Bis tief in die Nacht wurden die Stimmen in Wunstorf ausgezählt, ein Wahllokal ließ sich dabei besonders lange Zeit. Erst gegen 1.00 Uhr nachts trudelten die letzten Zahlen ein und das vorläufige Ergebnis stand fest. Danach war endgültig klar: Die Wählerschaft in Wunstorf ist deutlich nach rechts gerückt, bleibt aber links. Das klingt zunächst paradox, beschreibt den Ausgang der Wahl am Sonntag jedoch treffend.
Denn SPD und Grüne verlieren beide stark in der Wählergunst und büßen die Mehrheit im Stadtrat ein – wie z. B. auch in Hannover, wo der Stadtrat zum ersten Mal seit 1989 die rot-grüne Mehrheit verliert. Auch in der Regionsversammlung hat dieses Bündnis künftig keine absolute Mehrheit mehr. In der Region ist nun Ampel- oder große Koalition angesagt. Eine rot-rot-grüne Mehrheit kommt ebenfalls knapp nicht zustande – wäre in Wunstorf jedoch denkbar.
Im Wunstorfer Rat muss man sich daher künftig Gedanken um neue Allianzen machen. „Gewonnen“ nach Stimmenanteilen hat die Wahl die SPD, dazugewonnen haben jedoch allein die Linkspartei mit 0,3 und die FDP mit 0,2 Prozentpunkten. Die CDU verliert mit einem Prozentpunkt ebenfalls, jedoch nicht so dramatisch wie die SPD und Grüne, die 4,3 und 6 Prozentpunkte einbüßen. Dennoch bleibt die SPD im Rat die stärkste Kraft mit 38,6 Prozent – und gewinnt in absoluten Zahlen sogar Stimmen hinzu.
Die Kommunalwahl war eine der spannendsten der letzten Jahrzehnte, denn mit dem erstmaligen Antreten der AfD war zugleich die Frage verbunden, ob und wie die Partei sich in Niedersachsen etablieren und die bestehenden Mehrheitsverhältnisse durcheinanderwirbeln würde.
Der Trend zeichnete sich bereits früh am Wahlabend ab, die AfD schien aus dem Stand drittstärkste Kraft im Stadtrat zu werden. Während des „Zählrennnens“ lag sie zwischenzeitlich über 11 Prozent, nach Auszählung aller Stimmen waren es schließlich 10,2 Prozent für die AfD – knapp vor den Grünen (9,7 %), die somit tatsächlich auf Platz vier verwiesen wurden. Auch die FDP schien sich zunächst ein Duell mit den Grünen zu liefern, fiel dann aber auf 5,4 Prozent zurück. Somit ist die AfD auch in Wunstorf zu einer neuen politischen Größe geworden und hat das angepeilte landesweite Wahlziel von 10 Prozent zumindest in Wunstorf sogar übertroffen.
Der Rechtsruck geht somit zu einem großen Teil auf das Konto der AfD. Die Gegenüberstellung zur vergangenen Wahl 2011 zeigt ein deutliches Bild: Die Parteien der Mitte, ausgenommen die FDP, haben Wähler verloren – die linken und rechten Parteien gewinnen Stimmen hinzu. Denn auch auf linker Seite gab es Zuwächse: Die Linkspartei kam auf ein leichtes Plus von 0,3 Prozent.
Fast sicher scheint, dass es auch die Flüchtlingsdebatte war, die der AfD auch in Wunstorf einen Großteil des Wahlerfolgs beschert hat, dabei war Asylpolitik gar nicht das Thema der Wunstorfer AfD. Doch während des Wahlkampfes an nahezu allen Wahlständen, wo die Parteien das Gespräch mit den Bürgern suchten, ließ sich bereits beobachten, dass dies gerade vor Ort eine der bestimmenden Fragestellungen war – trotz der geradezu vorbildhaften Integrationsbemühungen der Stadt in den letzten Monaten.
Betrachtet man nur die einzelnen Regionsergebnisse, liegt Wunstorf etwa in der Mitte beim AfD-Zuspruch. Noch mehr Stimmen bekam die AfD in Neustadt (12,3 %) Garbsen (12,8 %), Barsinghausen (10,9 %), Laatzen (12,5 %), Lehrte (10,9 %), Sehnde (11,6 %), Seelze (12,1 %) Ronnenberg (13,3 %) und Langenhagen (13,3 %). Den geringsten Erfolg verbuchte die AfD in Burgwedel (8,4 %), gefolgt von Hannover und Hemmingen (jeweils 8,8 %).
Ebenso dramatisch wie in Wunstorf sieht es für SPD und Grüne auch auf Regionsebene aus: Hier verliert die SPD 5,2 und Bündnis 90/Grüne 5,4 Prozentpunkte – und damit deutlich Sitze in der Regionsversammlung. Die FDP wiederum kann sich über einen Zuwachs um 2,3 Prozentpunkte freuen und ist damit nun mit 5,4 Prozent genauso stark wie im Wunstorfer Stadtrat. Die Linkspartei wächst ebenso wie die FDP um 2,3 Prozentpunkte.
Interessant: „Einzelkämpfer“ Stefan Sauer, der für den Stadtrat als auch für den Ortsrat Wunstorf kandidierte, kam für letzteren mit 1,4 % immerhin knapp auf die Hälfte der Stimmen der Partei mit dem geringsten Ergebnis (Die Linke: 2,9 Prozent) – und das, ohne einen Wahlkampf geführt oder die Unterstützung einer Partei im Rücken gehabt zu haben. Im Stadtrat wollten Stefan Sauer allerdings nur 0,6 Prozent der Wähler sehen.
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