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Barnewäldchenweg als „Rennstrecke“: Anwohner und Spielplatzbesucher fürchten um ihre Kinder

30.05.2023 • Daniel Schneider • Aufrufe: 2065

Was zählt mehr? Die Sicherheit von spielenden Kindern oder freie Fahrt für Radfahrer? Die Stadt hat am gerade neugestalteten Rodelberg-Spielplatz eine schwierige Abwägung zu treffen. Zwei Mütter aus der Nachbarschaft gehen nun auf die Barrikaden, weil ihnen die Radfahrer zu schnell fahren am Barnewäldchenweg – und die Stadt untätig bleibe. Man wünscht sich Hindernisse für Fahrräder. Doch damit hat die Stadt zuletzt katastrophale Erfahrungen gemacht.

30.05.2023
Daniel Schneider
Aufrufe: 2065
Der Verbindungsweg am Rodelbergspielplatz | Foto: Daniel Schneider

Wunstorf (ds). Für den Rest der Stadt wird derzeit diskutiert, ob es bald Fahrradschnellstraßen geben wird – im Süden der Kernstadt scheint dagegen schon eine inoffizielle zu existieren. Die Anwohner und Nutzer des Spielplatzes Spitzwegstraße haben deshalb nun genug: Seit einem Jahr bereits warnen sie vor gefährlichen Situationen, die für spielende Kinder am Rodelberg-Spielplatz entstehen.

Denn der Spielplatz weist eine Besonderheit auf: Mittendurch führt ein stark genutzter Verbindungsweg des Viertels, der die Spielplatzbereiche in zwei Hälften teilt. Seit dieser Weg vor rund anderthalb Jahren saniert und neu gepflastert wurde, dient er auch Fahrradfahrern wieder als idealer Verkehrsweg. Ein Nebeneffekt der Sanierung ist jedoch, dass Fahrräder nun deutlich schneller unterwegs sind als früher. Zuvor war allzu schnelles Radeln wegen der Unebenheiten auf dem alten Plattenweg gar nicht möglich. Und eine weitere Veränderung gibt es: Inzwischen sind viel mehr Pedelecs unterwegs.

Kinder angefahren, Pöbeleien unter Erwachsenen

Es seien schon spielende Kinder von Radfahrern angefahren worden, sagen zwei Anwohnerinnen, die selbst mit ihren Kindern oft auf dem Areal unterwegs sind und entsprechend gefährliche Situationen dokumentiert haben. Von schweren Unfällen wüssten sie nichts, aber es komme regelmäßig zu Konflikten zwischen Radfahrern und den Eltern der dort spielenden Kinder. Auch Pöbeleien seien dabei keine Seltenheit. Angst hätten sie persönlich vor allem vor den meist älteren Pedelec-Fahrern, berichten sie im Gespräch mit der Auepost. Diese führen oft mit sehr hoher Geschwindigkeit zwischen den Kindern hindurch und hätten Schwierigkeiten, überhaupt zum Stehen zu kommen.

Die Beschwerdestelle der Stadt muss seit einem Jahr vertrösten | Foto: Daniel Schneider

Eine zielführende Reaktion auf ihre Anfragen gab es jedoch nicht. Die Mütter gaben jedoch nicht nach, immer wieder wurde bei der Stadt angerufen. Das Unverständnis auf Anwohnerseite über die offensichtliche Untätigkeit wuchs in den vergangenen Monaten immer mehr, denn man hatte sich bauliche Maßnahmen erhofft, die die Radfahrer zumindest etwas ausbremsen würden. Während der Wegesanierung und des Spielplatzneubaus wurde viel gebaggert an dieser Stelle – aber die gefährliche Begegnungssituation zwischen Kindern und durchfahrenden Fahrrädern wurde dabei nicht gelöst.

Spitzfindigkeiten an der Spitzwegstraße

Stattdessen bekamen die Mütter nun mitgeteilt, dass es sich bei den Spielflächen links und rechts des Weges doch eigentlich um zwei verschiedene Spielplätze handeln würde – eine sicherere Verbindung für spielende Kinder sei also wohl gar nicht nötig. Das jedoch war zumindest bislang anders bekannt – die Spielbereiche am Rodelberg werden bei der Stadt als ein einziger Spielplatz unter dem Namen „Spielplatz Spitzwegstraße“ geführt.

Hier ging es nochmal gut: Ein Radfahrer fährt mit hohem Tempo zwischen Kinderwagen und spielenden Kindern hindurch | Quelle: privat

Unabhängig von solchen Spitzfindigkeiten nutzen Kinder das Areal sowieso als einen Gesamtspielplatz: Es wird hin- und hergerannt, auch der Weg selbst wird zum Spielen benutzt – und wer den großen Hügel hinunterstürmt oder einem Ball hinterherläuft, landet ebenfalls zwangsläufig mitten auf dem Verbindungsweg.

In der Zwickmühle

Würde eine Mauer helfen? „Kaum“, sagen die Anwohnerinnen. Die Kinder würden trotzdem von der einen auf die andere Seite laufen. Man wünscht sich stattdessen z. B. Metallbügel, sogenannte Umlaufsperren, die die Radfahrer am Spielplatz zum Abbremsen zwingen würden. Die habe es an dieser Stelle schon einmal gegeben, sie seien aber entfernt worden, berichten Anwohner.

Doch so einfach dürfte das nicht werden. Künstliche Schikanen wie Metallstangen sind gleich auf mehrere Arten problematisch: Bei zu großzügiger Bauweise wirken sie nicht, bei zu geringer Bauweise können sie jedoch Rollstuhlfahrer oder Fahrradfahrer mit Kinderanhänger behindern und Wege für diese unpassierbar werden lassen. Das Risiko von Unfällen mit Radfahrern, die bei Dämmerung oder Dunkelheit in unerwartet auftauchende Hindernisse fahren, darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Auf Poller und Slalomstangen wird auf Rad- und Gehwegen heutzutage daher normalerweise schon aus rechtlichen Gründen meist verzichtet, wenn sie nicht zwingend notwendig erscheinen.

Künstliche Hindernisse wie diese führten zu schweren Unfällen unter Radfahrern (Archiv) | Foto: Daniel Schneider

Was unbedachte Verkehrsschikanen zur Geschwindigkeitsreduzierung anrichten können, wurde im vergangenen Jahr am Bahnübergang Hohes Holz sichtbar: Dort war es nach dem Anbringen von Bodenschwellen zu einer Serie von schweren Fahrradstürzen gekommen, so dass sogar die Polizei bei der Stadtverwaltung intervenierte. Statt die Verkehrssicherheit zu erhöhen, hatte man unabsichtlich einen neuen Verkehrsunfallschwerpunkt geschaffen.

Nur zwei Warnschilder tauchen auf

Doch nun tat sich etwas: In der zweiten Maiwoche wurden Warnschilder aufgestellt: Zwei „Vorsicht, Kinder!“-Piktogramme weisen Radfahrer nun auf die Spielplatzsituation hin. Bewirkt hat das offenbar wenig. Nach einer Stichprobe der Auepost bremst kein einziger Radfahrer ab oder verringert deswegen in diesem Bereich seine Geschwindigkeit. Auch die beiden Anwohnerinnen glauben nicht an einen spürbaren Effekt: „Das bringt nichts.“ Deshalb wird weiterhin mit der Stadt telefoniert.

„Das bringt nichts.“

Physische Barrieren auf dem Weg scheinen jedoch nicht geplant zu sein. Die Verwaltung ließ mitteilen, dass die „Problematik zunächst hausintern aufgeklärt“ werden müsse. Schutz der Kinder und die „Leichtigkeit des Radverkehrs“ stünden in einem Interessenkonflikt. Bei solchen Formulierungen fühlen sich die Anwohnerinnen abgewimmelt. Dass die Stadt nach den schlimmen Ergebnissen am Bahnübergang nun vorsichtig agiert, was Fahrradausbremsmaßnahmen betrifft, ist jedoch nachvollziehbar.

„Gehen Sie in den Bauausschuss“, wurde den Anwohnerinnen zuletzt von der Beschwerdestelle geraten, dort würde das Thema behandelt werden – was die beiden Frauen am vergangenen Donnerstag dann auch taten. Aber die Spielplatzsicherheit stand dort gar nicht auf der Tagesordnung. Also nutzten die Mütter die Gelegenheit, um ihr Anliegen im Rahmen der Einwohnerfragestunde noch einmal vorzubringen – von dem die Verwaltung schon seit einem guten Jahr Kenntnis hat.

Eine Lösung ist angekündigt

Auch der anwesende Baustadtrat Alexander Wollny hatte keinen spontanen Lösungsvorschlag, konnte jedoch direkt sagen, dass man eine Lösung ausarbeiten werde. Es solle möglich sein, dort eine bauliche Trennung zu schaffen, so der Bauamtsleiter. So etwas sei eine „punktuelle Maßnahme“, die die Verwaltung vornehmen könne. Das hieße: Auf den nächsten großen Straßen- oder Spielplatzumbau werden die Anwohner mit Kindern nicht warten müssen, bis Bewegung in die Sache kommt.

Der schnurgerade Weg ermöglicht schnelles Radfahren, führt aber direkt über den Spielplatz. Wäre ein kleiner Bogen nach links die Lösung gewesen? | Foto: Daniel Schneider

Doch eine bauliche Trennung allein wird von den Anwohnern eben nicht als Lösung gesehen. Sie warten nun gespannt, welche weiteren Ideen der Bauverwaltung einfallen werden. Eine Verschwenkung des Weges, so dass er nicht mehr direkt am Spielplatzbereich vorbeiführt, war beim Neubau des gemeinsamen Rad- und Fußweges nicht eingeplant worden.

„Wenn sich nichts tut, melden Sie sich wieder“, gab die den Bauausschuss leitende stellvertretende Vorsitzende Christiane Schweer (CDU) den beiden Anwohnerinnen noch mit auf den Weg. „Das ist gar nicht so einfach“, gaben diese nach ihren Erfahrungen im vergangenen Jahr daraufhin zu Protokoll – was erheitertes Raunen im Bauausschuss auslöste.

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Kommentare


  • MR sagt:

    Bauliche Verschlimmbesserung mal wieder :)
    Als im Bereich des Spielplatzes anstelle des Pflasterweges noch ein Schotterplatz war, schien es das Problem nicht zu geben. Also: weg mit dem Pflaster und wieder Schotter oder Kies hin, das macht die Überquerung weniger attraktiv und bremst sowohl Radfahrer als auch Kinderwagen (und deren Gemüter). ;)

  • Annerose Becker sagt:

    Liebe Radfahrer,wie wäre es Mal mit absteigen in dem Spielbereich,

  • Anonymer Einwohner sagt:

    Meiner Erfahrung nach sind auch Rad-, E-Bike und E-Rollerfahrer zunehmend regel- und rücksichtslos im Verkehr unterwegs. Besonders erleben kann man dies auf Gehwegen, die sich Fußgänger mit ihnen teilen müssen, Hauptstraße von Luthe, Hannoversche Straße und Wunstorfer Bahnhofsunterführung. Leider scheint niemand mehr für die Durchsetzung der Einhaltung von Regeln zuständig zu sein bzw. diese Stellen wurden wohl eingespart. Immer häufiger gilt auf Straßen und Gehwegen das Recht des vermeintlich Stärkeren.

    • Fußgänger sagt:

      Dem kann ich nur zustimmen. Angefangen von den PS strotzenden SUVs bis herab zu den motorgetriebenen Zweirädern zählt nur noch, wer der Schnellste ist, hat Vorfahrt. Verkehrsregeln gelten nur noch für Untermotorisierte.

  • centrodelmargine sagt:

    Das Gefahrenzeichen ACHTUNG KINDER ist dort am Rodelbergspielplatz ordnungsgemäß aufgestellt. Ob aber Radfahrer auf diesem Weg überhaupt mit Verkehrsschildern rechnen und ob sie dann das linksseitig angebrachte Schild beachten, ist schon fraglich.

    Um jetzt nicht das Problem „Durchsetzung der Einhaltung von Regeln“ zu diskutieren, ein
    VORSCHLAG:

    In Mardorf am Ufer des Steinhuder Meeres gibt es einen hoch frequentierten gemischten Fuß-Rad-Weg. Dort bestehen zwei ähnliche Gefahrenstellen. Und dort ist – auf dem Weg! – eben jenes Gefahrenzeichen ACHTUNG KINDER unübersehbar mit einer Kantenlänge von ca. 2 Metern auf der Wegedecke aufgebracht.

    Die Kosten dafür dürften sich in Grenzen halten. Ein Versuch sollte risikolos zu starten sein, lieber Verwaltung, lieber Bauausschuss!

    • Dirk F. sagt:

      Ja, aber gerade in Mardorf fällt mir die rücksichtslose schnelle Fahrt der Radfahrer auf. Als Fußgänger bekommt man da schon Angst. Als Radfahrer bremse ich dort bei Füßgängern ab. So viel Rücksicht sollte sein! Ich selber bin als Füßgänger schon zwei mal von Radfahrern angefahren worden. Einmal mit anschliessender OP. Wäre ich ein Kind beim letzten Mal gewesen, wäre ich vermutlich tot gewesen. Auf der anderen Seite bin ich auch schon als Radfahrer böse gestürzt, weil ignorant quatschende Mütter mit Kinderwagen einfach auf den Radweg in Steinhude getreten sind. Mit anschliessendem Vernähen der Wunde. Mittlerweile ist zumindest diese Stelle dort etwas entschärft und besser getrennt worden. Aber warum es von vereinzelten Personen keinerlei Rücksicht und Respekt vor der Gesundheit anderer Menschen mehr gibt, ist mir fraglich. Es fehlt an durchgreifender Kontrolle und einschneidenden Strafen!

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