Wunstorfer Auepost
[Anzeige]

Parkdeck und Politik: Die Meinung der Großen

05.09.2023 • Achim Süß • Aufrufe: 1863

Teil 2 des Dossiers Herzkammer Innenstadt: Was sagen die großen Parteien zu den Parkdeck-Plänen der Werbegemeinschaft Wunstorf? SPD-Fraktionschef Martin Ehlerding nennt eine Summe, was es mindestens kosten würde.

05.09.2023
Achim Süß
Aufrufe: 1863

Wunstorf (as). Die Stadt wandelt sich. Mit großen Schritten an manchen Stellen, behutsam an anderen. Neubauten, Ansiedlungen, Renovierungen, Sanierungen, Großprojekte und Leerstände – das sind Stichworte zu Entwicklungen, die Wunstorfs Gesicht verändern werden. Auch wenn ein paar Projekte ins Stocken geraten sind: Im 49. Jahr nach der Gebietsreform ist der Umbruch rasant. Buchstäblich im Mittelpunkt von Überlegungen, Planungen und Aktionen: die Innenstadt. Bürgermeister Carsten Piellusch nennt sie gern das Herz der Stadt und legt sich seit seinem Amtsantritt vor fast genau zwei Jahren mächtig dafür ins Zeug.

Wenn auch vollmundig angekündigte Vorhaben von Stadt und Investoren auf sich warten lassen – zum Beispiel die Neue Mitte auf der Vion-Brache, die Neubauten alte Lohgerberei am Ende der Langen Straße und Neue Dechanei in der Stiftsstraße, die Trogstrecke Luther Weg, der Fahrradturm: Es ist Vieles angeschoben und auf den Weg gebracht. Das gilt für die Ortsteile ebenso wie für die Kernstadt. Besonders gilt es für den Kern der Kernstadt, die Innenstadt mit der Fußgängerzone. Die Neuausrichtung hat begonnen – mit großem Aufwand und sensationeller Bürgerbeteiligung.

Die Auepost widmet dem Thema eine Serie von Beiträgen: Im Dossier Herzkammer Innenstadt werden Informationen und Meinungen zusammengetragen. Die Autoren schauen auf Gegenwart und Zukunft. Auch der Blick zurück soll nicht fehlen.

Fast 20 Millionen Euro sollen in den nächsten Jahren investiert werden, um die Innenstadt für die Zukunft zu rüsten. Die Zuschüsse dafür sind fest eingeplant. Wunstorf will und kann etwa vier Millionen Euro selbst beisteuern. Der Löwenanteil soll aus den Kassen von Land, Bund und Europäischer Union kommen. Bis jetzt fallen die Förderungen zwar geringer aus als erhofft. In Rathaus und Rat herrscht dennoch Zuversicht. Die Pläne reichen weit über neue Sitzbänke und Spielgeräte in der Innenstadt hinaus. Städtische und externe Planer haben vernachlässigte Randbereiche im Visier, die Zukunft der Südstraße nach Fertigstellung der Nordumgehung, leere Geschäftsräume oder die Belebung der Fußgängerzone mit neuen Angeboten.

Heiß umstritten: das Thema Parkplätze

Ein heißes Eisen aktuell ist die Idee vom Parkdeck. Die Diskussion darüber läuft, ist aber vor allem auf Kommunalpolitik und Interessengruppen beschränkt. Die Werbegemeinschaft Wunstorf (WGW) hat die Diskussion über die Umgestaltung der Innenstadt mit dem Vorschlag zugespitzt, den Nordwall-Parkplatz um eine zweite Ebene zu erweitern. Mit einem solchen Parkdeck will die Interessenvertretung der Geschäftsleute die Situation für autofahrende Kunden verbessern, die Attraktivität des Zentrums erhöhen und den sogenannten Suchverkehr eindämmen. Die Geschäftsleute haben dabei nicht nur ihre Existenz und ihre Kassen im Auge, sondern auch das Kleinklima: Weniger Parkplatzsuche und weniger vergebliches Kreisen durch die City bedeuten weniger Abgase.

Der Vorstoß der WGW kommt überraschend. Monatelang hatte deren Vorstand zuvor mit der Stadtverwaltung und den maßgeblichen Kommunalpolitikern unter großer Vertraulichkeit Standpunkte ausgetauscht. Während die Werbegemeinschaft das Parkplatzproblem als zentrale Frage der Innenstadtgestaltung ansieht – mehr noch als Existenzfrage für den einen oder anderen Unternehmer – heißt es aus dem Rathaus: Neuorientierung und Umgestaltung dürfen nicht auf dieses Thema reduziert werden. Genau das versuche die WGW aber. Bürgermeister Carsten Piellusch – von den Geschäftsleuten wegen seiner ablehnenden Haltung kritisiert – wendet sich entschieden gegen eine „monothematische“ Betrachtungsweise. Er betont gleichzeitig, die Hand in Richtung Werbegemeinschaft bleibe ausgestreckt.

Das Verhältnis zwischen Rathausführung, Wirtschaftsförderung und Teilen des Stadtrates auf der einen Seite und WGW auf der anderen ist so angespannt wie nie. Zu weit lagen die Vorstellungen in den internen Gesprächen auseinander. Einige Teilnehmer der Beratungsrunden sprechen von Zerwürfnis. Die Gegensätze seien zum Teil unüberbrückbar. Im Rathaus wird ganz offen das Wort Zwist verwendet, und beinahe täglich werden neue Reibungspunkte offenbar. Die Redaktion hat um Stellungnahmen aus der Politik gebeten. Zum Auftakt kommen die beiden großen Fraktionen des Rates zu Wort: die SPD und die CDU, die seit der Kommunalwahl 2021 gemeinsam die übermächtige Mehrheitsgruppe bilden.

Ein klares Jein von der SPD

Für die SPD-Fraktion hat deren Vorsitzender Martin Ehlerding folgende Erklärung abgegeben:

Die Mitglieder der SPD-Ratsfraktion sind sich der schwierigen Situation des Einzelhandels in der Wunstorfer Innenstadt bewusst. Wir unterstützen daher auch die Pläne im Zuge der „Perspektive Innenstadt“. Das Förderprogramm des Landes Niedersachsen zeigt, dass es sich bei der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Einzelhändler nicht um ein spezifisches Wunstorfer Problem handelt, sondern in Niedersachsen, deutschlandweit und auch in vielen anderen europäischen Ländern die Geschäfte in Innenstädten mit der Konkurrenz „auf der grünen Wiese“ und vor allem dem Onlinehandel zu kämpfen haben. Grundsätzlich gilt, dass die Kommune mit der Gestaltung der Innenstadt einen Rahmen schaffen kann, für einen überwiegenden Teil der Attraktivität und das Leben in der Innenstadt sorgen dann die Läden und die Gastronomie. Der Ruf des Vorstandes der Werbegemeinschaft nach mehr Parkplätzen auf dem Parkplatz Nordwall wird allerdings von der SPD-Fraktion nicht geteilt.

Martin Ehlerding
Martin Ehlerding | Foto: privat

Festzuhalten ist, dass über die gesamte Innenstadt verteilt rund 1.000 Parkplätze zur Verfügung stehen. Die bisherigen Analysen haben ergeben, dass diese ausreichen bzw. es eher auf die punktuelle Verteilung ankommt. Einzig am Freitag zur Marktzeit ist der Bedarf an Parkplätzen teilweise größer als das Angebot. Die eigene Erfahrung der Ratsleute und die Rückmeldung von Bekannten ist aber regelmäßig, dass bei einem Besuch in der Innenstadt immer ein Parkplatz gefunden wird und viele dort ihre bevorzugten Parkplätze haben, die sie regelmäßig nutzen. Die Problematik scheint daher gar nicht die Anzahl der Parkplätze zu sein. Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass die Auswahl des Parkplatzes von individuellen Wünschen und Gegebenheiten abhängt: Bin ich bereit für den Parkplatz zu zahlen oder nicht? Bin ich in der Lage einige Meter zu Fuß zu gehen oder eher nicht? Für denjenigen, der nicht zum Bezahlen von Parkgebühren bereit ist, bringt eine Aufstockung der Parkplatzkapazitäten am Nordwall nichts. Es stellt sich daher die Frage, ob dies der richtige Weg ist.

Ein Anliegen des Vorstandes der Werbegemeinschaft scheint zu sein – und hier gibt es eine Übereinstimmung mit der Position der SPD-Ratsfraktion -, durch Parkplätze die Erreichbarkeit von Geschäften auf kurzen Wegen zu verbessern, wo dies derzeit nicht gegeben ist. Dies wurde schon vor einigen Jahren (in der letzten Wahlperiode) im Stadtrat diskutiert. Dabei wurde ein punktueller besonderer Mehrbedarf im Bereich der Südstraße ausgemacht, da dort viele Parkplätze weggefallen sind. Dort gibt es mit dem Bereich am Bauamt eventuell noch Potential für die Schaffung von neuen Parkplätzen. Als weiteren Bereich, der einen höheren Bedarf an Parkplätzen aufweist, kann in jüngerer Zeit der Parkplatz Nordbruch zwischen Medicum und IGS ausgemacht werden. Hier wäre eine Schaffung von weiteren Parkplätzen ebenfalls vorstellbar. Diese stünden dann auch Besuchern der Innenstadt zur Verfügung. Wie diese Gestaltung erfolgen kann und ob ausschließlich ein Parkdeck die Wahl sein muss, muss die weitere Beratung und Prüfung ergeben. Schließlich spricht gegen den Bau eines Parkdecks auf dem Parkplatz Nordwall eine ganz grundsätzliche Überlegung: Er liegt unmittelbar vor dem historischen Fachwerkensemble der Wasserzucht und ein Parkdeck würde die Ansicht mindestens beeinträchtigen. Ein Bauwerk kann noch so filigran gestaltet sein, es beeinflusst seine Umgebung und die Wahrnehmung derselben. An dieser Stelle hat uns der Vorstand der Werbegemeinschaft nicht überzeugt.

Am Ende ist der Bau eines Parkdecks mit mehreren Fragen verbunden: Wo ist der Bedarf an mehr Parkplätzen? Wo kann es städtebaulich realisiert werden? Ist der Bedarf auch auf mehrere Jahrzehnte, der Lebensdauer eines Parkdecks, noch gegeben? Ein wesentlicher Punkt ist am Ende auch immer die Kostenfrage. Wir reden über eine Investition von mindestens 2 Mio. Euro. Ein Parkdeck würde daher immer in Konkurrenz zu anderen großen Investitionen stehen, und der Stadtrat ist an der Stelle gefragt, eine Abwägung der Argumente und Prioritäten vorzunehmen. Für uns als SPD-Ratsfraktion stellt sich an der Stelle dann die Frage: Kann die Stadt die Kosten für ein Parkdeck tragen, ohne andere Aufgaben, z. B. Schulsanierungen und -neubauten, Sporthallenmodernisierungen, zurückzustellen?

Ein klares Ja von der CDU

Für die CDU hat die Fraktionsvorsitzende Christiane Schweer folgende Erklärung geschickt:

Die schönste Innenstadt der Region nennt es schon bei Namen. DER REGION. Mit anderen Worten, unsere Innenstadt zieht Publikum aus dem Umland an. Das ist gut und wünschenswert, und damit es so bleibt, ist Parkraum in der Innenstadt notwendig. In den vergangenen Jahren ist innenstadtnaher Parkraum deutlich weniger geworden. Die zu erwartenden Kunden – die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand – werden aber nicht jünger und sind auch nicht bereit, weite Wege auf sich zu nehmen. Da kommt dann die Bequemlichkeit dazu, und es wird im Internet bestellt.

Christiane Schweer | Foto:Achim Süß

Um das zu verhindern und auch um Parksuchverkehr zu minimieren bzw. zu unterbinden, hält die CDU eine Erweiterung von innenstadtnahen Parkplätzen für eine gute Investition in die Zukunft. Dieses haben wir auch in unserem Wahlprogramm 2021 deutlich gemacht. Insbesondere favorisieren die Christdemokraten dabei den Bau eines Parkdecks auf dem bestehenden Nordwallparkplatz. Häufig wird die Sicht auf die Wasserzucht als Argument gegen ein Parkdeck vorgebracht. Aber sind wir doch mal ehrlich, bereits jetzt ist vom historischen Fachwerkensemble aufgrund üppigen und ebenfalls wünschenswerten Bewuchses von Hecken und Bäumen kaum noch etwas zu sehen. Es würde sich nicht ändern.

Weitere Parkdecks am Nordbruch oder Bauamt sollten damit nicht ausgeschlossen sein. Aufgrund der vielen Pflichtaufgaben der Stadt, wie der Bau von Feuerwehrgerätehäusern, Kindergärten und die Ertüchtigung der Grundschulen zu Ganztagsschulen ist die finanzielle Situation sehr angespannt. Aber ein Vorteil haben weitere Parkplätze auch – die Parkgebühren fließen wieder in die städtische Kasse zurück.

Unterdessen ist die Wunstorfer SPD im Zuge der aktuellen Debatte mit einer FAQ zum Thema an die Öffentlichkeit gegangen: In fünf Punkten werden darin die Standpunkte der Sozialdemokraten erläutert, warum ein Parkdeck am Wunstorfer Nordwall keine gute Idee ist.

Die Reihe der Auepost wird fortgesetzt. In Teil 3 und 4 des Dossiers: Was sagen die anderen Parteien und wer hat Recht mit den Parkplatzzahlen?
[Anzeige]
[Anzeigen]
Auepost wird unterstützt von:

Kommentare


  • Basti g. sagt:

    1. Die großen sind nicht die Politiker 2. Die Wähler der Politiker sind größer als die Politiker aber am besten ihr fragt die Nutzer und bewohner mit einer ordentlichen umfrage

    • Wunstorfer Auepost sagt:

      Mit der Überschrift gemeint sind nicht allgemein Politiker, sondern die beiden großen Parteien, SPD und CDU (in Abgrenzung zu den weiteren, „kleineren“ Parteien im Wunstorfer Stadtrat). Wir haben mit den „Großen“ begonnen, weil SPD und CDU eine gemeinsame Gruppe im Stadtrat bilden.

  • Georg Braunroth C D U Butteramt sagt:

    Das Parkdeck ist schon lange überfällig . Von den Bewohnern der Stadt wohnen fast 50% in den umliegenden Ortschaften. Und die müssen auch in die Stadt ,nicht nur zum Einkaufen in die Fußgängerzone , auch zu Ämtern ,Ärzten ,Anwälten usw.usw. Die Parkgebühren sind viel zu hoch . Ein Verweisen auf freie und billige Flächen am Schützenplatz ist irreal , da die Wege in die Stadt ,zu Ämtern ,Ärzten usw. vor allem für Ältere nicht zu bewältigen sind. Ein Verweisen auf eine etwaige Freistunde beim Parken reicht zu nichts. In derv Stunde bekommt man in der Verwaltung weder eine Marke ,noch einen Termin.
    Das Parkdeck kann zwei Etagen unter Bodenhöhe und ein bis Zwei über Bodenhöhe geplant werden. Über dasa Parkdeck können Arzt- oder Anwaltspraxen eingeplant werden. Man kann dort aber auch Ämter der Stadt , z.B. das Bauamt einplanen. Dann wäre das endlich entsprechend untergebracht ,und die alte Schule wird abgerissen . Diese kann in die Planung Weststadt / Oststadt siehe meinen anderen Leserbrief mir einbezogen werden , oder in Planungen des LKH , das auch enorme Pläne hat , aber nicht genau weis ,wie??? Ein Parkdeck im Zentrum von Wunstorf ,nur als reines Perkdeck zu planen wäre Dummheit. Im anderen Falle gibt es Investoren und Zuschüsse ,siehe Neustadt am Bahnhof oderim Stadtkern hinter ehemals Hibbe, wo auch Parkdecks- und Verwaltungs – und Praxengebäude im Bau sind. Fragt mal .wie die das gemacht haben ??? NRÜ ist auch nicht reicher als Wunstorf.

  • Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Kontakt zur Redaktion

    Tel. +49 (0)5031 9779946
    info@auepost.de

    [Anzeigen]

    Artikelarchiv

    Auepost auf …