Wunstorf (ds). Wunstorf spielt einmal mehr vorne mit bei der Einführung von neuen Konzepten: Flächendeckendes Bezahlen des Parktickets mit dem Smartphone ist nun auch in der Auestadt Realität.
Entschieden hat man sich dabei nicht für eine Insellösung, sondern greift auf die Plattform „Smartparking“ zurück, unter der sich mehrere unterschiedliche Anbieter von Handy-Parkticket-Systemen zusammengeschlossen haben. Dadurch ist man nicht an einen bestimmten Anbieter gebunden, sondern kann in Wunstorf ggf. die schon installierte App des jeweiligen Dienstes weiternutzen, die man bereits für Hannover oder andere Städte installiert hat. Für das Parken in Wunstorf stehen die Anbieter Easypark, Park Now, Mobilet, Yellowbrick/Flowbird, Paybyphone, Parkster und Parco zur Auswahl.
„Jeder Parkautomat hat das jetzt“ Bürgermeister Eberhardt
Am vergangenen Dienstag gaben Bürgermeister Eberhardt, Verwaltungsmitarbeiter Christian Kohser und Philipp Zimmermann von der Parkticketanbieter-Agentur den Startschuss für das automatenlose Parkscheinbezahlen in Wunstorf. Wobei diese Formulierung im Grunde nicht korrekt ist, denn Parkscheine gibt es damit nicht mehr. Abgewickelt wird der Parkvorgang komplett papierlos über die entsprechende App. Der Parkscheinautomat wird nicht mehr benötigt, er dient nur noch als Hinweisfläche für die Anleitung zum Bezahlen mit dem Smartphone.
Dem jeweiligen Parkplatz ist ein bestimmter Zahlencode zugeordnet, der sogenannte Zonencode. Beim Bauamtsparkplatz an der Stiftsstraße ist das etwa die Zahlenfolge 315101. Dieser wird gemeinsam mit dem eigenen Autokennzeichen in der App angegeben und die gewünschte Parkzeit ausgewählt. Das hat den Vorteil, dass sekundengenau geparkt werden kann. Damit wird das „Überzahlen“ vermieden. Allerdings verleitet es auch zum längeren Parken, gibt Philipp Zimmermann zu. „In der Regel bleibt man länger stehen, wenn man digital bezahlt“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer der Initiative. Man beeile sich dann nicht, rechtzeitig vor Ablauf des Parkscheins zum Parkplatz zurückzukommen, sondern trinke vielleicht noch einen Kaffee mehr in der Stadt. Denn auch von unterwegs lässt sich zu jeder Zeit der Gültigkeitszeitraum des „Parkscheins“ noch verlängern oder verkürzen. Abgerechnet wird direkt mit den jeweiligen App-Anbietern.
Unterm Strich soll es trotzdem eine Win-win-Situation sein, denn das passgenaue Zahlen am Automaten entfällt. Bislang war das nur über die Geldkartenfunktionen an einigen bestimmten Parkautomaten möglich, welches jedoch nicht zuverlässig mit jeder Geldkarte funktionierte. Wer hingegen mit Münzen bzw. vorab zahlte, musste stets die Uhr im Blick behalten. Das entfällt nun beim Bezahlen mit dem Smartphone komplett. Die Höchstparkdauer auf den Wunstorfer Parkplätzen lässt sich aber auch mit den Apps nicht überschreiten.
Für die Stadt ist das System im Betrieb kostenneutral, den Service des bargeldlosen Bezahlens lassen sich die jeweiligen Anbieter jedoch direkt vom Autofahrer bezahlen: Jeder Anbieter schlägt eine eigene Gebühr auf die eigentlichen Parkgebühren auf, dadurch finanziert sich das Angebot. Im Schnitt ungefähr zwischen 15 und 45 Cent kommen je nach gewähltem Anbieter zur eigentlichen Parkgebühr noch hinzu.
Rolf-Axel Eberhardt sieht trotz Mehrkosten für die Benutzer in dieser Lösung die Zukunft und stellt sich vor, die klassischen Parkscheinautomaten irgendwann völlig abschaffen zu können. Schließlich sind Parkautomaten teuer in Anschaffung, Wartung und Unterhalt. Wunstorfs Bürgermeister holte sein eigenes Smartphone heraus, probierte aus, ob seine früher bereits einmal installierte App zum Wunstorfer System passte – und erhielt damit tatsächlich auch gleich Zugriff auf den Parkplatz am Stadtgraben.
Für die Parkraumbewirtschaftung in der Verwaltung ist das jedoch noch Zukunftsmusik. Erst einmal werde das Parken über das Smartphone nun ein Jahr lang getestet und ausgewertet, erklärte Christian Kohser. Die insgesamt 22 Parkscheinautomaten im Stadtgebiet blieben wie gewohnt parallel in Betrieb – und auch die Geldkartenfunktion an einigen der Automaten würde noch fortgesetzt. Auch Zimmermann selbst dämpfte die Hoffnungen auf eine schnelle Komplettablösung. Wenn nach einem Jahr nur 15 % der Nutzer die Smartphonevariante wählen würden, sei das bereits viel.
Ganz so bequem wie Bezahlen mit der Geldkartenfunktion sind die Smartphonelösungen aber nicht, denn mit der Geldkarte zahlt man den gezogenen Parkschein erst beim Zurückkommen zum Parkplatz. Hier entfällt der Blick auf die Uhr nahezu völlig. Bei den Apps der Anbieter muss man sich demgegenüber bereits zu Anfang für eine bestimmte Parkdauer entscheiden und sie ggf. im Auge behalten. Die Parkdauer lässt sich allerdings auch zwischendurch verlängern – bzw. spätestens bei der Rückkehr zum Wagen auf die korrekte Zeitdauer verkürzen. Zudem entfällt bei der App wiederum der erneute Gang zum Automaten.
Woher wissen dann aber die Mitarbeiter der Parkraumüberwachung, ob jemand auch bezahlt hat, wenn das Auto ohne Parkschein abgestellt wird? Über das Kennzeichen. Das wird in den Park-Apps hinterlegt und ist dem Parkvorgang zugeordnet. Die Kontrolleure haben ihrerseits eine App dabei, mit der sie auf den Server des Parkanbieterverbundes zugreifen können. Auf diesem Wege können sie prüfen, ob ein geparktes Auto ein „Ticket“ gelöst hat.
Wenn städtische Mitarbeiter also künftig das Kennzeichen scannen, dann bedeutet das nicht zwangsläufig, dass jemand sich gerade ein „Knöllchen“ eingehandelt hat. Es könnte sich auch schlicht um einen Smartphone-Bezahlenden handeln. Für Nicht-Smartphonenutzer könnte es zudem irritierend sein, wenn die andere Parkende einfach den Parkplatz verlassen, ohne einen Parkschein hinter die Windschutzscheibe gelegt zu haben.
Leiden wird auch eine verbreitete soziale Komponente des Parkscheinziehens, sollte nun verstärkt mit dem Smartphone bezahlt werden: Das Verschenken eines nicht mehr benötigten, aber noch nicht abgelaufenen Parkscheins an andere fällt dadurch weg. Trotzdem dürfte sich das Parkticketbezahlen per Smartphone in Deutschland weiter verbreiten. Allein beim „Smartparking“-Verfahren sind mittlerweile 140 kleine und große Städte angeschlossen, und es geht weiter. Zimmermann verriet, dass er in der kommenden Woche bereits in Nordrhein-Westfalen unterwegs sei, wo die nächsten beiden Kandidaten „ans Netz“ gehen. Parkgebühren bezahlte der Hannoveraner am Dienstag in Wunstorf übrigens nicht. Zimmermann war mit dem Fahrrad gekommen.
Dankenswerterweise gibt’s auch weiterhin die Option, das Parkticket NICHT („noch“ wohlgemerkt!) zwingend per App zu lösen und zu bezahlen.
Mir zumindest behagt es überhaupt nicht, mein Smartphone mit einer weiteren App zu bestücken. Und zu müssen?
Mmmh: nee- mit mir definitiv nicht.
Der Daten-Handel läuft bekanntlich bestens- leider *grrrr*.
Etwas, das mir arge Bauchschmerzen beschert.
Somit werde ich Derartiges nicht durch mein eigenes Handeln unterstützen.
Zum Glück hat jeder Mensch auch hier- ich wiederhole: mich ’noch‘- die freie Wahl, wie er sein Ticket erwerben und bezahlen will.
Nur als Info. Bezahle nix. In Wunstorf seit 64 Jahren keinen Pfennig/Cent. Wohne direkt im Zentrum. Alles zu Fuß zu erreichen, oder mit dem Rad. Für den Fall der Fälle, gibt es einen lieben Menschen, der den Einkauf erledigen kann, ohne Applikation, ohne „Fahrkarte“ ( Ticket!!! ). Alles andere sagten bereits die Vorkommentatoren.
@ Wolfgang Stemme
Um Ihre/Deine vorteilhafte Situation, nicht auf die Parkschein-Automaten angewiesen zu sein, wird so mancher neidvoll (?) blicken.
Als Nicht-Motorisierte habe auch ich hier gewisse Vorteile.
Was ich- zwar zentrumsnah wohnend- doch als erkrankungsbedingt in meiner Mobilität eingeschränkt nicht fußläufig erreichen kann:
Der ÖPNV leistet mir da hervorragende Dienste. Auch wenn bei dem nicht „alles Gold ist, was glänzt“.
Warum soll ich Parkgebühren per App bezahlen und neben der eigentlichen Parkgebühr auch noch zwischen 15 und 45 Ct Aufpreis für den jeweiligen Anbieter zahlen. Wie sicher sind diese Apps und Bezahldienste? Und was bekommt die Stadt von diesen Bezahldiensten um diese Apps anzubieten. Wie sie sehen Fragen über Fragen.
Autonummern auf Verdacht scannen kann nicht die Lösung sein und verstösst wahrscheinlich auch gegen den Datenschutz.
Also weg damit!!!!!
Bürger verweigert euch dieser digitalen Lösung – auch wenn es vielleicht für den einen oder anderen intetrtessant sein mag.
„Rolf-Axel Eberhardt sieht trotz Mehrkosten für die Benutzer in dieser Lösung die Zukunft und stellt sich vor, die klassischen Parkscheinautomaten irgendwann völlig abschaffen zu können. “ Vielen herzlichen Dank auch. Was machen dann die Senioren, die kein Smartphone besitzen? Die Abschaffung des Bargeldes zum Nutzen der Stadt und zum Nachteil des Kunden / Bürgers.
Schöne neue Welt :-(
Das ist doch auch wieder so ein Schildbürgerstreich und wird sich nicht wirklich durchsetzen. Denn es gibt mal wieder keine einheitliche App, sondern laut Schild 7 verschiedene, teilweise mit Registrierung und überall prangen wieder mal schön die Kreditkarten Logos – etwas, was hier in Deutschland viele gar nicht haben, bleibt also nur PayPal, was aber auch nicht jeder hat und wo man sich im Zweifel auch erstmal registrieren muß.
Man hat also mal wieder die Qual der Wahl und muß vielleicht sogar mehrere Apps installieren, bis man das richtige gefunden hat, was für einen selbst funktioniert und akzeptabel ist. Dabei haben die meisten doch schon genug Apps auf dem Handy – aber Hauptsache für alles eine App.
Hat man also so eine Park-App noch nicht und keinen entsprechend kompatiblen Bezahldienst, kann das erste Parken zu einer wahren App Installier und Registrier-Orgie ausarten, bei der dann zu allem überfluß vielleicht auch noch ein Kontrolleur vorbeikommt und mit seiner App feststellt, dass man für das Parken noch gar nicht bezahlt hat….
Das nicht alle Geldkarten kompatibel sein soll, das halte ich für eine blöde Ausrede, denn die Chips auf den Karten und vor allem die Geldkarten-Funktion sind standardisiert, wenn also mal eine Karte nicht funktioniert, dann liegt es wohl eher an einem verdreckten oder defekten Chip oder am Lesegerät selbst.
Und hinzu kommen dann auch noch die Sicherheits- und Privatsphären bedenken vieler Leute das Parkticket digital zu lösen und das eigene Kennzeichen in einer App bzw. im Internet einzugeben, denn keiner weiß letztendlich was mit diesen Daten passiert.
Das Ticket am Automaten zu lösen und ins Auto zu legen ist eine Sache, aber wenn man das per App macht, dann ist der Parkvorgang unter Umständen für allerhand Firmen und Behörden nachvollziehbar und man kann genau sehen, wann das Auto von Herrn Mustermann auf welchem Parkplatz geparkt war? Will man das wirklich?
Ich denke mal nicht, dass sich das durchsetzen wird oder dass das ein großes Erfolgsmodell sein wird.