Wunstorf (ds). Als am Freitagabend der letzte Akkord verklungen und der letzte Pinselstrich getan war, stand für viele außer Frage: Eine solche Veranstaltung darf keine einmalige Sache bleiben, eine Fortsetzung muss sein. Nur ein paar Stunden zuvor war das alles andere als klar gewesen. Niemand wusste, wie das Experiment ausgehen würde. Karten waren schließlich nicht verkauft worden, also blieb es spannend: Würden nur eine Handvoll Neugierige kommen, einzelne Kulturliebhaber, am Ende nur die üblichen Verdächtigen? Pustekuchen. Die Innenstadt war rappelvoll, Hunderte kamen allein zum Abschlussauftritt der Big Band der Musikschule in den Rathausinnenhof. Bei beteiligten Gastronomen wurden die Zutaten knapp, bei den Auftritten der Musiker die Sitzplätze.
Bevor die Big Band zum Finale der Nacht der Kultur noch einmal ansetzte, richtete Heike Leitner (Kultur im Bürgerpark) das Wort an das Publikum im Rathausinnenhof: „Wir haben bewiesen: Wunstorf ist Kunstorf“, sagte Leitner unter großem Applaus der Besucher – es war das Motto des Abends gewesen.
„Wir haben gezeigt, wie man die Innenstadt bespielt“
Hajo Arnds
Entsprechend euphorisch waren auch die Mitorganisatoren Ulrike Coldewey (Kunstschule), Hajo Arnds (KRuG) und Ingolf Heinemann (Kunstverein). „Wir haben gezeigt, wie man die Innenstadt bespielt“, sagte Arnds gegenüber der Auepost. Heinemann ging noch einen Schritt weiter: Der Abteihügel habe „regelrecht gebebt“, man habe die besondere Energie spüren können. Das Stadttheater sei „richtig voll gewesen“.
Die Kulturnachtmacher haben Skeptiker damit Lügen gestraft: Die Nacht der Kultur war keine kleinteilige, provinzielle Kulturschau, sondern ein straff geplantes und gut durchdachtes Veranstaltungsbuffet mit Charme und vielen guten Akzenten. Wer hier nur einen neuen Rahmen für Altbekanntes erwartet hatte, lag daneben. Mit Sponsorengeld und viel persönlichem Aufwand und Einsatz haben alle Beteiligten ein neues Kulturereignis in Wunstorf begründet, das durchaus die Strahlkraft entwickeln könnte, auch über die Grenzen Wunstorfs hinaus Bedeutung zu erlangen.
„Wir haben bewiesen: Wunstorf ist Kunstorf“
Heike Leitner
„Das haben jetzt Sie in der Hand“, hatte Leitner zu Publikum wie Akteuren gesagt und eine Fortsetzung angedeutet. Heinemann und Arnds wurden im Gespräch mit der Auepost noch am selben Abend konkreter: Es solle unbedingt weitergehen, sagten die beiden. Einen jährlichen Turnus könne man sich aber nicht vorstellen. Dazu sei die Vorbereitung zu aufwändig und die Ausrichtung zu teuer. Außerdem solle die Nacht der Kultur etwas ganz Besonderes bleiben – nichts, was einer festen Routine entspräche. Eine Kulturnacht etwa alle zwei Jahre wäre jedoch durchaus denkbar.
Wie herausfordernd die Ausrichtung eines jährlichen großen nichtkommerziellen Kultur-Events ist, hatte sich vor Jahren bereits einmal im Bürgerpark gezeigt: Manfred Henze und Peter Netz hatten ein Kulturfestival in ähnlicher Form initiiert und dafür den Verein „Kultur im Bürgerpark“ gegründet. Nach vier Ausgaben hatte das Fest jedoch keine Fortsetzung gefunden, 2013 hatte es zum letzten Mal stattgefunden. An Motivation für eine Weiterführung hatte es nicht gemangelt, aber das Einwerben von Sponsoren jedes Jahr erneut hatte sich als aufreibend erwiesen. Auch wenn viele auch ehrenamtlich beitragen, fallen für Veranstaltungen dieser Größe nicht geringe Kosten an, die gedeckt werden müssen. Die damalige Idee lebt jedoch weiter und war nun auch Teil der ersten Wunstorfer Nacht der Kultur – der damals gegründete Verein gehört ebenfalls zu den Akteuren im neuen KulturNetzWerk.
Dieses steht nun auf einer sehr breiten Basis von kulturschaffenden Vereinen. Dass die besondere Stimmung und Atmosphäre des Abends vom nichtkommerziellen Charakter entscheidend mitgeprägt wird, ist Konsens. Eintrittsgelder für Veranstaltungen hatte es nicht gegeben am Freitag, die zahlreich gebotenen Aktionen und Auftritte waren für alle kostenlos. Doch für Heinemann und Arnds steht ebenfalls fest: Weitere Geschäfte der Innenstadt sollen künftig eingebunden werden. Ein Miteinander statt ein Nebeneinander wird angestrebt.
Aktuell hatten sich nur wenige Läden in der Wunstorfer Fußgängerzone direkt beteiligt: Die, die es taten, stellten dabei ihre Flächen zur Verfügung und boten der Kultur wortwörtlich Raum. Die Nacht der Kultur soll dabei auch nicht in Konkurrenz zu anderen etablierten Veranstaltungen treten – auch diese hätten in Wunstorf ihren berechtigten Stellenwert, sagen Heinemann und Arnds.
Die Nacht der Kultur verfolgte dabei einen neuen Ansatz, wollte die Teilnehmer nicht an einem Ort konzentrieren, sondern setzte auf eine Vielzahl von Anlaufstellen und machte damit die Innenstadt selbst zur Kulturspielwiese – und zu einer Art Suchspiel. Infolge der gelassenen Lücken blieb der Stadtraum sichtbar und wurde von Kultur erfüllt – die man zu erkunden hatte. Man suchte sich etwas aus dem Angebot heraus und entdeckte somit neue Seiten und Plätze an der Altstadt, statt etwas einfach auf einer Bühne vorgesetzt zu bekommen. Damit kamen sich nebenbei auch die Künstler trotz der Vielzahl von gleichzeitig stattfindenden Auftritten, Performances und Angeboten nicht gegenseitig in die Quere.
„Wir haben Erinnerungen geschaffen, auf die man nun aufbauen kann“
Ingolf Heinemann
Die Wunstorfer Kulturschaffenden haben im neugegründeten KulturNetzWerk trotz vieler unterschiedlicher Ideen und Interessen letztlich an einem Strang gezogen und in unheimlicher Geschwindigkeit etwas Neues gewagt, was aus dem Stand heraus unheimlich eingeschlagen hat. „Wir haben Erinnerungen geschaffen, auf die man nun aufbauen kann“, sagt Heinemann zur Premierennacht. Wenn sich jetzt jemand nachträglich ärgere, nicht dabei gewesen zu sein – wenn dieses Gefühl entstehe, dann sei man auf dem richtigen Weg.
Wunstorf ist kulturell stark aufgestellt und kann Großes leisten, wenn gemeinsam gehandelt wird. Das sollte allerspätestens nach der ersten Nacht der Kultur nun niemanden mehr überraschen können.
KUNST KOMMT VON KÖNNEN.
Das wurde hier lebendig gemacht. Klasse!