Idensen/Wunstorf (as/nd/dd/ds). Auch wenn Überflutung und Ausfall der Luther Kläranlage am Ende des Karl-Gutkes-Weges mit einem Kraftakt sondergleichen bisher verhindert worden ist, auch wenn die Pegel von Leine und Aue zurzeit reduzierte Alarmwerte zeigen: Am Beispiel eines Abschnitts der Brinkstraße in Idensen werden die Auswirkungen des Dauerregens im Kleinen spürbar. 70 Männer und Frauen von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk haben 600 Stunden lang an einem kurzen Abschnitt der Brinkstraße Wohnhäuser vor Hochwasser geschützt. Es war der größte Einsatz der Idenser Wehr seit Jahrzehnten. Erfolgreich war das Unternehmen nur in der Gemeinschaft: Außer aus dem Ort waren aus Klein Heidorn, Bokeloh, Mesmerode und Steinhude Feuerwehren aktiv. Einsatzleiter war Ortsbrandmeister Frederik Wilde.
In dem betroffenen Abschnitt verläuft die Brinkstraße fast genau von Norden nach Süden. Östlich der bedrohten Wohnhäuser liegen große Wiesen und Felder – die jetzt unter Wasser stehen wie weite Teile des Butteramtes. Am 21. Dezember 2023 erreichten die Wassermassen die Häuser, und die Feuerwehr wurde alarmiert. Das war der Startschuss für eine Großaktion, die bis zum 2. Januar Anwohner, Feuerwehr, Stadtverwaltung und Helfer in Atem gehalten hat.
Die Lage war so ernst, dass sich die Einsatzleitung dafür entschied, ein provisorisches Rückhaltebecken auf der Rückseite der Wohnhäuser anzulegen. Mit einem Bagger wurde eine Sickergrube ausgekoffert, in die das Wasser abfließen konnte. Von dort aus wurde es mit Hochleistungspumpen und einer mehr als 500 Meter langen Schlauchleitung zum Mittellandkanal abgeleitet. Schweres Gerät konnte auf den aufgeweichten Wiesen nicht eingesetzt werden, berichtet der Ortsbrandmeister. Alle Arbeiten mussten zu Fuß erledigt werden.
Auch am 26. Dezember war die Feuerwehr weiter unter großem Personaleinsatz bei der Arbeit: Vor Ort hatte Leon Troschke von der Feuerwehr Mesmerode erklärt, dass die Entscheidung gefällt worden war, zum Schutz der Häuser auch weiter mit Sandsäcken zu arbeiten. Kurz zuvor waren noch Bürgermeister Carsten Piellusch und Stadtbrandmeister Martin Ohlendorf an der Einsatzstelle gewesen und hatten sich ein Bild von der Lage gemacht.
Der Radlader, der die Sandsäcke heranschaffte, blieb jedoch nach einer Weile im Schlamm stecken. Mit einem größeren Gefährt musste er zwischenzeitlich aus dem Matsch gezogen werden. Allein an diesem Tag waren insgesamt 73 Feuerwehrleute an dieser Stelle im Einsatz gewesen.
Trotz der erschwerten Bedingungen war der Einsatz letztlich erfolgreich. Die Privathäuser konnten vor dem Wassereinbruch geschützt werden. Als die unmittelbare Gefahr gebannt war, stoppte die Stadt den Einsatz: Die Feuerwehrleute waren nach der tagelangen Aktion am Rand ihrer Kräfte, und einige waren nach den Feiertagen wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt. Und: Die Notlage war vorerst bekämpft, ein weiteres Einschreiten der Freiwilligen Feuerwehr aus Sicht der Stadt nicht mehr gerechtfertigt. Die Anwohner wurden in die Pflicht genommen, selbst für den Hochwasserschutz zu sorgen.
Sie wurden darüber während eines Ortstermins informiert. Dabei ist auch über die Ursachen der Überflutung diskutiert worden. Im Mittelpunkt des Treffens stand nach Informationen der Auepost aber das Anliegen der Stadtverwaltung, den Anliegern ihre Verpflichtung in Erinnerung zu rufen, als Teil ihrer Vorsorge auch für die Gefahrenabwehr bei Überschwemmungen sorgen zu müssen. Dazu Wiebke Nickel, als Erste Stadträtin und allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters auch für Ordnung und Bürgerservice zuständig, im Gespräch mit der Redaktion: „Die Anwohner sollten sich als Gemeinschaft verstehen“ und gemeinsam nach Lösungen suchen.
So wurden sie aufgefordert, eine leistungsfähige Pumpe zu organisieren, mit der das Hochwasser reduziert werden kann. Akute Gefahr bestehe nicht mehr, und die Hochleistungspumpe, die in den vergangenen Tagen im Dauerbetrieb lief, werde wieder an ihrem eigentlichen Standort, dem Klärwerk Luthe, gebraucht. Kontaktadressen hat die Stadtverwaltung den Betroffenen genannt und ihnen auch zugesagt, in der Bauverwaltung prüfen zu lassen, welche Schutzbauten möglich sind. Die „Bürger-Pumpe“, wie Nickel es formuliert, ist inzwischen in Betrieb. Die städtischen Schläuche sollen liegen bleiben, solange es nötig ist.
Während Nickel das Gespräch mit den Bürgern als konstruktiv und positiv schilderte, berichten andere Teilnehmer von gegenseitigen Schuldzuweisungen und gereizter Stimmung. Für die Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung und des Ortsrats ist aber eins klar: Die Feuerwehr kann und darf nicht auf Dauer zum Hochwasserschutz von privaten Gebäuden eingesetzt werden. Die Wehren sind zur akuten Gefahrenabwehr da, Hausbesitzer in Überschwemmungsgebieten wie in Idensen sind für ihren Schutz selbst verantwortlich.
Offen ist nach Informationen der Auepost die Frage, ob die Einsätze der Wehren den Bürgern in Rechnung gestellt werden. Darüber wird in Verwaltung und Politik noch beraten. Fest steht, dass sich der Ortsrat Idensen in einer der nächsten Sitzungen mit dem Hochwasser, möglichen Versäumnissen und Konsequenzen beschäftigen wird.
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