Wunstorf (ds/dd/as). Es war seit anderthalb Jahren das Sinnbild für Leerstand in der Wunstorfer Innenstadt: Die ehemalige Gerry-Weber-Filiale, die großen Geschäftsräume mitten am Marktplatz in der Langen Straße in Sichtachse zur Nordstraße, war infolge der Insolvenz der Modekette verwaist. Ein Nachmieter hatte sich nicht gefunden, stattdessen waren die breiten Schaufensterfronten in bester Lage als Infofläche für die Werbegemeinschaft genutzt worden, zugeklebt mit Ideen zur Innenstadtmobilität.
Doch nun ist die Beklebung verschwunden, seit dem zurückliegenden Wochenende können die Passanten und Flaneure in der Fußgängerzone wieder einen Blick in die weiträumige Ladenfläche werfen – und kommen ins Staunen. Denn heimlich, still und leise ist hier in den vergangenen Tagen ein neues Geschäft aufgebaut worden.
„StilPunkt“ wird das neue Geschäft heißen – das nicht nur etwas Neues, sondern auch ein Unikat ist. Denn hinter dem Angebot steckt keine Kette und kein Franchise, sondern Familie Neubert aus Wunstorf – das Team von „sport & outdoor neubert“, das Sport- und Outdoorbusiness, ist ein Familienunternehmen.
Im Running-, Fitness-, Teamsport- und Outdoorbereich sind die Neuberts in Wunstorf bereits bekannt. Vor 5 Jahren war mit „Sport Neubert“ das heutige Sportgeschäft im einstigen „Kunterbunt“-Ladengeschäft direkt am Eingang zur Fußgängerzone in der Langen Straße aufgebaut worden. Zwei Jahre später kam mit „Outdoor Neubert“ ein zweiter Laden mit einer weiteren Spezialisierung genau gegenüber hinzu.
Leerstand war zuletzt ein bestimmendes Thema im Wunstorfer Stadtgespräch. Es wurde und wird darüber gestritten und diskutiert, ob die Zahl der leeren Geschäfte in der Innenstadt für Wunstorf noch normal ist – oder Ausdruck eines allgemeinen Trends oder sogar hausgemachte Ursachen hat. Unternehmerfamilie Neubert hat sich aus der Debatte herausgehalten – und stattdessen getan, was Unternehmer tun: sie handeln.
Damit ist nun das dritte Ladengeschäft in der Innenstadt entstanden. Das Sortiment hat einen etwas anderen Fokus: Er liegt auf Skateboarding- und Basketballstyles, Sportswear und auf Accessoires. „Jünger und lifestyliger“ soll es sein, nicht so funktionell wie im Sport- und Outdoorladen, aber gleichzeitig dennoch eine perfekte Ergänzung zum schon bestehenden Angebot. Im Laden wird es bekannte Marken wie The North Face, Vans, Converse, Didriksons, Adidas und Nike geben.
Mit dem neuen Geschäft wird ein neues Kapitel in der Innenstadt aufgeschlagen – für Neuberts selbst, aber auch für den Einkaufsstandort. Ein Geschäft dieser Ausrichtung gab es in der Wunstorfer Fußgängerzone, die sich damit nun an dieser Stelle sichtlich verjüngt, noch nicht.
„Es wird immer gesagt, es gibt zu wenig Angebote für junge Leute in Wunstorfs Mitte“
Carola Neubert
Es wirkt damit nun fast ein wenig so, als würden die Neuberts einem großen Masterplan folgen und langsam, aber sicher die Fußgängerzone von hinten aufrollen. Doch die jetzige neue Ladenidee war kein lange gehegter Plan, sondern in Wirklichkeit sogar eine recht spontane Angelegenheit, erzählt Carola Neubert im Gespräch mit der Auepost. Auf den Laden hatte man schon während des Leerstands ein Auge geworfen, denn er sei „Toplage“. Dass sich dort so lange nichts tat, konnte man nicht verstehen. Also suchte man schließlich den Kontakt zum Vermieter, der dann auch direkt bei den Plänen des Teams hilfreich unterstützte – und zwei Tage später war der Mietvertrag bereits unterschrieben.
„Es wird immer gesagt, es gibt zu wenig Angebote für junge Leute in Wunstorfs Mitte“, sagt Carola Neubert. Auch das sei mit ein Grund gewesen, weshalb man sich für das weitere neue Geschäft entschieden habe. Mit der Unterstützung von Familie und Freunden wurde der Laden in den zurückliegenden Tagen und Wochen hochgezogen. Nur ein Problem gibt es: „Wir kommen langsam mit den verschiedenen Vermietern durcheinander“, lacht Tochter und Co-Unternehmerin Vanessa Neubert.
„Das ist es, was wir brauchen“
Jörn Knop
Über das unternehmerische Engagement freut sich auch der Vermieter der Immobilie, Architekt Jörn Knop: „Ich bin sehr froh, dass nach langer Suche ein inhabergeführtes Unternehmen mit einem breiten Sportartikelangebot einzieht und Mut zur Investition hat“, sagt Knop. Das Angebot insbesondere auch für junge Menschen bereichere die Innenstadt und könnte zu einem neuen Anziehungspunkt in bester Lage werden. „Das ist es, was wir brauchen“, so Knop.
Auch in einem weiteren Objekt des Vermieters tut sich Neues. Gegenüber des neuen Ladengeschäftes, im Ratskellergebäude, zieht demnächst auf zwei Etagen eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit ihrem Team ein.
Vermieter Jörn Knop hat die Räume über dem Ratskeller renoviert, saniert und teils umgestaltet, Beleuchtung und Fußboden sind komplett neu gemacht. 70.000 Euro wurden dafür von ihm investiert. Jörn Knop tritt mit der erneuten Investition ins Gebäude in die Fußstapfen seines Vaters Hans, der den Ratskeller Anfang der 1990er Jahre gekauft, saniert, renoviert und umgestaltet hat, um dort - den Auflagen entsprechend - die Voraussetzungen für gastronomische Betriebe zu schaffen. Hans Knop hatte eine hochqualifizierte Groß-Tischlerei.
Zuletzt hatte dort die Kanzlei Werwitzki und Taubert residiert, die nun in der 1. Etage der früheren Volksbank zu finden ist.
Die Ladenbeschriftung fehlt noch, und auch das Kassenterminal zickt noch etwas herum. Das bedeutet viel Stress für die Chefinnen Carola und Vanessa Neubert, die im Unternehmen die Fäden ziehen und zur Eröffnung nur noch 4 Tage übrig haben. Aber man ist – wie sollte es bei einem Sportartikelunternehmen anders sein – gut im Endspurt.
Wenn die Türen dann geöffnet werden, wird das Interieur des Ladens früheren Gerry-Weber-Kunden vielleicht bekannt vorkommen: die Inneneinrichtung hat man fast komplett übernommen. Sogar die Umkleiden stehen noch an ihrem alten Platz – aber der Style wandelt sich tatsächlich stark. Auch der Schriftzug Gerry Weber ist an der Fassade weiterhin zu lesen – und das wird auch noch eine Weile so bleiben, so fix läuft gerade die Ladeneröffnung. Der neue Ladenname wird zunächst auf den Schaufenstern erscheinen.
Um sich von den beiden Bestandsgeschäften abzugrenzen, wird der neue Standort auch nicht primär Neubert im Namen tragen. Die Zugehörigkeit zu Neuberts wird nur ergänzend etwas kleiner erwähnt werden. Das geschieht nicht aus Marketinggründen, sondern drückt auch die tatsächlichen Strukturen aus: Denn im „StilPunkt“ wird eine ganz neue Crew arbeiten. Sieben neue Mitarbeiter werden beschäftigt. Auch die Personalgewinnung war innerhalb kürzester Zeit über die Bühne gegangen. Im künftigen neuen Geschäft wird dann allein die neue Crew bedienen – das bisherige Neubert-Team bleibt an den bereits bekannten Standorten am anderen Ende der Langen Straße.
Obwohl der Laden erst am kommenden Samstag eröffnet, kommt die Kundschaft aber schon jetzt: Seit die Schaufenster nicht mehr verhängt sind und den Blick freigeben aufs Sortiment, stehen auch sofort die ersten Neugierigen vor der Tür. Einige winken durchs Schaufenster oder zeigen einen Daumen nach oben – andere kommen direkt herein, wenn die Tür gerade nicht abgeschlossen ist. „Sie dürfen sich gerne schon umsehen, aber wir eröffnen erst am Samstag“, sagt Vanessa Neubert gerade einer Kundin in spe, die am Dienstagmorgen als Erste vom Wochenmarkt einen Abstecher macht und sich in den Laden „verirrt“ hat. Die Dame beweist damit sogleich, dass der junge Lifestyle keine Rücksicht auf Altersgrenzen nimmt – sie ist 70 Jahre alt. Carola Neubert lächelt: „Jede Altersgruppe ist bei uns herzlich willkommen.“ Noch bis zum Wochenende gedulden muss sich die Frau trotzdem, um im „StilPunkt“ einkaufen zu können. Diesen Samstag, den 15. März, ist große Eröffnung.
Und was planen die Neuberts für die weitere Zukunft? Wird es bald einen 4. Laden in der Wunstorfer Innenstadt geben? Die Chefinnen schmunzeln: „Nein, das haben wir nicht vor.“ Andernfalls würden die Wunstorfer die Familie dann vielleicht bald doch für eine Unternehmenskette halten.
Wie immer sehr einfallsreich…
Auguri und viel Erfolg! Eine schöne Bereicherung für die Innenstadt…
Saluti
Angelo
Kompliment an Carola und Vanessa, dass sie den dritten Laden machen und damit die Fußgängerzone bereichern. Alles Gute.
Und Kompliment an die Auepost, dass sie vier Tage vor der Tageszeitung HAZ/Leine Zeitung berichtet hat.
Das ist mutig und ich wünsche den Neuberts viel Erfolg und gleichbleibende Umsätze.