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So sieht die Barnestraße in der Utopie von Verkehrswendeaktivisten aus

03.03.2024 • Daniel Schneider • Aufrufe: 3510

Wenn die Barnestraße zum Blumenbeet wird: Ein Hamburger Künstler zeichnet vor, was den Anwohnern „blühen“ könnte, wenn man die Verkehrswende in Wunstorf konsequent umsetzt.

03.03.2024
Daniel Schneider
Aufrufe: 3510
Eine Vision der künftigen Barnestraße wird im Kurzfilm gezeigt | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds). Es war das Gastgeschenk, das Katja Diehl im Rahmen des Verkehrswendedialoges am vergangenen Donnerstag nach Wunstorf mitbrachte: Ein Kurzfilm über eine Utopie – nämlich das künftige Aussehen der Barnestraße. Zuvor hatte die Buchautorin gescherzt, dass es „kein goldener SUV“ wäre, den sie dabeihätte. Das Lachen der Besucher verebbte mit dem Film – die dort präsentierte Vision von der Barnestraße konnten sich offenbar auch die von der Notwendigkeit der Verkehrswende absolut Überzeugten nicht recht vorstellen. „Können wir das noch einmal sehen?“, wurde aus dem Publikum gerufen. Ob aus Anerkennung für das Werk oder weil man sich zuvor die Augen hatte reiben müssen, das blieb unklar.

Straße wird zum Gemüsebeet

Aus der zentralen Route und Erschließungsstraße zu Hallenbad, Stadien und Schulen durchs Barneviertel wurde in dieser Vision eine Art Promenade durch einen Stadtpark gemacht. Mit romantischen Laternen, Blumenrabatten um neue Bäume, Holzsitzbänken, Gemüsebeeten an der Straße – und in der autofreien Mitte nur noch so viel Fahrbahn, dass sich zwei Radfahrer gefahrlos begegnen können. PKWs sind gar nicht mehr zu sehen – und auch Parkplätze auf Privatgrundstücken gibt es nicht mehr, die Zufahrten sind verschwunden. Der gesamte motorisierte Individualverkehr scheint mit einem Male wie weggezaubert.

Barnstraße
Die aktuelle Barnestraße – die parkenden Autos sollen weg (Archiv)

Genau das ist der Stil von Jan Kamensky, der damit Wunstorf in seinem Werk verewigt hat, in seinen „Visual Utopias“. Der Hamburger Künstler verwandelt darin aktuelle Stadtansichten wortwörtlich in blühende Landschaften. Die Autos fliegen zunächst in den Himmel, dann verschwindet das Grau des Betons und Grün macht sich breit. Mit Diehl arbeitet Kamensky z. B. auch über das Projekt 12 Quadratmeter Hamburg zusammen.

Geradliniger über die Barnestraße

Links im Bild der Barnestraßen-Visualisierung war die Otto-Hahn-Schule zu sehen, in deren Aula unter anderem die Stadtratssitzungen stattfinden. Bürgermeister Carsten Piellusch (SPD) griff das auf, indem er dem Gast auf dem Podium erzählte, dass die Stadtratsmitglieder dort selbst erleben würden, wie es ist, auf dem Weg zu Ratssitzungen immer um parkende Autos herumkurven zu müssen.

Ein gewisser Widerspruch wurde dabei offenkundig, denn offiziell soll der Umbau auf Anregung der Region Hannover kommen, um den Autoverkehr zu reduzieren – und nicht, damit Stadträte und alle anderen Autofahrer in Zukunft geradliniger auf der Barnestraße vorankommen. Dass dieser Nebeneffekt politisch gewollt ist, ist jedoch ein offenes Geheimnis. Zu Stoßzeiten ist die Straße notorisch überlastet, unter anderem wegen „Elterntaxis“, während sie ansonsten vor allem den Anwohnern als normale Anliegerstraße dient.

Der parkende SUV in der Barnestraße fliegt mitsamt der Parkverbotsschilder in die Luft | Foto: Daniel Schneider

Dass man dieses Problem auf dem Rücken der Anwohner lösen will, lässt Autofahrer unter den Anwohnern im Viertel auf die Barrikaden gehen, wie zahlreiche aufgebrachte Zuschriften der Auepostleserschaft spiegeln. Die Vorstellung von einer Barnestraße mit breiteren Gehwegen, einer einheitlichen Straßengestaltung oder richtigen Fahrradwegen fällt schwer, die Parkplatzfrage dominiert.

Aber fehlende Zustimmung zu Verkehrswende-Ideen ist einkalkuliert. „Solche Leute darf man nicht ernst nehmen“, hatte zuvor etwa Regions-Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz in der Diskussion auf dem Podium in der IGS gesagt. Die Mehrheit der Gesellschaft sei ganz vernünftig und wäre für die Verkehrswende.

Stadtbaurat: Nur eine Utopie

Von der Auepost um eine Einschätzung zur Umsetzbarkeit der Vision gebeten, winkt Wunstorfs Baustadtrat Alexander Wollny allerdings ab – die gezeigte Vision sei noch nicht einmal ein Entwurf, sondern eben eine Utopie. Ein vollständig autofreies Viertel ist in der Barne nicht geplant und ohne Weiteres auch kaum möglich.

Die freien Stellplätze, die der Wunstorfer Bauverein auf den eigenen Grundstücken selbst vermietet, sind laut Wollny an der Barnestraße nahezu erschöpft, den Bau eines Parkdecks oder einer weiteren Tiefgarage sieht er ebenfalls nicht als realistisch an. Der Chef des Wunstorfer Bauamtes hat jedoch einen Vorschlag, wo neue Parkplätze entstehen könnten: Auf dem künftigen Parkplatz auf dem Areal des Barneschulzentrums, das ebenfalls neu geplant wird, könnte das Parken auch für Nicht-Lehrkräfte erlaubt werden – zumindest außerhalb der Schulzeiten.

Der Lehrerparkplatz im Barneschulzentrum soll an den Rand verlegt werden und könnte temporär auch als Anwohnerparkplatz dienen (Archiv)

Eine Stichprobe der Auepost hatte gezeigt, dass im Falle eines Umbaus der südlichen Barnestraße hin zu einer Fahrbahn ganz ohne Parkmöglichkeiten rund 50 Fahrzeuge woanders abgestellt werden müssten – falls sie von ihren Haltern nicht abgeschafft werden.

Die Bewohner und Nutzer des Barneviertels werden in einem nächsten Schritt nun direkt gefragt werden, was sie sich selbst vorstellen könnten. Mit weiteren Aktionen vor Ort und einer Bürgerbeteiligung – dem „Barne-Lab“ – sollen die Barnebewohner an das Thema herangeführt werden.

An der Umsetzung der gezeigten Utopie dürften unterdessen nicht einmal die meisten der Stadtratsmitglieder Interesse haben – sie müssten zu den Sitzungen dann mit Alternativen wie der Fahrradrikscha kommen. Doch die Barnestraßen-Transformation wird in der Kommunalpolitik weiter beraten werden. Wo Schichtarbeiter unter den Anwohnern parken sollen, wenn die Lehrerparkplätze tagsüber belegt sind, darauf gibt es aktuell noch keine Antwort. Vielleicht wird sie während des Barne-Labs gefunden.

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Kommentare


  • Anwohner Barnestraße sagt:

    Lachhaft und eine Bevormundung wenn man das Bild sieht! Experimente werden mit den Anwohner gemacht! Unglaublich was diese Person, diese Frau Diehl da veranstaltet! Kein Bezug zur Realität! Diese Person ist einfach besessen von irgendwelchen Mist! Freie Fahrt für alle anderen ,nur für die Anwohner nicht! Versuchen Sie mal XY beizubringen seinen geleasten Mercedes nicht vor der Tür zu parken! Dafür aber Elterntaxis freie Fahrt zu geben.
    Und die Jugendlichen aus dem Neubaugebiet mit ihren Motorrädern können ja auch noch durchfahren
    Man bekommt nur noch das Ko… wenn man diesen Artikel liest!
    Fakt ist ,kommt das suchen wir uns eine neue Wohnung! Hier fühle ich mich nicht mehr wohl!!!

  • Andrea sagt:

    Ich zitiere grob „50 Fahrzeuge müssen woanders abgestellt werden, wenn sie von den Besitzern nicht nicht abgeschafft werden“. Klar, wer kennt das nicht, da hat man ein Fahrzeug, zahlt Versicherung, Steuer und weiß gar nicht, warum man es überhaupt besitzt. Da muß mich also erst meine Stadt und eine ‚Expertin‘ drauf bringen, dass ich den Wagen nicht brauche; euer Ernst?
    Und ohne den Beitrag ganz gelesen zu haben, Stichwort Gemüsebeet? Erneut: Ist das euer Ernst??? Wer will denn da Gemüse ernten, wo Hunde gegenpinkeln und Müll rumfliegt?
    Und dieser ganze Mumpitz wird angedacht, weil…? Ihr plärrt doch immer, der Verkehrsraum ist für alle da. In diesem Fall nur für Radfahrer?
    Und inzwischen frage ich mich auch: welche Partei muß ich das nächste Mal wählen, damit dieser Blödsinn ein Ende hat?

  • Marie sagt:

    Da kommen die Herrschaften zu diesen Sitzungen selber en masse mit Pkws vorgefahren, um zu diskutieren, dass zu viele Autos in der Barnestraße unterwegs sind. Merkt einer was?
    An den Wochenenden und in den Schulferien ist es so ‚ruhig‘ hier.
    Stellt doch mal morgens zwischen 7:40 und 8:00 Uhr Polizisten in zivil an den Straßenbereich vor den Schulen, wenn extrem rücksichtslose Mama- und Papataxis vor dem Zebrastreifen halten oder ‚parken‘, damit ihre Sprösslinge ja keinen Meter zu weit laufen müssen. Dabei werden regelmäßig andere Schulkinder in Gefahr gebracht!!! Also, mal was sinnvolles machen anstatt Utopiefilmchen zu schauen und zu überlegen, wie den Anwohnern das Leben schwer gemacht werden könnte!

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