Die Chronologie der aktuellen Probleme von Stadtverwaltung und Bäderbetriebsgesellschaft liest sich wie das Drehbuch eines unglaubwürdigen Films und offenbart schließlich auch noch ein erhebliches grundsätzliches Manko: Die Kommunikation stimmt nicht.
Ein Bündel von Schwierigkeiten löst die Schließung des Hallenbads in der Barne aus. Es fehlt an Fachpersonal, die Brandmelder lösen immer wieder Fehlalarme aus, die Organisation wird verändert, und nicht zuletzt offenbart eine Mängelliste des Gemeindeunfallversicherungsverbands gravierende Schwachstellen. Die Schließung soll bis zum Jahresende dauern. In der Stadt erhitzen sich die Gemüter.
Der Krisenmodus dauert an. Die Personalprobleme sind noch nicht bewältigt, Reparaturen stehen aus. Der Plan, Teil 1: im Hallenbad mit Hochdruck die Aufgaben erledigen und das Freibad Bokeloh früher als sonst öffnen. Teil 2: Vereine und Schulen sollen am 5. Mai das Hallenbad wieder nutzen können.
Pressewirksam wird die Öffnung des Wunstorfer Freibades angekündigt für den 1. Mai. Die Bäderleitung springt beherzt vor den Kameras ins Schwimmbecken. Es soll auch einstimmen auf die Teil-Wiedereröffnung des Wunstorf Hallenbades wenige Tage später für Vereine und das Schulschwimmen.
Der Super-GAU tritt ein. Mitarbeiter hätten gekündigt oder seien krank, heißt es – und noch am selben Tag der Wiederöffnung des Wunstorf Elements wird erneut die Schließung der Anlage angekündigt. Das Hallenbad bleibt im Notbetrieb noch für eine Woche für Vereine und Schulen – dann wird erneut geschlossen.
Das Ehepaar Heinicke startet eine Petition im Internet und fordert die Öffnung des Bades. Fast 3.600 Menschen haben bisher unterschrieben. Zu den Unterstützern gehört Schwimmstar Sven Schwarz.
Wie heißt es aktuell auf der Internetseite? „Das Wunstorf Elements hat alles, was Wasserratten, Strandnixen und Schwimmtiere jeden Alters sich wünschen können. Und in unserem Saunagarten finden Wellnessbegeisterte viel Ruhe und Entspannung. Für kulinarische Genüsse sorgt unsere Gastronomie mit einem regionalen und saisonalen Speisenangebot.“ Und: „Das Element wartet darauf von dir entdeckt zu werden.“ Davon kann bis auf Weiteres keine Rede sein. Eher ist es umgekehrt: Die Wunstorfer warten.
Aus dem Desaster wird ein Politikum. Der Stadtverbandsvorstand der CDU erkennt eine „ernste Situation“ und fordert dauerhafte Lösungen. Parteichef Martin Pavel: „Wir fordern den Bürgermeister dazu auf, den Menschen in Wunstorf in den kommenden Tagen offen und transparent zu erklären, warum das Hallenbad nicht dauerhaft und verlässlich betrieben werden kann. Wir erkennen leider keine Kommunikationsstrategie und vor allem keine Perspektive für die Zukunft.“ Sein Vize Manfred Gröne ergänzt: „Schluss mit dem Totschweigen. Die Probleme existieren seit vielen Monaten, und viele Fragen sind ungeklärt.“ Die Onlinepetition zeige, „dass das Thema die Menschen bewegt“.
Der Gruppenpartner der CDU reagiert gereizt und wird aktiv. SPD-Fraktionschef Martin Ehlerding erklärt, die Verantwortlichen würden keineswegs still stehen. Piellusch habe vielmehr „das Heft des Handelns übernommen“. Und: „Jeder in Wunstorf weiß, wie ernst die Lage ist. Aber sie wird nicht durch Schlagzeilen besser, sondern durch gezieltes Handeln – und das passiert längst.“ Die SPD warnt davor, jetzt in den Wahlkampfmodus zu wechseln. Ehlerding: „Die Menschen wollen Lösungen, keine Schuldzuweisungen”. Die Initiatoren der Petition müssen sich von der SPD sagen lassen, ihre Forderungen würden längst umgesetzt. „Ehrlicherweise kommen die Verantwortlichen dieser Aufforderung längst nach: Die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat beschäftigen sich seit Monaten mit der Wiederaufnahme des Betriebs“, erklärt Thomas Silbermann, Ortsbürgermeister von Wunstorf, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender der Bäderbetriebe. Silbermann: „Wir arbeiten dazu eng mit der Stadtverwaltung und dem Bürgermeister zusammen. Die innerbetrieblichen Probleme lassen sich aber, zumindest auf Seiten des Personals, nicht einfach abschalten. Hier haben wir mit dem Wechsel in der Geschäftsführung vor eineinhalb Jahren einen wichtigen Schritt vorgenommen, und Cornelius Nolte, der neue Geschäftsführer, übernimmt ein teilweise schwieriges Erbe.“
Eilig lädt Silbermann noch am Abend nach einer Infoveranstaltung zur Umgestaltung der Innenstadt den Aufsichtsrat der Bäderbetriebe zu einer Sitzung ein. Das Gremium tagt vertraulich, und die Teilnehmer werden regelmäßig und deutlich zur Verschwiegenheit ermahnt.
Einen Tag nach dem Schützenfest ist Bürgermeister Piellusch Gast der CDU-Ratsfraktion. Wortreich schildert er die aktuelle Situation, die Vorgeschichte und seine Bemühungen. Seine Botschaft: „Ich bin am Ball!“ Die Kritik aus der CDU verstummt jedoch nicht.
Während die beiden Bündnispartner aus dem Rat der Stadt – SPD und CDU – öffentlich gegenteilige Positionen beziehen und sich 15 Monate vor der nächsten Wahl kräftig beharken, lassen Kritik und Verärgerung in der Stadt nicht nach. Die Auseinandersetzung mit dem Thema auf satirische Art erreicht einen Höhepunkt: Mit fiktiven, via KI erstellten Kinderbuchcovern wird Kritik geübt. Ganz oft verbreitet dabei die Variante: „Conni wird Bademeisterin im Elements“.
Die Redaktion der Auepost legt der Stadtverwaltung einen Katalog mit 20 Fragen zum Hallenbad vor und erfährt auf Nachfrage, dass es am 4. Juni zwei Pressegespräche zum Thema im Rathaus geben werde.
So gehen Rathaus und Bäderbetriebe am 4. Juni den traditionellen Weg. Zunächst informieren Bürgermeister Piellusch und Silbermann mit den beiden Geschäftsführern der Bäderbetriebsgesellschaft der Stadt, Cornelius Nolte und Florian Wagner, und Pressesprecher Daniel Pfingsten die Redaktion der Tageszeitungen – auf deren ausdrücklichen Wunsch hin exklusiv. Stadtanzeiger und Auepost werden anschließend vorgelassen.
Auch im sozialen Netzwerk Instagram meldet sich Piellusch zu Wort: Die Schließung „schmerze“ ihn als passionierten Schwimmer und Taucher. Auch deshalb, „weil es den Blick auf die erfolgreiche Arbeit der Geschäftsführung verdeckt, die seit November 2024 mit externer Unterstützung eine ganze Reihe von technischen und organisatorischen Problemen gelöst hat“. Es gebe „erste Erfolge“: Über Personaldienstleister konnten vier Fachkräfte gewonnen werden, die DLRG unterstütze die Bäderbetriebe, weitere Bewerbungen würden geprüft und Einstellungen vorbereitet.
„Nachdem die Bäderbetriebe wieder revitalisiert sind, geht es um die Modernisierung und Weiterentwicklung“
Carsten Piellusch
Piellusch weiter: „Stellenangebote werden über alle denkbaren Kanäle gestreut, die tariflichen Möglichkeiten werden mit Unterstützung der Stadtverwaltung ausgeschöpft. Und wörtlich: „Mein Ziel war, ist und bleibt ein möglichst breites Bäderangebot für Öffentlichkeit, Schulen und Vereine. Nachdem die Bäderbetriebe wieder revitalisiert sind, geht es um die Modernisierung und Weiterentwicklung des Wunstorf Elements. Ein wichtiges Zukunftsprojekt für unsere Stadt!“
Des Bürgermeisters Worte bleiben nicht unbeantwortet: Nicht ohne feine Ironie dankt das Ehepaar Heinicke Piellusch für seinen Einsatz, legt aber mit kritischen „Anmerkungen“ nach. So schreibt es auf der Internetseite zur Onlinepetition unter anderem wörtlich: „Wir verfolgen seit Oktober 2024 die gängigen Online-Portale und Zeitungen der Region und finden dort Ausschreibungen aus Bad Nenndorf, Garbsen, Langenhagen, Hannover und Neustadt – nicht aber aus Wunstorf.“ Andere Bäderbetriebe würden zwar nicht den Fachkräftemangel bestreiten, bekräftigten aber, „dass es viele attraktive Möglichkeiten gibt, um Personal zu gewinnen. Kritisch setzen sich die Heinickes auch mit „Rahmenbedingungen“ und Kommunikation auseinander: „Wir finden es bedauerlich, dass einem demokratisch geführten Prozess nicht konstruktiver entgegnet wird.“ Das zielt auf die Äußerungen von Silbermann zur Petition, der durchklingen ließ, dass diese mehr schade als nütze. Sie berichten zudem von persönlichen Angriffen und aus Gesprächen mit städtischen Mitarbeitern, „dass sie aus Sorge vor Konsequenzen die Petition“ nicht unterstützen könnten. Die Initiatoren empfinden den Umgang mit dem Thema „irritierend“: Eigentlich müsse doch „eine solche Petition als eine politische Chance gesehen werden, gerade auch für die regierenden Parteien, da sie so direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern agieren können.“ Die Heinickes finden es „bedauerlich, dass der Eindruck bei vielen nach wie vor besteht, dass es sich in erster Linie um ein politisch-taktisches Verhalten handelt und nicht im Sinne einer offenen Fehlerkultur agiert wird, indem Fehler eingestanden und benannt werden und sich dann um diese auch mit Nachdruck gekümmert wird“.
Alles lachhaft. Die Stadt sollte man in allen Fachbereichen nur Mitarbeiter mit zusätzlicher Rettungsschwimmerausbildung einstellen, dann können diese Mitarbeiter auch mal als Aushilfe bei den Bäderbetrieben eingesetzt werden. Oder man unterstützt Mitarbeiter dabei den Rettungsschwimmer zu machen.
Eine überfällige, nüchterne Zusammenfassung bis hierhin. Wer zwischen den Zeilen liest, kann sich den Rest denken. Die Zukunft liegt zwischen Hoffen und Bangen? Der Autor will sich nicht festlegen.