Wunstorf (ds). Großes Interesse herrschte nicht beim Auftakt zum Fußverkehrs-Check in der Barne am Donnerstagabend des 7. September: Nur zehn Wunstorfer – Anwohner und regelmäßige Besucher der Barne – waren erschienen, um beim ersten Workshop zum „Fußverkehr-Check“ Wünsche, Ideen und Kritik zu äußern.
Angemeldet hatte sich sogar nur eine Handvoll, spontan kamen am Abend dann aber doch noch Einzelne in der Aula der Otto-Hahn-Schule hinzu. Vertreter der Polizei fehlten aus Krankheitsgründen, und auch von den Schulen waren nur eine Lehrerin der Paul-Moor-Schule und Eltern von Kindern aus der Albert-Schweitzer-Grundschule anwesend – die Lehrer hatten parallel Elternabend.
So begrüßte Alexander Wollny für die Verwaltung die Wenigen gemeinsam mit weiteren Verwaltungsmitarbeitern und Ilka Bürling von der Verkehrsentwicklungsgesellschaft Planersocietät, welche den Fußverkehrs-Check für das Mobilnetzwerk der Region Hannover durchführt. Die eigenen Füße seien „das bislang vergessene Verkehrsmittel“, brachte die Planerin aus Hamburg dabei den Hintergrund des Projekts auf den Punkt.
Dabei würden im Bundesdurchschnitt über 60 Prozent der Wege bis einem Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Der Autoverkehr stelle sich dabei als größtes Hindernis heraus, erst weit abgeschlagen rangieren Ampeln oder Hundekot auf den Gehwegen als Minuspunkte für die Fußgängerzufriedenheit. Stark verbessert werden können Fußgängerwege oft auch schon mit kleineren baulichen Maßnahmen, erläuterte Bürling und stellte entsprechende Beispiele vor. Ein Ziel ist dabei oft, die Sichtbarkeit von Fußgängern für die übrigen Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. „Angsträume“ gelte es zu beseitigen und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen.
Die Gekommenen trugen dann aber umso intensiver zum Treffen bei, denn es bot sich die Chance, hier wirklich Einfluss zu nehmen, wie sich das gesamte Barneviertel künftig verkehrstechnisch weiterentwickeln wird. Um den langfristig geplanten großen Umbau der Barnestraße geht es dabei aktuell nicht, der Fußverkehrs-Check nimmt die Wege und Straßen des gesamten Viertels aus Sicht der Fußgänger in den Blick.
Die Motivation der Gekommenen bei den ersten Terminen war dabei ganz unterschiedlich: Die einen wollen grundsätzliche Verbesserungen erreichen, andere auf konkrete Probleme hinweisen.
Konkrete Wünsche kamen zum Beispiel für den zuletzt sanierten Geh- und Radweg am Barnewäldchen: Denn dort gebe es keine flankierenden Sitzbänke – und damit noch viel Raum für die Schaffung von Aufenthaltsqualität. Für manche Senioren sei die Strecke am Stück kaum zu bewältigen. Auch die Lukas-Cranach-Straße wurde als Problempunkt genannt: Diese ende für Fußgänger praktisch im Nichts. Am Zebrastreifen Am Hasenpfahl werde oft von den Autofahrern nicht angehalten, weil Fußgänger zu spät gesehen würden. Und in der Barnestraße parke immer ein großer weißer Transporter auf einem Anwohnerparkplatz, der auf den Gehweg rage und den ohnehin schon sehr schmalen Gehweg noch schmaler machen würde. Die heutzutage übliche Mindestbreite von 2,5 Metern erreichen die Fußwege entlang der Barnestraße im Viertel in der Regel bei Weitem nicht.
Dass es noch schlimmer geht, rückte eine Lehrerin der Paul-Moor-Schule ins Bewusstsein, die sich wünschte, dass überhaupt einmal ein Gehweg zur Schule gebaut werden würde. Die Förderschule am Rande des Barne-Schulzentrums ist auf direktem Wege tatsächlich nur über eine Fahrbahn zu erreichen, der Gehweg endet lange vor dem Schulgelände.
Aber auch bei Neubauprojekten wurde Verbesserungsbedarf erkannt: Am neuen Barneplatz wurde vor dem ehemals mongolischen, jetzt „orientalischen“ Restaurant ein Treppenabsatz eingezogen, um den Höhenunterschied auszugleichen. Dieser Absatz auf dem Platz ist für Fußgänger jedoch kaum zu erkennen – hier soll es deshalb bereits zu Stolpern und Stürzen gekommen sein.
Zwei Wochen später, am Mittwoch, den 20. September, fand dann der zweite Baustein der Aktion statt: Eine Begehung des Barneviertels. Die Teilnehmerzahl hatte sich verdoppelt: Nun rund 20 Interessierte gingen mit auf den „Spaziergang“ durch die Barne, um auf den Hauptwegen mögliche Probleme direkt in Augenschein zu nehmen und Verbesserungen zu diskutieren.
Dass der Fußverkehrs-Check in der Barne stattfand und nicht in anderen Vierteln Wunstorfs, war Absicht: Die Barne war bewusst vor allem wegen der vergleichsweise großen Bevölkerung ausgesucht worden: Viele Menschen leben hier auf relativ dichtem Raum zusammen – und entsprechend hoch ist auch der Fußgängerverkehr im Viertel. Ab dem Jahr 1957 war das Viertel entstanden, damals konzipiert als Zukunftsmodell moderner Stadtentwicklung – doch es sei „ein Stück weit in die Jahre gekommen“, so Wollny.
Zentrale Fragen waren deshalb: Wo steht das Barneviertel aktuell? Welche Probleme gibt es, wo läuft man gut, wo könnte vielleicht eine Querung der Straße erleichtert werden, wo ist Platz zum Spielen und Sitzen? Das Verbesserungspotential demonstrierte ein radfahrendes Kind unmittelbar vor der Auftaktveranstaltung sogar anschaulich, als es wegen eines ungünstig abgesenkten Bordsteines am Schulgelände auf die Straße gestürzt war.
Am 9. November 2023 wird als dritter und letzter Baustein der Abschlussworkshop in der Aula der Otto-Hahn-Schule abgehalten, bevor die Ergebnisse final an die Verwaltung weitergereicht werden. Erste Vorschläge zur Verbesserung der Fußgängersituation im Viertel sollen dann bereits von der Planersocietät präsentiert werden.
Zwischen 18 Uhr und ca. 20 Uhr sind wieder alle Interessierten eingeladen. Um vorherige Anmeldung unter Telefon (05031) 101-302) oder sibylle.messerschmied@wunstorf.de wird gebeten. Die bisherige Dokumentation zum Projekt ist außerdem auf der Seite der Stadt einsehbar.
Abartig, widerlich, der Hass auf Autos, man setzt Alle in ein Wattehaus