen kann

Kirsten Riedel (SPD)

Sie frage sich, ob diejenigen, die sich jetzt zu Wort melden, überhaupt mal die Bänke nutzen. Sie seien zu niedrig, zu tief und man könne sich nicht anlehnen. Alte Menschen hätten Schwierigkeiten, aufzustehen. Die Gestelle hätten den „Charme der Siebziger“. Das sei zwar „irgendwie retro“, aber die Bänke seien „natürlich einfach total unpraktisch“. Möbel aus dieser Zeit habe sie zuhause auch nicht mehr. Wenn eine attraktive Fußgängerzone geschaffen werden solle, dann sei eine neue Möblierung erforderlich. Bisher habe „immer das Geld gefehlt“, jetzt gebe es Zuschüsse.

„Unpraktisch“, „veraltet“: Kirsten Riedel will, dass die grünen
Metallbänke aus der Fußgängerzone verschwinden (Archiv) | Foto: Achim Süß

Im Bürgerpark, könne sie sich vorstellen, könnten die Bänke eine neue Verwendung finden: „Die sind nämlich super geeignet für Jugendliche, weil man da super auf der Lehne sitzen kann, viel besser als auf der Bank selber.“ Die Fußgängerzone sei kein Museum und müsse sich neuen Anforderungen anpassen. Riedel: „Vielleicht stellt sich auch jemand die Bänke gern in den Garten.“

Einmal im Redefluss, ging Riedel auch auf die Pflasterung im Stadtzentrum ein.: „Die werden wir ja auch nicht ewig behalten. Hoffentlich.“ Sie wiederholte, die Stadt müsse sich neuen Anforderungen stellen und neuem Nutzerverhalten. Details nannte sie nicht. Die vorgeschlagenen Bankmodelle findet Riedel nicht „so charmant“. Vielleicht finde sich noch etwas Besseres.

Wie viele Papierkörbe kriegt man denn für 20.000 Euro?

Andreas Niepel (AfD)

Riedel habe vollkommen Recht, erklärte die CDU-Fraktionssprecherin Ulrike Hansing. Wenn das Zentrum jetzt neu gestaltet werde, dann könnten „diese Bänke“ nicht stehen bleiben. Sie seien „total überholt“.

Nicht zu klären blieb die Frage von Andreas Niepel von der AfD, dem die Informationen zu einem Punkt der Drucksache nicht ausreichen: „Wie viele Papierkörbe kriegt man denn für 20.000 Euro?“ Das soll im weiteren Verfahren geklärt werden. Eine Murmelbahn in der Fußgängerzone, von der Verwaltung ebenso vorgeschlagen wie das Kinderspiel „Heißer Draht“, waren in der Debatte kein Thema. Das letzte Wort hat der Rat der Stadt.

von Achim Süß
[Anzeigen]
Auepost wird unterstützt von:

Kommentare


  • Wunstorfer sagt:

    Zitat:
    Sie frage sich, ob diejenigen, die sich jetzt zu Wort melden, überhaupt mal die Bänke nutzen. Sie seien zu niedrig, zu tief und man könne sich nicht anlehnen.

    Frage dazu:
    Aber an den Betonsitzklötzen ohne Lehne kann man sich dann besser anlehnen oder wie!?

  • Tehpunkt sagt:

    Die grünen Bänke sollen bleiben! Nutzt das Geld lieber für den Barne Platz! Den kann man so schön gestalten, Leben reinbringen. Boulebahn, bissl Bepflanzung, grün. Bunt… Herr Pielusch, keine neuen Bänke in der Innenstadt!!!

  • Schowun sagt:

    „Sie frage sich, ob diejenigen, die sich jetzt zu Wort melden, überhaupt mal die Bänke nutzen“
    Die Bänke sind mir persönlich egal. Aber allen Anschein sind sie weder defekt noch unansehnlich. Wieso soll man sie dann tauschen.

  • Drakonomikon sagt:

    Die Stadt sollte mal lieber zusehen, dass ein paar Bänke und Mülleimer am Damm und entlang des Kirchwegs gebaut werden. Die Innenstadt ist gut genug ausgestattet.

  • Hans H. Hanebuth sagt:

    „irgendwie retro“, „total unpraktisch“, „total überholt“ anscheinend auch nicht „barrierefrei“. Sind das Gründe für neue Bänke in der Stadt? Für mich, als etwas älteren Bürger der Stadt sind diese Gründe nicht nachvollziehbar. Und wenn ich dazu noch lese, dass diese Aktion 90.000 Eure kosten soll, dann frage ich mich, ob wir keine anderen Sorgen haben. Ja, die Bänke haben einen Nachteil, die Sitzhöhe ist niedrig für alte NutzerInnen. Das kann aber aber leicht und sicher für weniger als 90.000 Euro geändert werden. Die Tragkonstruktion würde einfach gegen eine höhere ausgetauscht. Und warum sollten Jugendliche nicht auch in der Stadt die Möglichkeit haben auf der Lehne einer Bank zu sitzen. Nein, diese Bänke passen in die Fußgängerzone ebenso wie all die unterschiedlichen Fassaden der Häuser, die wir auch nicht als „retro“ bezeichnen.

  • G. Taro sagt:

    Welch ein Beispiel für die Arroganz eingebildeter Macht. Die Bedenken und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger werden ignoriert, abgebügelt oder diffamiert.

    Hier denkt und handelt jemand wie Sancho Panser: „wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand, und habe ich nur erst die Insel, so will ich sie regieren, wie ein Daus!“ (s. Hoffmeister, Karl: aus Schiller’s Leben, Geistesentwicklung und Werke; Stuttgart 1883, S. 117).

    Mir sind keine hinreichende Gründe bekannt, die für ein Auswechseln der „Olympiabänke“ spräche. Sie sind funktional, bequem und passen ins Stadtbild. Und die Bürgerinnen und Bürger haben sie lieb gewonnen. Einzig erkennbarer Nachteil, sie missfallen bestimmten Ratsmitgliedern.

    Wenn der Geschmack der Bauausschussvorsitzenden bei der Gestaltung ihrer Privatwohnung zum Entscheidungskriterium für die Innenstadtgestaltung herangezogen wird, na, da will ich jetzt nicht weiter darüber nachdenken. Gruselig!

    Mir drängt sich die Vermutung auf, dass man sich bei der geplanten Neumöblierung unserer „schönsten Innenstadt der Region“ verhält, wie beim saisonalen Schlussverkauf: Kaufen, kaufen, kaufen, weil es die Investition zum Schnäppchenpreis gibt („90% auf Alles, ausser auf Tiernahrung“). Über die Sinnhaftigkeit der Investition wird dann später nachgedacht. Und natürlich alles unter Zeitdruck, damit ja keine Zeit zum Überdenken der Entscheidung bleibt.

    Konsequenter Weise werden die Einzelinvestition dann noch zu einem Paket vertäut und zur Entscheidung gestellt. Eine kleinstädtische Posse. Und kommt Kritik aus der Bürgerschaft, wird diese als „unsäglich“ diffamiert und abgebügelt.

    Übrigens: Es ist ein Irrtum, dass Amt und Verstand zwangsläufig in (positiver) Korrelation zu einander stehen. Diesem Trugschluss sollten die wunstorfer Kommunalpolitiker nicht erliegen.

  • Gilbert sagt:

    Die gewählten Mitglieder der Ortsräte und Ausschüsse hier in Wunstorf ignorieren mehrheitlich die Wünsche der Bürger. Ganz vorne an: Die beiden Damen von S und C. Es werden von der Stadtverwaltung „Bürgerbeteiligungsverfahren“ initiiert. Makulatur! Umsetzung erfolgt; sofern es denn Verwaltung und „Mehrheitsgruppe“ im entsprechenden Gremium (Ortsrat / Ausschuss / Stadtrat) Recht ist. Lasst Euch das auf der Zunge zergehen: „Verkehrsberuhigung in der Senator-Kraft-Straße“: ABGELEHNT! Aber: „Verkehrsberuhigung in Luthe“: ZUSTIMMUNG!GENAUSO WIRD ES KOMMEN!DAS ist gelebte Demokratie… !!! Also für den Restmüll !!!

  • NN sagt:

    Irritation

    Befremdlich erscheint der Aufriss dieses Punktes einer „Bankneugestaltung“, ein anscheinend riesiges Problem, was hier als unumgänglich verabsolutiert wird. Wenn eine Dame will, dass die Bänke weg sollen, bitte, wo ist die Meinung einer Allgemeinheit, vielleicht solcher, die diese Bänke, die durchaus nicht ihrer Aufgabe verfehlend sinnlos die Fussgängerzone einnehmen. Pardon, wollen Sie neue Bänke womöglich aus Tropenholz wie beispielsweise in Steinhude? Klimawandel und Umweltzerstörung unbekannt? Oder soll die Neugestaltung schlichtweg mal wieder einem ach so bekannten Neuimage dienen, wie oft getötigt (siehe Hermann-Löns-Parkplatz, Steinhude). Die alten Sitzmöbel haben jahrelang ihren guten Dienst getan, viele Menschen haben darauf gesessen und sitzen heute noch. Was soll das Ganze? Es wäre besser, sich mal den wirklichen Problemen zuzuwenden, und nicht immer nur die Zuckerverkleidung bewusster Tatsachenverschleierung darzustellen.

  • Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Kontakt zur Redaktion

    Tel. +49 (0)5031 9779946
    info@auepost.de

    [Anzeigen]

    Artikelarchiv

    Auepost auf …