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Neue Mitte: „Ausgestreckte Hand“ ist in Wunstorf nur „eine hohle Floskel“

22.12.2023 • Redaktion • Aufrufe: 3838

Schallende Ohrfeige für die Stadt vom Neue-Mitte-Projektentwickler: Dieser wehrt sich gegen die Darstellungen der Verwaltung – und sagt: Die Wünsche und Berechnungen der Stadt sind illusorisch. Auf dem ehemaligen Vion-Gelände werde trotzdem früher oder später gebaut werden – notfalls auch ohne Rathausbeteiligung. Ein Wohnquartier würde es dann aber wohl nicht mehr sein.

22.12.2023
Redaktion
Aufrufe: 3838
Hochspannung am Vion-Gelände (Symbolbild) | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds/as). Wenn man die Stellungnahme querliest, könnte man auf die Idee kommen, es als eine Art konstruktive Kriegserklärung an die Stadt Wunstorf aufzufassen. Die „Grundstück DE NMW GmbH“, bzw. deren Projektentwicklungsgesellschaft Deutsche Siedlungsbau GmbH, reagiert in einem an die Presse verschickten Schreiben mit scharfen Worten auf die Absage der Stadt Wunstorf für das Projekt „Neue Mitte Wunstorf“ – ein modernes Wohnquartier auf dem Areal des ehemaligen Vion-Fabrikgeländes.

Jedenfalls darf sich die Stadt in dem am gestrigen Donnerstag versandten Dossier nun einiges anhören: Absoluter Unsinn, nachweisliche Falschheit, völlig falsche Schlüsse, Zitieren aus vertraulichen Dokumenten, Verhinderung von bezahlbarem Wohnraum. Es wirkt wie eine schallende schriftliche Ohrfeige für die Verwaltung, als direkte Reaktion auf die von der Stadt als vorerst beendet erklärten Investorengespräche.

„Absoluter Unsinn“

NMW stellt dabei einige Dinge klar: Solange sich die Stadt „nicht bewege“, laufe das Vorhaben auf „Sparflamme“ und im „Überlebensmodus“ – aus der kurzfristigen Entwicklungsperspektive sei somit eine mittelfristige Halteperspektive geworden. Aber diese könne jederzeit wieder geändert werden.

Die Grundstück DE NMW GmbH als Käuferin des ehemaligen Vion-Geländes war bislang unter dem Namen "Neue Mitte Wunstorf" bekannt. Symbolhaft: Die bisher sichtbare Stadtbezeichnung Wunstorf wurde damit aus dem Firmennamen getilgt. 

Aus der Verantwortung habe man sich nie zurückziehen wollen, das sei lediglich eine Option gewesen, wenn es der Stadt gelungen wäre, andere Projektentwickler zu finden.

Ganz deutlich gibt NMW zu verstehen, dass der von der Stadt gewünschte Bebauungsentwurf (großer Park am Rande des Quartiers, keine zu dichte Bebauung) unwirtschaftlich und damit nicht finanzierbar sei. Die Berechnungen der Stadt, nach der NMW dennoch beachtlichen Profit erzielen könne, seien „absoluter Unsinn“, denn im Idealfall ergäbe sich daraus eine jährliche Rendite von nur einem Prozent – was in keinem Verhältnis stehe angesichts der Investitionsrisiken: Baukosten, Zinsniveau, Rezessionen, Immobilienkrise, Förderprogrammausfall, politische Instabilität, Energiekrise oder Krieg werden als Beispiele genannt. Dass der Kaufpreis des Grundstückes überhöht gewesen sei, sei „nachweislich falsch“ und unabhängig fachmännisch widerlegt.

Kein Rückzug

Die Stadt verschließe sich offensichtlich jeglichen Alternativen, und die oft zitierte „ausgestreckte Hand“ der Stadt sei „eine hohle Floskel“, so NMW: Sie bedeute in Wirklichkeit, dass man den Vorgaben der Stadt zu folgen habe – oder alternativ kein Baurecht erhalte.

Björn Hiss
Neue-Mitte-Geschäftsführer Björn Hiss | Foto: privat

Man sei aber bereit und auch dazu entschlossen, das Grundstück sinnvoll zu entwickeln, auch ohne die Stadt. Das Grundstück brachliegen zu lassen und auf Zeit zu spielen, das plane man aktuell nicht, lässt der Projektentwickler wissen. Aber es wird langfristig gedacht: Sollte sich Wunstorf „weiterhin einer konstruktiven Neukonzeption verweigern“, werde man für die kommenden 5 bis 10 Jahre eine Bebauung ohne direkte Beteiligung der Stadt prüfen. Die Möglichkeit dazu sieht NMW dabei im Baurecht: § 34 Baugesetzbuch erlaubt eine Bebauung im Rahmen üblicher städtebaulicher Gegebenheiten. Dies wolle man nutzen, sagt NMW – und wird noch konkreter: Statt eines reinen Wohnquartiers kämen dann auch Gewerbeobjekte und sogar eine Weiternutzung der alten Industriegebäude in Frage.

NMW sieht zuvor nur drei mögliche Szenarien: Ein ganz neuer Entwurf, eine weitere Verhandlung über den von NMW favorisierten Entwurf (flache zentrale Grünfläche, dichtere Bebauung) – oder die Stadt kauft das Gelände ab und baut in Eigenregie.

Streitpunkt Parkanlage: Ein 16-Meter-Bollwerk (links) gegen den Lärm. So sollte die „neue Mitte“ ursprünglich aussehen | Bildquelle: Octagon Architekturkollektiv mit Station C23, Leipzig

Das zehnseitige NMW-Statement, das neben den Redaktionen z. B. auch den Mitgliedern des Bauausschusses zuging, endet mit einem Appell: „Wir bitten daher die Entscheider in der Stadt Wunstorf, sowie die Mitglieder des Bau- und Verwaltungsausschusses und nicht zuletzt die Mitglieder des Stadtrats, sich für einen konstruktiven Dialog zu öffnen und gemeinsam mit der Entwicklerseite einen Weg zur Realisierung des Vorhabens Neue Mitte Wunstorf zu finden.“

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Kommentare


  • Addo Koschinsky sagt:

    Man kann nur dankbar sein, dass es die Wunstorfer Auepost gibt. Hier wird richtig guter Journalismus betrieben. Der örtliche Teil der großen Tageszeitung bietet heute lediglich ein paar Tipps für Weihnachtsmarktbesuche. Das ist nicht weniger langweilig als die sonst üblichen Tier aus Tierheim Geschichten. Aber zurück zum Thema: es ist schon erstaunlich, was man hier erfahren muss. Und erfahren kann. Danke liebe Auepost! Ja diese ausgestreckte Hand scheint ja eine Lieblingsfloskel unseres Bürgermeisters. Schade, dass die ganze Energie für solche Zickereien drauf geht. Dabei gäbe es genug zu tun. Wo sollen die 400 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Airbus wohnen? Wo sollen sie auf dem Nachhauseweg parken, wenn sie in der schönsten Innenstadt etwas kaufen und einen Kaffee trinken möchten? Oder sollen die alle über die Nordumgehung direkt in die Nachbargemeinden abdüsen? Ist dass dann die sogenannte Verkehrswende? Das kann doch wohl nicht wahr sein! Warum baut Airbus wohl an seinem neuen Werk in Wunstorf wohl ein großes Parkhaus? Weil man dort weiss, dass kein Ingenieur, kein Fluggerätemechaniker und kein Betriebsleiter mit Bus und Fahrrad zur Arbeit kommt. Zumindest nicht aus den Nachbargemeinden, sondern wenn, dann aus Wunstorf. Statt neue Flächen zu versiegeln, liegt das Viongelände so ideal, daß man sich nur an den Kopf fassen kann, wie stur die Stadtspitze hier agiert.

    • Robert sagt:

      Es ist zu bezweifeln, dass die hochbezahlten Airbus-Ingenieure sich auf diesem Areal eine von den unzähligen Eigentumswohnungen kaufen werden, wenn es doch in Steinhude schöne Häuser im Viertel vorm Meer gibt.
      Auf dem Vion-Gelände werden nur einfache Menschen wohnen, die sich nicht am Bahnlärm stören…

  • Heins Meier sagt:

    Eine Unverschämtheit, dass dieser Investor Gewinnabsichten hat!
    Billiger Wohnraum für Alle! Die Stadt soll selber bauen! Dafür einfach die Schuldenbremse weg! Zahlen dann eben alles unsere Kinder die wir selber nicht haben!

    Freundschaft!
    Oder Unterhaken wie Olaf sagt!

  • Renate sagt:

    Ach, ist der WG-Vorstand auch wieder getriggert, lieber „Addo“?! Man muss nicht immer seinem zügellosen Beißreflex folgen… Geht es jetzt mit der Brötchentüte nun in andere Stuben, nachdem Uwe dieser ewigen Nörgelei nicht mehr zuhört?
    In der Debatte um das „Neue Mitte Wunstorf“-Projekt wäre es im Interesse aller, wenn die Stadtverwaltung und der Projektentwickler einen gemeinsamen Kompromiss finden. Beide Parteien sollten auf Dialog und Zusammenarbeit setzen, um eine Lösung zu erreichen, die sowohl wirtschaftlich tragfähig ist als auch den Bedürfnissen der Gemeinde gerecht wird. Letztendlich würde eine erfolgreiche Entwicklung des ehemaligen Vion-Geländes der ganzen Stadt Wunstorf zugutekommen.

    • Schorsch sagt:

      Ihrem letzten Satz stimme ich ausdrücklich zu. Ihre Verbalinjurien gegen die WG, mit der ich nicht verbandelt bin, sind daneben und keiner Sache dienlich.

  • Wunstorferin sagt:

    Miteinander reden ist natürlich immer der beste Weg.
    Aber wie soll da jemals wieder Vertrauen aufkommen, wenn eine Seite sagt, wir halten die Hans ausgestreckt und die andere Seite bezeichnet den vermeintlichen Gesprächspartner als „hohl“ und dessen Aussagen als „Unsinn“.
    Mir fällt auch auf, dass es oftmals knirscht mit der Stadtspitze, aber Herr Hiss hat sein Projekt ja auch in den Gremien vorgestellt und auch man konnte sehr schön einen Eindruck davon gewinnen, dass es ihm nie um eine städtebauliche gute Lösung ging. Er hat einen Kompromiss erwirkt, den er Wochen später selbst verworfen und Nachforderungen gestellt. Natürlich ist es sein Job, Geld zu verdienen, das ist alles sein gutes Recht.

    Aber auch er muss respektieren, dass andere vielleicht da ab einem bestimmten Punkt nicht mitmachen. Das Planungsrecht hat die Stadt. Es gab hierzu einen Wettbewerb. Das war Herrn Hiss vorher bekannt. Wenn er davon abweichen mag, kann er das probieren. Wenn er sich hier verpokert, ist es sein unternehmerisches Risiko.

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